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Greensill-Insolvenz und die Folgen

Was den Schaden betrifft, so war es wohl die größte Pleite 2021. Die Greensill Bank AG aus Bremen hatte für einen Ausfall von über 2,7 Milliarden Euro gesorgt. Der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken hatte dafür geradegestanden, dass die Anleger entschädigt wurden. Doch die Insolvenz wird für die Zukunft Folgen haben.

Der scheidende Präsident des Bundesverbandes der deutschen Banken hatte es auf den Punkt gebracht: „Wir zahlen nicht drei Milliarden Euro aus und gehen zur Tagesordnung über.“ Dabei war der Zusammenbruch nicht ganz unvorhersehbar gewesen. Immer wieder war davor gewarnt worden, dass Zins-Plattformen im Internet sich teilweise „exotischer“ Festgeld-Anbieter bedienen, die mit ihren Konditionen angesichts eines dauerhaften Zinstiefs ein großes Risiko darstellen. Nun geht es aber nicht nur darum, dass die Anbieter dieser Geschäftsmodelle ihre Anleger besser über die Gefahren aufklären. Der neue Präsident des Bankenverbandes hat im Dezember deutlich gemacht, dass der Einlagenschutz bald gedeckelt werde und dass nicht mehr alle Anleger gleichermaßen geschützt würden. Die Reform wird ab 2023 umgesetzt, insgesamt will man sich jedoch einige Jahre Zeit lassen, bis die Pläne in Gänze Wirklichkeit werden. Schließlich kann es nicht sein, dass die Einlagensicherung, die durch eine Umlage unter den Banken finanziert wird, für die Institute immer teurer wird.

Sparer schützen

Der neue Banken-Präsident, Christian Sewing, spricht davon, dass es beim umfangreichen Einlagenschutz in erster Linie darum gehe, die privaten Sparer und die Unternehmen zu schützen. Professionelle Anleger, die sich des Risikos durchaus bewusst sind und die diese Gefahrenlage auf den Sicherungsfonds abwälzen, sollen in Zukunft nicht mehr bedient werden. Zu diesen Anlegern gehören beispielsweise Versicherungen, Investmentgesellschaften oder öffentlich-rechtliche Körperschaften. So hatten bei Greensill auch Rundfunkanstalten ihr Geld angelegt. Anzumerken ist, dass öffentliche Institutionen von Bund, Ländern und Kommunen sowie Banken oder Finanzierungsinstitutionen bisher allerdings auch nicht durch die Einlagensicherung geschützt sind.

Nicht nur der Kreis der Betroffenen wird reduziert, es werden zum ersten Mal auch Obergrenzen eingezogen im Hinblick auf die zu ersetzende Anlage. Der Schutzumfang für private Sparer wird ab 2023 bei fünf Millionen Euro enden, bei den Unternehmen wird er bei 50 Millionen Euro gedeckelt. Das ist nur der erste Schritt. Wenn im Jahr 2030 die Reform ganz umgesetzt worden ist, beträgt der Schutzumfang für Sparer nur noch eine Million Euro und für Unternehmen 10 Millionen Euro. Dabei werden Einlagen von Unternehmen mit einer Laufzeit von mehr als zwölf Monaten bereits ab 2023 überhaupt nicht mehr unter die Einlagensicherung fallen. Und noch an einer weiteren Stelle wird die Einlagensicherung der Banken ihren Umfang verringern. Sie betrifft in Zukunft nur noch Deutschland. Begründet wird dies damit, dass hierzulande traditionell ein hohes Schutzniveau für private Sparer üblich sei. Einlagen die außerhalb Deutschlands bei ausländischen Niederlassungen von Mitgliedsinstituten eingeworben werden, sollen künftig nicht mehr geschützt werden. Präsident Sewing: „Wir fokussieren die Einlagensicherung auf ihre Kernaufgabe: Wir beschützen diejenigen, die diesen Schutz wirklich benötigen. Mit der tiefgreifenden Reform ziehen wir die Konsequenz aus den Erfahrungen der Schadensfälle in der jüngeren Vergangenheit. Der Fall Greensill markiert hier eine Zäsur.“ Das ZEW hatte bereits im Frühjahr eine Befragung unter Finanzexperten durchgeführt, um zu erfahren, wie diese den Schutz der Anleger gerade im Hinblick auf große Insolvenzen gestalten wollen. Zins-Plattformen kommt eine besondere Bedeutung zu, wenn es um risikoreiche Anlagen geht. Entsprechend gaben rund zwei Drittel der befragten Finanzexperten an, dass diese zu einer stärkeren Aufklärung über das Risikopotential ihrer Einlagen-Angebote zu verpflichten wären. Wie das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) weiter ausführt, geht es darum, zu verhindern, dass die Einlagensicherung dazu führe, dass die Anleger weniger vorsichtig werden. Eine Lösung wäre eine Risikoteilung zwischen Sicherungssystemen und den Einlegern sowie eine verstärkte Aufsicht der BaFin. So sehen es ein Drittel der Befragten als sehr positiv an, wenn ein kleiner Selbstanteil von 5 bis 15 Prozent von dem Betroffenen im Entschädigungsfall zu tragen sei. Die Reform des Bankenverbandes findet also durchaus die Zustimmung der meisten Finanzexperten.

Öffentliche Hand als Finanzjongleur

Transparenz aber fordern die Experten nicht nur von den Plattformen, sondern auch von den Anlegern der Öffentlichen Hand. Bereits bei der großen Finanzkrise war etwa so manche Kommune mit ihrer Geldanlage in Schwierigkeiten geraten. Auch bei Greensill waren nicht nur Rundfunkanstalten entschädigt worden. Seit 2017 sind die Anlagen von Städten und Gemeinden aus dem Einlagensicherungsfonds der Banken herausgenommen worden. Auch bei der Greensill Bank waren Städte und Gemeinden vertreten – sie hatten rund 500 Millionen Euro angelegt, die jetzt – da ungesichert – wohl für immer verloren sind. Die Umfrage des ZEW zeigt deutlich, dass viele Experten der Meinung sind, dass die Öffentliche Hand zu mehr Offenheit über ihre Anlagen zu verpflichten sei. 21 Prozent der Befragten meinen, dass die Anlagemöglichkeiten öffentlicher Haushalte gesetzlich einzuschränken wären. Und mehr als die Hälfte gab an, dass die Einlagensicherung tatsächlich in Zukunft nur noch für Privatanleger zuständig sei.

Die Fokussierung auf private Sparer und Anleger und die Reduzierung des Haftungsniveaus finden durchaus Anklang bei den Finanzexperten, sind aber sicher auch für die meisten Anleger nachvollziehbar. Dass in Zeiten von Negativzinsen mancher glaubt, auch Risiken in Kauf nehmen zu können, kann kein Grund sein, diese Risikoaffinität zu finanzieren.

Quellen: Bundesverband deutscher Banken, ZEW