Risikomanagement Newsletter

Abschwächung bei der Kreditvergabe

Ein guter Indikator für den Zustand einer Volkswirtschaft ist die Kreditvergabe. Kredite sind nötig, um Investitionen zu finanzieren. Steigt also die Kreditvergabe, dann sind die Unternehmen auf einem guten Weg. Dabei bleibt allerdings immer im Auge zu behalten, dass mit der anschwellenden Kreditfinanzierung auch die Risiken eines Ausfalls steigen.

In den zurückliegenden Jahren guter Konjunktur hat die Kreditvergabe durch Banken an die Unternehmen in Deutschland deutlich zugelegt. Sie stieg von 2,5 Prozent im Jahr 2014 auf knapp 6 Prozent Wachstum (2018) an. Bereits 2019 kündigte sich nach dem Sommer eine Abkühlung im gesamtwirtschaftlichen Geschehen an – in einigen Monaten war eine technische Rezession zu registrieren. Aber auch dies zeigte noch keine durchgreifenden Folgen bei der Kreditvergabe durch die Finanzinstitute. Im Gegenteil: Warnungen waren zu hören, dass es im Niedrigzinsumfeld zunehmend zu „Zombie-Unternehmen“ käme und die Finanzierung über Kredite auf tönernen Füßen stünde.

Abkühlung beim Kredit

Nun spricht die KfW in ihrem jüngsten Kreditmarktausblick vom Dezember 2020 von einer deutlichen Abkühlung beim Kreditneugeschäft und von einer Trendwende, die uns im Zeichen von Corona erreicht. In dieser Veröffentlichung wird noch einmal deutlich, wie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung und das Geschehen bei der Kreditvergabe Hand in Hand gehen. Nachdem die Wirtschaftsleistung im dritten Quartal 2020 wieder bei 96 Prozent des Vorjahreszeitraums lag und die Kreditneugeschäfte deutlich zulegten, weil die Unternehmen einen markanten Liquiditätsbedarf im Zeichen der gerade überstandenen Krise anmeldeten, ist dieser Boom bei der Fremdfinanzierung nun verschwunden. Im zweiten Quartal 2020 (nach dem Lockdown) war die Vergabe von Bankkrediten noch um 6 Prozent gestiegen – im dritten Quartal war nur noch ein hauchdünnes Plus von 0,3 Prozent zu erreichen.

Spielt vielleicht eine größere Vorsicht bei der Kreditvergabe eine Rolle für diesen Rückgang? Nach Aussage der KfW, die sich auf die KfW-ifo Kredithürde stützt, ist diese nur leicht um 1,3 Prozentpunkte gestiegen. Und auch der „Banking Lending Survey“ weist nur eine leichte Verschlechterung für die Kreditnehmer auf: Nur 6,3 Prozent der Banken gaben bei dieser Umfrage auf europäischer Ebene zu Protokoll, dass sie in Deutschland ihre Vergabestandards angehoben hätten. Angesichts dürftiger Margen und eines verschärften Wettbewerbs ist bei den Bankhäusern nicht zu erwarten, dass sie die Schrauben bei der Kreditvergabe deutlich anziehen.

Kredite nicht erforderlich?

Es ist die Nachfrageseite, es sind die Unternehmen, die den Abwärtstrend bestimmen. Umsätze und Erträge brechen bei vielen Betrieben seit dem Herbst weg. Dank einer guten Eigenkapitalsituation mögen sie diese Durststrecke durchhalten – an Investitionen, die Kredite erfordern, denken sie nicht. Dabei sind es in der aktuellen Krise ja nicht nur die Geschäftszahlen, die in den Keller gehen, sondern es ist vielmehr auch die Unsicherheit über den weiteren Verlauf von Pandemie und entsprechend Konjunktur, die für Zurückhaltung sorgen.

Das KfW-Mittelstandspanel gibt wieder, dass bis in den Herbst nur knapp die Hälfte der befragten Betriebe ihre Investitionspläne vom Jahresbeginn tatsächlich umgesetzt hat. Bis zum dritten Quartal lagen die gesamtwirtschaftlichen Unternehmensinvestitionen mehr als 10 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Auch die Befragung des Mittelstandes durch die Creditreform Wirtschaftsforschung im Herbst 2020 zeigte eine deutliche Zurückhaltung bei den Investitionen. Waren 2019 noch 51,4 Prozent der Betriebe investitionsbereit, so äußerten sich im Herbst 2020 nur noch 45,5 Prozent positiv zu Investitionen. Dabei standen vor allem nur dringend notwendige Ersatzinvestitionen auf der Agenda – Erweiterungsinvestitionen kamen nur an zweiter Stelle. Vor allem der Handel und die Dienstleister, die besonders von den Schließungen betroffen sind, hatten Investitionen zunächst ad acta gelegt.

Das Geld ist da

Bei der sinkenden Kreditnachfrage spielt auch eine Rolle, dass die Unternehmen bei der Innenfinanzierung so gut aufgestellt sind. Laut KfW ist der Anteil von KMU, die von reduzierter Liquidität betroffen sind, von 44 auf 31 Prozent gefallen. Schließlich führt die öffentliche Bank für die positive Finanzierungssituation an, dass durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen akute Finanzierungsnöte in Grenzen gehalten würden. Hinzu kommt, dass die erste Krise dazu führte, dass Rationalisierungen vorgenommen sowie Absatz- und Investitionsvorhaben reduziert wurden. Auch an dieser Stelle kann die Creditreform Untersuchung die Angaben vervollständigen. Wie bereits an anderer Stelle im Risikomanagement-Newsletter ausgeführt, können Deutschlands Mittelständler auf eine solide Eigenkapitalquote verweisen. Wie im Vorjahr, kann rund ein Drittel der im Herbst Befragten eine Eigenkapitalquote von mehr als 30 Prozent verbuchen. Und bei den eigenkapitalschwachen Unternehmen, die weniger als 10 Prozent Eigenkapitalausstattung zur Verfügung haben, ist sogar ein leichter Rückgang von 29 auf 27 Prozent festzuhalten. Damit zeigt sich: Wenn Investitionen durchgeführt werden (müssen), dann zahlt man diese aus der eigenen Tasche, ohne Bankkredite in Anspruch zu nehmen. Befragt, ob ihre Eigenkapitalausstattung in der Krise ausreichend sei, gaben 35 Prozent an, dass sie gut mit Eigenmitteln ausgestattet seien. Weniger als 5 Prozent der KMU bezeichneten ihre Eigenkapitalausstattung als mangelhaft oder ungenügend.

Bei der Prognose geht die KfW davon aus, dass sich der Abwärtstrend bei der Kreditvergabe 2021 fortsetzt. Ihre Volkswirte berechneten ein Minus von 3 Prozent im ersten Quartal. Nach Aussage der Bank ist diese Zurückhaltung zu verkraften, weil trotz einer angespannten Liquiditätslage durch „großzügige Finanzhilfen“ die Auswirkungen der Krise begrenzt blieben.

Quelle: KfW-Kreditmarktausblick, Dezember 2020



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