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Leihhäuser im Aufwind

Die Zeiten für Schuldner sind schwerer geworden. Kredite haben sich verteuert – das reicht vom Konsumentenkredit über den Immobilienkredit bis hin zum Dispo. Trotz mancher Erleichterungen schlagen die Kostensteigerungen bei der Energie deutlich zu Buche.

Das kann für manch ärmere Haushalte zu einer kaum tragbaren Überlastung werden. Aber auch die Mittelschicht ist betroffen. Der Konsum wird reduziert und der Klimaindex zeigt deutliche Rückgänge. Zurückhaltung beim Einkauf macht sich natürlich auch konjunkturell bemerkbar. Konsum ist eine wichtige Stütze für die Binnenkonjunktur. Gerade jetzt, wo sich die Wachstumsraten der Nulllinie annähern, wäre es zu begrüßen, wenn die Konsumenten weniger Zurückhaltung zeigen würden. Angesichts der Belastungen, denen die Kreditnehmer ausgesetzt sind, agieren die Banken vorsichtiger. Niemand mag mehr davon ausgehen, dass angesichts der Vollbeschäftigung die meisten privaten Schuldner schon ihren Verpflichtungen nachkommen werden. Denn noch ein weiteres kommt hinzu: Löhne und Gehälter zeigen Risse, angesichts einer immensen Inflation ist der verdiente Euro weniger wert geworden. Befürchtungen werden laut, dass es zu einer Lohn-Preis-Spirale kommt, was die Inflation noch weiter anheizt. Immerhin knapp drei Millionen Haushalte oder knapp sechs Millionen Personen in Deutschland gelten als überschuldet. Hier türmen sich die Probleme auf und bei der Einführung des neu geschaffenen Bürgergeldes sind noch lange Wartezeiten und bürokratische Hindernisse zu überwinden.

Schnelles Geld im Notfall

In dieser Situation bekommt eine Branche Auftrieb, die als anrüchig galt und nur noch eine Randrolle in der Finanzierung zu spielen schien. Leihhäuser und das gesamte Pfandkredit-Gewerbe in Deutschland berichten von Zulauf. Konkrete Zahlen zu den Umsätzen in der Entwicklung der letzten Jahre können oder wollen die Pfandleiher nicht nennen. Im Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes sind 250 Mitgliedsbetriebe zusammengefasst. Der Verband gibt an, dass jährlich 630 Mio. Euro an Krediten ausbezahlt werden. 1950 haben sich die Leihhäuser im Zentralverband zusammengeschlossen, das Gewerbe ist aber sehr viel älter. Schon im Mittelalter gab es Leihhäuser und die Figur des Pfandleihers fand ihren Niederschlag in der Literatur von Shakespeare bis Dostojewski. Schließlich wurde der Konsumentenkredit erst Mitte des 20. Jahrhunderts aus der Taufe gehoben – auch er galt zunächst unter seriösen Bankern als Randerscheinung.

Nach einer aktuellen Befragung durch die GfK machen sich 90 Prozent der Bürger Sorgen wegen der Entwicklung der aktuellen Energiepreise. Berechnet wurde, dass die Energiepreise je nach Wohnsituation um rund 80 bis 130 Prozent steigen. Das kann für einen Vier-Personen-Haushalt eine Summe von 3.000 Euro im Jahr bedeuten. Der Verband der Pfandleiher nimmt das Kind beim Namen: „Damit es nicht zur Abschaltung der Versorgung mit Strom oder Gas kommt, kann der Gang zum Pfandleiher eine gute Lösung sein. So lassen sich rasch vorübergehende finanzielle Engpässe überbrücken.“

Gegenüber anderen Finanzierungsformen hat der Pfandkredit einen entscheidenden Vorteil: Jeder kann einen Pfandkredit erhalten, unabhängig von der jeweiligen Bonität. Denn anders als bei sonstigen Krediten ist beim Pfandkredit gesetzlich geregelt, dass für das Darlehen, die Zinsen und Gebühren ausschließlich das Pfand und nicht der Kunde persönlich haftet. 

Dank dieser ausschließlichen Sachhaftung entfällt die Bonitätsprüfung des Kunden. Die Pfandleiher führen aus: „Kein umständliches Ausfüllen seitenlanger Formulare und auch keine Vorlage eines Einkommens- oder Vermögensnachweises. Das einzig Erforderliche für den Kunden ist die Verfügungsbefugnis über das Pfand sowie die Vorlage eines Ausweises.“

Klare gesetzliche Regelungen

So sind die Zinsen in der Pfandleiherverordnung einheitlich geregelt. Demnach gilt bundesweit ein einheitlicher Satz in Höhe von 1 Prozent des Darlehensbetrages pro angefangenem Monat. Damit sind die Zinsen oftmals niedriger als beim Überziehungskredit und teilweise nicht höher als beim Dispokredit.

Möchte der Kunde sein Pfand zurück, hat er drei Monate zuzüglich eines weiteren Karenzmonats Zeit, das Darlehen zurückzuzahlen und den Gegenstand auszulösen. Aber auch eine Auslösung vor dieser Zeit ist – ohne Zahlung einer zusätzlichen Vorfälligkeitsentschädigung oder dergleichen – jederzeit möglich. Tut er das nicht, muss das Pfand nach einer gewissen Frist laut Gesetz öffentlich durch einen Gerichtsvollzieher oder öffentlich bestellten und vereidigten Versteigerer versteigert werden. „An diese klaren staatlichen Vorgaben sind alle Pfandkreditbetriebe in Deutschland gebunden“, verdeutlicht der ZdP-Geschäftsführer das klar geregelte Prozedere. 

Allerdings kommt es recht selten zu einer Versteigerung. In mehr als 90 Prozent der Fälle werden die verpfändeten Gegenstände wieder ausgelöst. Das unterstreicht, dass der Großteil der bestehenden Kunden den Pfandkredit auch tatsächlich so nutzt, wie er konzipiert ist – als unbürokratische und schnell zu erlangende Finanzierungsquelle für die Überbrückung kurzfristiger Liquiditätsengpässe.

Anzumerken ist allerdings, dass laut Verbraucherzentrale Bremen der Pfandkredit verglichen mit Bankkrediten „sehr teuer ist“. Aber eine Brücke in schwerer Lage kann ein Pfand durchaus sein.

Quelle: Zentralverband des Deutschen Pfandkreditgewerbes