Creditreform Magazin

B2B-E-Commerce: Bloß nicht nachlassen

Die nächste große Disruption im E-Commerce spielt sich im B2B ab. Die Chancen sind enorm, doch das Feld ist komplex. Wie Unternehmen eine passende Strategie finden.

E-Commerce im B2B – ein Thema, das Fantasie weckt. Die Wachstumschancen sind immens: Laut einer Erhebung des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) wurden im Jahr 2018 bereits 1,3 Billionen Euro im elektronischen Handel zwischen Unternehmen umgesetzt. Zwar meinen die Experten jegliche Art von digitalem B2B-Geschäft – sowohl Umsätze, die via Einkaufsplattformen (E-Procurement) und direkte Anbindungen im EDI-Verfahren erzielt wurden, als auch solche über Websites, Onlineshops und Marktplätze. Doch auch die klassischen E-Commerce-Bereiche allein verzeichnen ordentliche Zuwächse: Zwischen 2012 und 2018 ist etwa das B2B-Geschäft zwischen Großhändlern und Unternehmen jährlich um 15 Prozent gestiegen, so das IFH Köln. Wie also können mittelständische Unternehmen im B2B ihre E-Commerce-Aktivitäten fit für die Zukunft machen?

Was erwarten Einkäufer? 

Obwohl der Vergleich mit dem Consumer-Markt naheliegt, unterscheiden sich die Disziplinen deutlich. Die Herausforderung im B2B-E-Commerce liegt darin, die komplexen Drei- oder Vierecksbeziehungen zwischen Hersteller, Händler und oftmals auch noch Verarbeiter sowie dem Einkäufer (Nutzer) abzubilden. „Ein Disruptor wie Amazon lässt einfach den Mittelsmann Einzelhandel weg“, sagt Ralph Hübner, Partner der auf E-Commerce spezialisierten Beratung ecom consulting. Im B2B ist das anders: „Stellen Sie sich vor, Siemens kauft bei einem Großhändler Solarpanels. Mit ihm hat er Preise verhandelt, Skonti, Lieferversprechen, Reparatur und Maintenance. All das muss ein digitales Angebot darstellen.“

Für welche Produkte eignen sich B2B-Plattformen?

Plattformen wie Amazon Business, wlw.de (früher „Wer liefert was?“) und Mercateo eignen sich nur für bestimmte Produkte. „Wir sind besonders stark im Randbedarf und bei Einmalbeschaffungen“, sagt etwa Mercateo-Chef Lars Schade. „Ein Einkäufer benötigt einen Drucker oder etwas so Spezielles wie einen Fledermausnistkasten? Das findet er bei uns.“ Mercateo bildet die Konditionen von Unternehmen und ihren Vertragslieferanten ab: „Großkunden wie die RWE haben einen eigenen Zugang über eine SAP-Schnittstelle und greifen darüber auf ihre individuell hinterlegten Konditionen zu“, so Schade. 

E-Commerce-Experte Hübner unterteilt in A-, B- und C-Teile: „Die A-Teile sind entscheidend und werden oft direkt beim Hersteller bezogen. B-Teile sind spezifische Verbrauchsgüter, für die   zumeist fixierte Lieferbeziehungen mit Herstellern oder Händlern dominieren. C-Teile sind austauschbare Produkte wie Bürobedarfsartikel.“ Während sich Plattformen früher nur für C-Teile eigneten, kämen mit steigenden Funktionalitäten B-Teile hinzu: „Marktplätze bieten verstärkt die Möglichkeit, Beratungsleistungen etwa mithilfe von Produktkonfiguratoren zu übernehmen und branchen­spezifische Lösungen zu ‚enabeln‘.“  

Warum sind Partnerschaften wichtig?

Auch eine eigene Plattform kann sich anbieten. Der Stahlgroßhändler Klöckner hat die Zeichen der Zeit früh erkannt. Bereits im Jahr 2017 sagte Vorstandschef Gisbert Rühl dem Handelsblatt: „Wir müssen uns zerstören und neu erfinden, sonst tun es andere. Unsere Konkurrenz ist künftig nicht mehr der nächste Stahlhändler in Duisburg, sondern heißt Amazon Business und Alibaba.“ Mittlerweile verfügt Klöckner über einen Marktplatz, der auch Produkte von Partnern anbietet. „Der Einkäufer muss weniger Webseiten ansteuern und spart Zeit“, so Hübner. 

Wie finden B2B-Hersteller ihre Nische?

Ein eigener Marktplatz kann sich auch für Hersteller eignen. „Lukrative Nische suchen, mit manage­barer Komplexität starten und dann ausbauen“, empfiehlt Hübner. Momentan könne sich eine solche Nische beispielsweise für einen Büromöbelhersteller mit dem Shift zum Homeoffice eröffnen: „Ich starte mit dem Angebot meiner Produkte, einem Zugang für autorisierte Beschäftigte und der Möglichkeit ihren Einkauf direkt über den Arbeitgeber abzurechnen.“ Dann könnten Büromaterialien folgen, später auch BGM-Artikel wie Yogamatten für den sportlichen Ausgleich oder auch Services wie Ergonomiekurse. Die  wichtigste Übung ist hierbei, das Produkt in Zusammenhang mit Services zu denken, sprich einen Ecosystem-Ansatz zu entwickeln. 

Was kosten die verschiedenen Lösungen? 

„Ein leistungsfähiger Onlineshop beginnt im B2B realistisch bei 100.000 Euro und geht gerne bis 500.000 Euro und darüber. Die jährlichen, laufenden Kosten für Tech und Hosting liegen bei etwa 30.000 bis 50.000 Euro“, so Hübner. Ein Shop mit Marktplatzfunktionen fange eher bei einer Million Euro an. „Die größte und mitunter wichtigste Investition sind fähige Mitarbeiter, die das Angebot weiterentwickeln.“ 

Der Handel über einen Marktplatz ist günstiger – wobei auch dort Kosten für Produktfotos und -beschreibungen selbst getragen werden müssen. Wollen Anbieter – egal, ob Großhändler oder Hersteller – ihre Geschäftsbeziehungen über Mercateo Unite (eine Vernetzungsplattform von Mercateo) pflegen, kostet sie ein sogenannter Businessshop einmalig 500 Euro und 50 Euro im Monat. Das Angebot kann man sich als Shop im Shop auf der Mercateo-Plattform vorstellen, in dem unter anderem Katalogdaten und individuelle Preise hinterlegt sind. Auch innerhalb des Produktsortiments von Mercateo selbst können Händler und Marken zum Zuge kommen, allerdings wählt hier die Plattform aus, wer das Angebot komplettiert. Wer sich dort mittels einer eigenen Markenwelt präsentieren möchte, zahlt dafür einmalig 7.000 Euro und monatlich 150 Euro.“ 


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Tanja Könemann