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Gläubiger vorsichtiger - Zahlungseingang schneller

In der aktuellen Unsicherheit mit und durch die Corona-Pandemie kommt einem Blick auf das Zahlungsverhalten besondere Bedeutung zu. Die Zahlungsweise eines Schuldners ist ein wichtiges Indiz, wenn es um die rechtzeitige Erkennung einer drohenden Insolvenz geht.

Nun sind die Unternehmensinsolvenzen rückläufig. Nicht nur Creditreform, sondern die meisten Experten fürchten aber, dass es sich bei diesem Rückgang nur um eine Seitwärtsbewegung, einen Stau von Unternehmen in der Schieflage handelt. Aufgefangen von einer Vielzahl von Hilfsmaßnahmen bleiben Unternehmen auf dem Markt, nehmen Kredite auf und finanzieren sich über ihre Lieferanten.

Im Sommer und Winter eines jeden Jahres, in halbjährlichem Turnus, veröffentlicht Creditreform Daten zu den Zahlungszielen und zum Zahlungsverzug. Das sind sehr valide Zahlen, beruhen sie doch auf Zahlungsinformationen von über einer Million deutscher Unternehmen. Insgesamt beträgt das Volumen dieser Belege rund 74 Milliarden Euro. Alleine monatlich werden etwa 12,6 Millionen neue Rechnungen in das Debitorenregister Deutschland aufgenommen. Jedem Unternehmen, das sich für die Teilnahme am Debitorenregister von Creditreform entscheidet, kommt eine Auswertung im Hinblick auf die Zahnungsweise seiner Debitoren zu. Über die halbjährliche Veröffentlichung können alle Interessierten einen Vergleich anstellen, wo das eigene Unternehmen im Hinblick auf seine Liquiditätssteuerung und seine Kunden angesiedelt ist. Aber auch als gesamt ökonomische Größe ist die Zahlungsweise der Unternehmensschuldner von großer Bedeutung, ist sie doch ein wichtiger Indikator für die Stabilität der Betriebe hierzulande.

Kürzere Ziele

Die aktuellen Zahlen zeigen, dass die Unternehmen im Zahlungsverkehr vorsichtiger geworden sind. Die nunmehr seit zwei Jahren andauernde Krise führt dazu, dass die Zahlungsziele für die Kunden verkürzt worden sind. In der zweiten Jahreshälfte 2021 gaben die Unternehmen ihren Kunden ein Zahlungsziel von 30,7 Tagen vor – eine deutliche Veränderung gegenüber dem ersten Halbjahr 2021 und auch dem zweiten Halbjahr 2020. Um mehr als einen Tag wurde das auf jeder Rechnung ausgewiesene Zahlungsziel verkürzt. Von 31,9 Tagen im ersten Halbjahr 2021 (zweites Halbjahr 2020: 32,0 Tage) auf eben 30,7 Tage. Verkürzt wurden die Zahlungsziele vor allem für Einzelhändler, Logistikunternehmen und schließlich unternehmensnahe Dienstleister. Alle drei Branchen sind von der Krise besonders betroffen. Aber auch insgesamt zeigt sich, wie unterschiedlich die Debitoren je nach Branche behandelt werden: Während Metall- und Elektrobetriebe ein Zahlungsziel von fast 38 Tagen genießen, müssen persönliche Dienstleister bereits nach gut 21 Tagen ihren Rechnungsbetrag begleichen.

Diese Vorsicht im Hinblick auf einen befürchteten Zahlungsausfall zahlt sich aus. Auch der Zahlungsverzug, der Zeitraum der Überfälligkeit, nachdem das Zahlungsziel verstrichen ist, hat sich verkürzt. Betrug er im ersten Halbjahr 2021 noch 10,23 Tage, so lag er im Herbst des vergangenen Jahres bei 9,97 Tagen. Ein Zahlungsverzug, wie er so gut seit 2015 nicht mehr zu registrieren war. Die Verkürzung des Verzuges betrifft aber nicht alle Branchen gleichermaßen. So hat sich der Einzelhandel (leicht) verschlechtert, ebenso der Großhandel, die Grundstoffindustrie und schließlich die unternehmensnahen Dienstleister. Deutlich weniger Verzugstage sind im Bereich der chemischen Industrie und im Sektor Verkehr/Logistik zu zählen. In der Chemie ist der Zahlungsverzug um drei Tage verkürzt worden, im Bereich Logistik um zwei Tage. Immer noch führen die Debitoren aus der Bauwirtschaft die Liste an, wenn es um den Zahlungsverzug geht: Trotz einer leichten Verbesserung sind es mehr als zwei Wochen, die die Kreditgeber und Lieferanten bei Abnehmern aus dem Baugewerbe länger warten müssen.

Der Mittelstand berichtet

Während das Debitorenregister von Creditreform eher die Schuldner und größere Unternehmen im Blick hat, zielt die Befragung mittelständischer Unternehmer, ebenfalls im Frühjahr und Herbst eines jeden Jahres, auf die Erfahrungen der Gläubiger mit ihren Schuldnern ab. Hier geht es eher um kleine Unternehmen, wie sie den Mittelstand prägen: Fast 60 Prozent der Befragten haben höchstens 20 Mitarbeiter und nur 3 Prozent entstammen einer Unternehmensgröße von 250 bis 500 Beschäftigten. Aber auch diese Unternehmen haben sich stichtagsbezogen im Herbst positiver zum Zahlungsverhalten ihrer Kunden in der Krise geäußert. Hier geht es in der Zusammenfassung von Zahlungsziel und Zahlungsverzug um die Gesamtforderungslaufzeit. Der größte Teil der Mittelständler erhielt sein Geld innerhalb der üblichen Zahlungsfrist von 30 Tagen. Bereits hier zeigt sich eine leichte Verbesserung bei 91,3 Prozent, die innerhalb dieser Forderungslaufzeit einen Geldeingang auf ihrem Konto feststellen konnten (Vorjahr: 90,6 Prozent). Auch am langen Ende, bei Laufzeiten von über drei Monaten hat sich eine leichte Verbesserung eingestellt: Nur noch 0,6 Prozent gegenüber 0,9 Prozent vor einem Jahr warteten so lange auf ihr Geld. Die meisten Betriebe, die mit solchen Laufzeiten rechnen mussten, finden sich im Bausektor (1,4 Prozent).

Das Debitorenregister Deutschland beschäftigt sich nur mit Daten von Rechnungen, die bei aller Verzugsdauer doch schließlich beglichen werden. Die Mittelstandsanalyse fragte aber ausdrücklich auch nach den Forderungsverlusten. Keine Ausfälle hatten 33,3 Prozent der kleinen und mittleren Betriebe. Allerdings ist hier eine leichte Zunahme von 2 Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr festzustellen. Die Zahl derer, die hohe Verluste (mehr als 1 Prozent des Umsatzes) zu erleiden hatte, ist allerdings ebenfalls von 7,5 auf 5,8 Prozent zurückgegangen.

Sowohl die Zahlen aus dem Debitorenregister Deutschland als auch die Befragung mittelständischer Unternehmen im Oktober 2021 zeigen, dass die Gefährdungen für Gläubiger durch Verzug und Zahlungsausfall in der Krise nicht zugenommen haben. Diesen Erfolg haben die Unternehmen erreicht, weil sie ihrer Liquidität bzw. dem Eingang der Zahlungen mehr Aufmerksamkeit als vor der Krise geschenkt haben.

Quellen: Creditreform Analysen „Zahlungsindikator Deutschland, Winter 2021/22“ und „Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst 2021“