Creditreform Magazin

Coaching für Führungskräfte: Kompetenzen klüger nutzen

Ein guter Coach befähigt Führungskräfte, die eigenen Kompetenzen klüger zu nutzen. Warum das gerade in Krisenzeiten entscheidend ist und welche neuen digitalen Wege Coachinganbieter beschreiten.

Nicht einmal zwei Wochen: Die Zeit, um Entscheidungen von historischem Ausmaß zu treffen, war zu Beginn der Corona-Krise kürzer als ein Sommerurlaub. Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO den Ausbruch des Virus Sars-CoV-2 zur Pandemie, einen Tag später stürzte der Deutsche Leitindex Dax um mehr als zwölf Prozent auf unter 10.000 Punkte ab, am 16. März beschlossen Bund und Länder den ersten Lockdown mit weitreichenden Folgen für die deutsche Wirtschaft. Am 20. März hatten bereits rund 76.700 Betriebe Kurzarbeit infolge der Corona-Krise angekündigt. Dass es in den betroffenen Branchen zu Kündigungen kommen musste, war bereits zu diesem Zeitpunkt kein Geheimnis mehr.

Ein Tanz auf dem Vulkan für Entscheider in Unternehmen. Die Personalberatung Hays hat Führungskräfte zu ihren Herausforderungen in Zeiten von Corona befragt und berichtet von „sehr hohem Druck“. Das Zitat eines Studienteilnehmers bringe die Situation laut Hays auf den Punkt: „Wir machen das ja auch alle zum ersten Mal. Jede Entscheidung kann richtig, aber auch falsch sein.“ Trotz der undurchsichtigen Lage sollen Führungskräfte Sicherheit vermitteln – das sehen 54 Prozent der Befragten als wichtigste Erwartung der Mitarbeiter an sie und das Unternehmen. Dahinter folgen Klarheit in der Führung und in den Anweisungen (53 Prozent) sowie Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (51 Prozent).


Unter Druck

Was Mitarbeiter während der Corona-Krise besonders von ihren Führungskräften erwarten.

  • Sicherheit: 54 %
  • Klarheit in der Führung/in den Anweisungen: 53 %
  • Vereinbarkeit von Beruf und Familie: 51 %
  • Orientierung: 47 %
  • Technische Unterstützung: 33 %
  • Finanzielle Unterstützung: 17 %
     

Quelle: Hays, Studie „Die neue Normalität“


Wenn selbst Führungskräfte Unsicherheit eingestehen, überrascht es wenig, dass der Ruf nach Coaching zunimmt. Bereits vor Beginn der Pandemie stieg hierzulande die Nachfrage: Mit mehr als 30.000 Coaches, davon 8.000 Business Coaches, wächst der Markt in Deutschland stark. Und in Zeiten von Homeoffice, Kurzarbeit und Kündigungen sowie etwaigen Strategiewechseln steigt in den Chefetagen der Bedarf nach erfahrenen Sparringspartnern. „Gerade für Führungskräfte stellt Corona eine Belastungsprobe dar, verbunden mit einem erhöhten Arbeitspensum und mentalem Stress“, schreiben die Berater Peter und Ulrike Wollsching-Strobel in einem aktuellen Paper.

Mehr noch: Aktuell erleben Führungskräfte eine Doppelbelastung. Es gilt, sowohl den eigenen Umgang mit krisenbedingten Umstellungen zu meistern als auch den Mitarbeitern den Rücken zu stärken und ihnen einen konstruktiven Umgang mit den Herausforderungen zu ermöglichen. „In kurzer Zeit müssen Lösungen gefunden werden, die bei allen Beteiligten emotionale Stabilität herstellen und Sicherheit vor Panik stellen. Deshalb ist Coaching gerade jetzt besonders wichtig“, sagt Monika Eichenauer, selbst erfahrene Coachin, Psychologin und Geschäftsführerin des Vermittlers CoachOffice.


„In kurzer Zeit müssen Lösungen gefunden werden, die Sicherheit vor Panik stellen. Deshalb ist Coaching gerade jetzt besonders wichtig.“
Monika Eichenauer, CoachOffice


Kompetenzen reflektieren

Außerdem: Der Umgang mit den eigenen Emotionen spielt bei der Bewältigung der aktuellen Krise eine entscheidende Rolle. Auch hier könne Coaching helfen, argumentiert Eichenauer. Führungskräfte bräuchten die Möglichkeit der Reflexion ihrer Kernkompetenzen. Durch Krisen würden Emotionen ausgelöst, die es oft verhindern, dass Kompetenzen gezielt eingesetzt werden können. „Es muss ein anderes emotional-mentales Milieu in Führungskräften hergestellt werden, damit sie mit ihren Fähigkeiten zu neuen Lösungen gelangen können.“

Der Nachfrage nach Coaching wird aktuell nicht nur größer, sie wird auch digitaler. Gerade bei sehr konkreten Herausforderungen kann Online-Coaching einen pragmatischen Weg weisen. Ein Beispiel: Ein neuer Mitarbeiter beginnt im Homeoffice seinen neuen Job. Wie arbeitet eine Führungskraft ihn ein? Wie entsteht ein Teamgefühl? Das deutsche Startup Coachhub hat aufgrund solcher Fragen aktuell Hochkonjunktur. Die Web-Plattform mit rund 700 Coaches will Führungskräfte begleiten, bei der Abgrenzung von Arbeit und Privatleben ebenso wie beim unumgänglichen Stellenabbau.

Eine Art „Beratung to Go“ bietet auch Eichenauer mit den Plattformen CoachOffice und Leadership, die sich speziell an Führungskräfte wenden. Aus einem Portfolio kann der Kunde den Coach auswählen, der seine Probleme am besten bedienen kann. Dieser berät per Smartphone oder PC corona-konform und zeit-effizient. Der Vorteil von Distance Coachings: Kunden können Coaches unter anderen Aspekten aussuchen als dem der unmittelbaren Nähe. Der Nachteil: Die emotionale Distanz ist zu Beginn oft größer. Laut Eichenauer verschwinde diese aber, wenn die Chemie zwischen Coach und Gecoachtem stimme.

Coaching ist keine Schwäche

Trotz der hohen Nachfrage in Deutschland sind auch Vorurteile groß. Anders als in den USA wird Coaching hierzulande oft als Schwäche ausgelegt. Objektive Kriterien zur Beurteilung von Coaches gibt es kaum. Die Bezeichnung ist nicht geschützt. Zwar gibt es Verbände, aber die Aufnahmekriterien sind aber schwer zu durchschauen. Darum ist es wichtig, einen Coach wohlüberlegt auszuwählen (siehe unten).

Wie Überzeugungsarbeit dafür aussehen kann, erläutert Monika Eichenauer: „Zielführend ist, wenn glaubhaft in Aussicht gestellt wird, dass ein Coach Beschäftigte befähigt, sich besser für das Unternehmen einzusetzen“, sagt sie. Entscheidend sei meist, dass die Kosten sich mit dem zu erwartenden höheren Umsatz rentieren. Eine Lehre aus der Finanzkrise stellt ein weiteres Argument für Coaching dar: Gecoachte Manager sind krisenresistenter. Das zeigte sich damals laut einer internationalen Erhebung des „Wall Street Journal“ deutlich. Und das dürfte auch manch skeptischen Vorgesetzten in Corona-Zeiten überzeugen.


STIMMT DIE CHEMIE?

Der Weg zum passenden Coach

Vorbereitung: Festlegung des Beratungsgebiets und Suche nach passenden Coaches. Topmanager verlassen sich meist auf Empfehlungen. Erste Orientierung können Online-Datenbanken und -Plattformen bieten.

Werdegang: Schauen Sie auf die Qualifikation: Coachingausbildung, Studium, Berufserfahrung und Wirtschaftswissen.

Methodik: Ein guter Coach wendet verschiedene Gesprächstechniken individuell an.

Referenzen: Seriöse Anbieter können Referenzen nennen. Zertifikate sind verbreitet, die Seriosität sollte überprüft werden.

Vorgespräch: Üblich ist ein kostenloses Vorgespräch. Sympathie und Offenheit sind für ein erfolgreiches Coaching essenziell.

Kosten: Bezahlt wird nur die beanspruchte Beratung. Üblich sind Stundensätze zwischen 100 und 200 Euro. Im Topmanagement sind die Sätze allerdings deutlich höher.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Anne-Kathrin Velten