Finanz-Spezial (1) – So gelingt die Projektfinanzierung
Kapitalintensive Vorhaben können Unternehmen über eine eigens gegründete Einzweckgesellschaft finanzieren. Damit lassen sich Haftungsrisiken ausschließen. Doch nicht immer kommen solche Modelle in Frage.
Unternehmer Horst Mangels hält mehr als 15 Gesellschaften. Der Geschäftsführer der Energie 3000 GmbH im norddeutschen Alfstedt hat sich darauf spezialisiert, Windparkanlagen zu bauen. „Das Besondere und Einzigartige an unserem Konzept ist, dass wir die Windräder später nicht verkaufen, sondern im Eigentum halten“, so Mangels. Jede neue Windkraftanlage kostet mehrere Millionen Euro. Der Kapitalbedarf des Unternehmens ist entsprechend hoch.
Projektfinanzierung via Einzweckgesellschaft
Mangels wählt deshalb zur Finanzierung seiner Windkraftparks ein spezielles Modell. Jedes Vorhaben erfolgt über eine sogenannte Einzweck- oder Projektgesellschaft, die eigens dafür gegründet wird. Die Bank gewährt dieser einen Kredit, der – wenn der Windpark in Betrieb ist – allein aus dessen Erträgen beziehungsweise den Cashflows getilgt wird. „Das bringt unter anderem den Vorteil, dass wir unser Risiko und unsere Haftung begrenzen können“, so Mangels. Überdies wird die Bilanz der Energie 3000 GmbH nicht belastet.
„Wir können unser Risiko und unsere Haftung begrenzen.“ Horst Mangels, Energie 3000
Eine solche Finanzierungsvariante kommt häufig zum Einsatz, wenn Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien investieren. „Wir begleiten zum Beispiel oft Landwirte, die auf einem ihrer Grundstücke Windkraftanlagen bauen“, erklärt Johannes Hack, Experte für Projektfinanzierungen der DZ Bank. Aber auch zur Finanzierung von Photovoltaikanlagen oder Infrastrukturprojekten sowie bei Investitionen in Bioenergie bieten sich diese Lösungen an.
Kredit wird über künftigen Cashflow zurückgezahlt
Das Prinzip funktioniert so: Die Bank gewährt der Einzweckgesellschaft – neudeutsch auch Special Purpose Company (SPC) genannt – ein Darlehen zu einem ihrem Risiko entsprechenden Zinssatz. Die Rückzahlung des Kredits erfolgt über den künftigen Cashflow. Die Haftung des Projektinitiators kann entweder ganz ausgeschlossen werden – im Fachjargon: Non-Recourse Financing – oder wird alternativ zumindest begrenzt (Limited Recource Financing). Die Einzweckgesellschaft ist alleinige Kreditnehmerin. Über sie laufen die Planung, der Bau, die Inbetriebnahme und die Finanzierung. Als Sicherheiten dienen den Kapitalgebern die Vermögenswerte der Projektgesellschaft.
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1. So gelingt die Projektfinanzierung
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Tragfähigkeit ist für die Projektfinanzierung entscheidend
Damit ist auch klar: Die Kreditentscheidung steht und fällt mit der wirtschaftlichen Tragfähigkeit des jeweiligen Projekts. Die Fremdkapitalgeber ermitteln den zu erwartenden Cashflow sowie die noch akzeptable Verschuldungsgrenze der Gesellschaft. Sie wägen ab, inwieweit die tatsächlichen Zahlungsströme von den prognostizierten Werten abweichen können. Bei der Projektfinanzierung benötigt die Bank zur Risikobewertung in aller Regel ausführliche Ertragsgutachten von unabhängigen und anerkannten Experten. Und wie bei der klassischen Investitionsfinanzierung erwarten die Kapitalgeber mindestens zehn bis 15 Prozent Eigenkapital.
Dabei ist wichtig: Bevor ein Finanzierungsantrag gestellt wird, sollten notwendige Genehmigungen bereits erteilt worden sein. „Von den ersten Planungsschritten bis zur Realisierung einer Projektfinanzierung gehen in der Regel sogar mehrere Jahre ins Land“, weiß Experte Hack. Ein Beispiel: Der angekündigte Bau einer Windkraftanlage ruft oftmals die Anwohner in der Region auf den Plan. Das führt zu Verzögerungen in der Ausführung, zu Nachverhandlungen und zu langwierigen Diskussionen. Doch über die jeweiligen Hürden solcher Investitionen sind sich die Kapitalgeber im Klaren. Deshalb prüfen sie kritisch jedes Konzept. Je niedriger sie das Risiko für einen erfolgreichen und planungsgemäßen Verlauf einschätzen, desto wahrscheinlicher und günstiger wird die Finanzierung.
Projektfinanzierung: eine komplexe Angelegenheit
Mehrjährige Erfahrung der am Projekt Beteiligten, belastbare Bauzeitenplanung, einwandfreie Verträge sowie Finanzierungsreserven bei erhöhten Kosten wirken sich zudem günstig auf die Finanzierungskonditionen aus. Wichtig ist auch, dass die Wirtschaftlichkeitsberechnung noch unter Stressszenarien einen Überschuss ausweist. Dazu wird eine fundierte Vorausschau der zu erwartenden Zahlungsströme (Financial Model) erwartet. Überdies sprechen gute Bonitätsbewertungen der Beteiligten – also des Projektbetreibers, des Anlagenbauers bis hin zu den Abnehmern einer Leistung – für eine Zusage.
Klingt unterm Strich alles sehr komplex. Und in der Tat: „Eine Projektfinanzierung ist eine so anspruchsvolle Finanzierungsvariante, dass sie erst ab deutlich zweistelligen Millionenbeträgen wirtschaftlich sinnvoll ist“, erklärt Michael Brandes, Experte der KfW IPEX-Bank, die innerhalb der KfW Bankengruppe die internationale Projekt- und Exportfinanzierung verantwortet. Sie finanziert unter anderem Projekte der Infrastruktur, des Transports und der Rohstoffsicherung. Ihr Angebot richtet sich an Großunternehmen sowie an mittelständische Unternehmen mit internationaler Ausrichtung aus den Bereichen Grundstoffindustrie, Industrie und Services, Energie und Umwelt, maritime Industrie, Luftfahrt, Schienenverkehr, Transport und soziale Infrastruktur.
Und der Bund unterstützt auch Unternehmen, die Projekte in Ländern mit hohen politischen oder wirtschaftlichen Risiken realisieren wollen – und zwar in Kooperation mit Euler Hermes. Regionale Schwerpunkte sind hier derzeit Vorhaben im Nahen und Mittleren Osten, Osteuropa inklusive der Türkei sowie Russland und Mittelamerika. Anfragen und Neuanträge kommen aktuell häufig für Projekte in den Bereichen Energie – insbesondere Onshore-Windparks, Petrochemie sowie Öl und Gas. Offiziell gibt es keine Mindestgröße pro Vorhaben. Faktisch allerdings machen Projektfinanzierungen hier aber wieder erst ab einer Größenordnung im oberen zweistelligen Millionenbereich Sinn.
Auch für Mittelständler eignen sich Einzweckgesellschaften
Dagegen steigt die DZ Bank oft bereits ab einem Volumen von rund zwei Millionen Euro ein. Der mittelständische Windkraftpark- Betreiber Mangels arbeitet unter anderem mit der Genossenschaftsbank zusammen. Bei der Planung und Bewilligung seiner Finanzierungen kommt dem Unternehmer seine langjährige Erfahrung zugute. „Wir sind seit mehr als 20 Jahren am Markt und haben bisher keinerlei Probleme mit der Rückzahlung bekommen“, so Mangels. Er kann sogar mitunter frühzeitige Sondertilgungen leisten, die er sich vertraglich sichert: „Für uns sind Einzweckgesellschaften die ideale Lösung.“
„Einzweckgesellschaften sind für uns die ideale Lösung.“ Horst Mangels, Energie 3000
Projektfinanzierung: Drei kapitalintensive Investitionen, die über Einzweckgesellschaften finanziert wurden
Offshore-Park Nordsee One
Zusammen mit neun weiteren Banken finanziert die KfW Ipex-Bank diese Windkraftanlage, deren Investitionsvolumen bei 1,2 Milliarden Euro liegt. An der Projektgesellschaft sind die Northland Power Inc. sowie die RWE Innogy GmbH in Essen beteiligt. Fast 70 Prozent der Baukosten werden über eine Non-Recourse Projektfinanzierung in Höhe von 840 Millionen Euro bereitgestellt. Erst einmal am Netz, profitiert Nordsee One von der Einspeisevergütung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz – ein Großteil der Erlöse soll über diese Einnahmequelle erzielt werden, zudem wird mit Einnahmen aus dem deutschen Großhandelsstrommarkt geplant. Die Inbetriebnahme ist für 2017 vorgesehen.
Einkaufszentrum Heide
Die HSH Nordbank hat der zur Gundlach-Gruppe zählenden Projektgesellschaft Heider Marktpassage GmbH & Co. KG insgesamt 22 Millionen Euro für ein neues Einkaufszentrum gewährt. Es entsteht in bester Innenstadtlage ein Fachmarkt nebst Shoppingpassage mit zwölf Ladeneinheiten. Die Hälfte der Fläche wird an Kaufland vermietet. Ein weiterer renommierter Mieter: das Modehaus C&A.
Windpark Westerengel
Die HSH Nordbank stellte für die Husumer WKN AG eine Langfristfinanzierung von rund 50 Millionen Euro für den Windpark Westerengel in Thüringen bereit. „Für Projektfinanzierungen im Wind- und Solarsektor haben wir uns für 2016 vorgenommen, Neugeschäft von einer Milliarde Euro abzuschließen“, erklärt dazu Lars Quandel, Leiter Energie & Versorger der HSH Nordbank. Im vergangenen Jahr realisierte die Bank Projektfinanzierungen für rund 900 Millionen Euro.