Lieferkettengesetz: Wie Unternehmen auf die neuen Vorgaben reagieren

#11 Unternehmen in Deutschland müssen Verantwortung für das Handeln aller Akteure übernehmen, die Teil ihrer Lieferkette sind. Das regelt ab 2023 das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz – vorerst verpflichtend für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern. Aber auch kleinere und mittlere Unternehmen sollten sich hier nicht tatenlos zurücklehnen, sagt Benjamin Spallek, Managing Director bei Creditreform Compliance Services und erklärt, warum und wie auch KMU ihre Lieferketten überprüfen und an einigen Stellen nachbessern sollten.

Benjamin Spallek (Managing Director bei Creditreform Compliance Services) erklärt im Gespräch mit Jana Samsonova (Handelsblatt Media Group), warum und wie auch KMU ihre Lieferketten überprüfen und sich auf die Folgen desLieferkettengesetzes vorbereiten können.

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Jana Samsonova [00:00:00] Im Grunde ist es ganz einfach. Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind, müssen Verantwortung für das Handeln aller Akteure übernehmen, die Teil ihrer Lieferkette sind. Um sicherzustellen, dass die Unternehmen dieser Sorgfaltspflicht auch tatsächlich nachkommen, wurde 2021 ein entsprechendes Gesetz verabschiedet: das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz, oder kurz LkSG. Ziel ist es, Menschen und Umwelt innerhalb der Lieferketten stärker zu schützen. Bei der Frage, wen das Gesetz jetzt wie genau betrifft, wird es schon etwas komplizierter. In Kraft tritt das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz am 1. Januar 2023. Ab diesem Zeitpunkt verpflichtet es Unternehmen, die in Deutschland ansässig sind und mehr als 3.000 Mitarbeiter beschäftigen. Ab 2024 wird das Gesetz allerdings ausgeweitet. Dann soll es auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern gelten. Wenn Sie jetzt denken: "So viele Mitarbeiter habe ich gar nicht, das Gesetz betrifft mich nicht", muss ich Sie leider enttäuschen. Auch kleinere und mittlere Unternehmen sollten sich am besten schon jetzt auf das Lieferketten-Sorgfaltspflichten-Gesetz vorbereiten. Warum? Das bespreche ich mit meinem heutigen Gast. 

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Jana Samsonova [00:01:30] Mein Name ist Jana Samsonova und ich freue mich auf Benjamin Spallek, Managing Director bei der Creditreform Compliance Services GmbH. Hallo. 

Benjamin Spallek [00:01:38] Ja, hallo Frau Samsonova. Vielen Dank für die Einladung. 

Jana Samsonova [00:01:40] Ich habe es eben schon angesprochen. Sie sagen, dass auch kleinere und mittlere Unternehmen dringend ihre Lieferketten überprüfen und an der einen oder anderen Stelle nachbessern sollten. Und das, obwohl das neue Gesetz KMU ja, zumindest Stand jetzt, gar nicht betrifft. Ganz direkt gefragt: Warum sollten sie sich jetzt diesen Stress überhaupt antun? 

Benjamin Spallek [00:02:00] Ja, das ist in der Tat eine sehr gute Frage, um nicht zu sagen eine ganz zentrale Frage aus unserer Sicht. Denn gerade wir sind auch sehr stark auf mittelständische Unternehmen fokussiert in unserer Beratung, in unserer Unterstützung dieser Unternehmen. Und wir haben uns genau mit dieser Frage deshalb auch sehr zeitnah beschäftigt. Und tatsächlich ist es so, dass die Unternehmen, die direkt unter das Gesetz fallen, ja verpflichtet sind, ihre Lieferketten sauber zu halten, also ihre Zulieferer zu prüfen. Und da ist auch wiederum die Frage: Wie weit müssen die eigentlich in der Lieferkette prüfen? Und hier merkt man ja spätestens: in der Lieferkette, also als Lieferanten für Großunternehmen, die direkt vom Gesetz betroffen sind, sind ja durchaus auch KMU, kleinere und mittlere Unternehmen. Und erfahrungsgemäß werden solche regulatorischen Vorgaben von den großen Playern immer nach unten an die kleineren weitergegeben, sodass diese entweder im Negativfall ausgelistet werden, wenn sie, salopp gesagt, Menschenrechte mit Füßen treten. Und positiv kann man das natürlich auch für sich nutzen. 

Jana Samsonova [00:03:00] Guter Punkt, weil ganz konkret: Was bringt es denn, wenn die kleinen und mittleren Unternehmen jetzt schon der Sorgfaltspflicht nachkommen, die das Gesetz vorschreibt? 

Benjamin Spallek [00:03:09] Genau das ist der Gedankengang, den ich auch gerade angestoßen hatte. Völlig richtig. Sehr gute Frage. Und zwar ist es so, dass wir es so sehen und so auch unsere Kunden beraten, dass Unternehmen, die sich proaktiv mit diesem Thema beschäftigen und das eben auch in der Außenwirkung entsprechend marketingtechnisch einsetzen, später ganz sicherlich davon profitieren werden und sich einfach einen Wettbewerbsvorteil erarbeiten können. 

Jana Samsonova [00:03:34] Und wenn Sie das jetzt nicht tun und dem Gesetz nicht nachkommen? 

Benjamin Spallek [00:03:39] Ja, dann kann es im schlimmsten Fall tatsächlich dazu kommen, was ich auch schon sagte, nämlich dass es zu einer Art Auslistung kommt, oder dass man eben später bei der Auftragsvergabe hinten ansteht. Und ja, was dann am Ende des Abends passiert, wenn man keine Aufträge mehr hat, ich denke, das ist klar. 

Jana Samsonova [00:03:56] Durchaus. Nehmen wir an, ich bin Unternehmerin und ich entscheide mich dafür, mich diesem Thema anzunehmen. Wo fange ich denn am besten an? 

Benjamin Spallek [00:04:05] Auch eine absolut faire Frage. Denn so ist es immer, wenn man sich mit so einem Thema erstmals beschäftigt. Man findet sich auf der grünen Wiese wieder und denkt: Um Gottes Willen, wo fange ich an? Und oft macht man einfach die Schotten dicht. Das sollte keinesfalls passieren. Vielmehr sollte man sich meines Erachtens im ersten Schritt mit dem Lieferantenportfolio logischerweise auseinandersetzen und dann eben eine Risikoanalyse anstellen. Das ist im Übrigen auch der erste Schritt, wie wir unsere Kunden beraten, indem wir risikobbasiert das Lieferantenportfolio analysieren. 

Jana Samsonova [00:04:38] Vom ersten Schritt jetzt zur der Hilfeleistung, die Sie anbieten. Wie kann mir Creditreform auf dem Weg zu einer sauberen Lieferkette denn helfen? 

Benjamin Spallek [00:04:48] Ja, wir von der Creditreform Compliance Services GmbH unterstützen Unternehmen von Beginn an bis hin zur vollständigen Gesetzeskonformität könnte man sagen. Das heißt, wir unterstützen bei der soeben angesprochenen Risikoanalyse, dann bei der Erstellung weiterer Policies und Dokumentationen bis hin zu entsprechenden Präventions- und Abhilfemaßnahmen. Des Weiteren ist ein Beschwerdeverfahren beim jeweiligen Unternehmen einzurichten. Auch hierbei unterstützen wir. 

Jana Samsonova [00:05:18] Und wie ist denn jetzt Ihr Eindruck? Tut sich da schon was bei den KMU? Haben Sie mehr Anfragen zu dem Thema, jetzt, wo das Inkrafttreten des Gesetzes immer näher rückt? 

Benjamin Spallek [00:05:27] Eindeutig, dass es eindeutig zu bejahen. Ich würde sagen, wenn vor einem halben Jahr vielleicht noch deutlich weniger insbesondere kleinere Unternehmen dieses Thema überhaupt auf dem Schirm hatten. So kommen immer mehr Unternehmen nun auf uns zu, auch welche, die wirklich nicht unmittelbar vom Gesetz betroffen wären. Und insoweit würde ich sagen: vor ein paar Monaten waren die Gespräche immer noch eher ein unverbindlicher Austausch und jetzt werden ganz konkrete Hilfeleistungen angefragt. 

Jana Samsonova [00:05:55] Und können Sie mir auch sagen, mit welchen Fragen die Unternehmen so am häufigsten zu Ihnen kommen? 

Benjamin Spallek [00:06:00] Das ist in der Tat eine sehr schwierige Frage, denn die Fragestellungen sind sehr heterogen, genauso heterogen wie auch die Unternehmen, die zu uns kommen. Also sprich, es hängt sehr stark davon ab, welcher Branche ein Unternehmen angehört, wie groß es ist und wie intensiv es auch in der Vergangenheit schon von regulatorisch betroffen war. So ist der Wissensstand bei den Unternehmen anders und dann auch der Unterstützungsbedarf. Aber die meisten, würde ich behaupten, fragen ganz allgemein das, was Sie mich nämlich auch gefragt haben: Wo sollen wir anfangen? 

Jana Samsonova [00:06:35] Jetzt sind wir leider schon am Ende der Zeit. Herr Spallek, vielen Dank für diesen Einblick und bis zum nächsten Mal bei" Gute Geschäfte". 

Benjamin Spallek [00:06:41] Ja, sehr gerne und vielen Dank. 

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