Am liebsten Cash
Nun ist ein weiterer Schritt getan bei der Ablösung des Bargelds. Die deutschen Banken und Sparkassen teilen mit, dass nach Vorgaben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bei Bareinzahlungen über 10.000 Euro ein Nachweis über die Herkunft des Geldes erbracht werden muss.
Das kann ein Kontoauszug mit einer entsprechenden Barauszahlung sein, es können Abhebungen vom Sparbuch oder Quittungen und Rechnungen sein. Diesen Nachweis aufzuzeichnen und zu bewahren, ist Aufgabe der Banken. Dabei ist nach Ansicht der BaFin schon ab 2.500 Euro dem Kreditinstitut eine Nachfrage nach der Herkunft erlaubt, wenn es dies für angebracht hält. Insgesamt geht es darum, zu verhindern, dass Schwarzgeld gewaschen wird. Ob der Aufwand tatsächlich nötig und wirksam ist, mag bezweifelt werden.
Europa will kein Bargeld
Dabei soll es aber nach Ansicht der EU-Kommission nicht bleiben. Sie hat Pläne vorgelegt, die ein Bezahlen mit Bargeld grundsätzlich bei allen Stellen auf 10.000 Euro beschränken. Für Deutschland – aber auch für Luxemburg und Österreich etwa – ist das ein Novum. Das Limit liegt in Frankreich bei 1.000 Euro, in Griechenland sogar bei nur 500 Euro Barzahlung. Die Deutschen aber hängen am Bargeld. Auch wenn der Einsatz der Karte oder des Handys zunimmt, sind Scheine und Münzen immer noch das beliebteste Zahlungsmittel. Das EHI Institut für Handelsforschung in Köln zeigt in einer aktuellen Untersuchung vom Juli, welche Zahlungsmittel in Deutschland beim Einkauf eingesetzt werden. Deutschlands Einzelhandel hat im Corona-Jahr 2020 insgesamt 510 Mrd. Euro umgesetzt. Während der stationäre Handel mit 435 Mrd. Euro rund 2 Prozent weniger verkaufte, legte der Online-Handel von 61 auf 75 Mrd. Euro um mehr als 20 Prozent zu.
Wo bleibt Omnichannel?
Dabei führt bei den Zahlungssystemen im stationären Handel immer noch die Barzahlung. Sie hält selbst im Krisenjahr noch fast 41 Prozent bei allen Transaktionen im Geschäft. Allerdings ist ein Rückgang von 5,6 Prozentpunkten gegenüber dem Vorkrisenniveau 2019 zu registrieren. Dieses Minus kommt beim stationären Handel der Girocard zugute: sie legte um 6,5 Prozentpunkte zu und hält nun einen Anteil von 40,1 Prozent. Bargeld mag durch die Corona-Krise an Bedeutung verloren haben, es verliert aber auch im Zuge der Verlagerung vom stationären Handel zum Online-Handel. Betrachtet man das Gesamtbild aus stationärem und Online-Handel, so zeigt sich, dass das Bargeld nur noch bei 35,1 Prozent liegt, dicht dahinter folgt dann die Girocard mit 34,3 Prozent. Beim Gesamtbild kommen vor allem Kreditkarten besser weg, die in der Summe aus online und stationär auf fast 20 Prozent kommen. Der Grund dafür liegt darin, dass VISA, Mastercard oder American Express Omnichannel-fähig sind. An dieser Stelle hat Deutschland ein Problem, weil die Girocard im Internet kaum eine Rolle spielt, Bezahlsysteme wie Paypal aber im stationären Handel nicht eingesetzt werden. Das EHI zeigt, dass es anders geht. So werden in den Niederlanden 70 Prozent der Online-Umsätze über ein bankeneigenes Direktüberweisungssystem erreicht. Nun hat Deutschlands Bankenwelt angekündigt, im Verbund mit ausländischen Partnern ein Omnichannel-fähiges System vorzulegen. Das wird auch höchste Zeit, damit die amerikanischen Player nicht den Markt bei den Bezahlsystemen völlig übernehmen. Schon jetzt glauben fast zwei Drittel der Befragten, dass Paypal die besten Aussichten habe, sich im Omnichannel-System, also stationär wie online, führend zu etablieren.
Es war halt immer so …
Aber es geht beim Bezahlen nicht nur um ein umfassendes Angebot für ein überall einsetzbares System. Die deutsche Angst vor dem Verlust des Bargelds ist tief verwurzelt. Auch wenn durch die Pandemie das bargeldlose Bezahlen zugelegt hat, bleibt es doch dabei, dass Bargeld immer noch das beliebteste Zahlungsmittel ist. Rund 80 Prozent nutzen es häufig, vor allem kleinere Beträge unter 50 Euro werden bar bezahlt. Doch immerhin zeigt eine Umfrage von dem Beratungshaus BearingPoint, dass jeder Zweite sich vorstellen kann, sein Zahlungsverhalten in Zukunft zu ändern, etwa 25 Prozent gaben an, in fünf Jahren gänzlich auf Bargeld zu verzichten.
Bei diesem Verhalten spielt natürlich die Erziehung und Gewöhnung eine große Rolle. Es kommt hinzu, dass Bargeld einen leichteren Überblick zu den aktuellen Finanzverhältnissen erlaubt. Gerade in Zeiten verbreiteter Überschuldung, die auf mangelnder Finanzkompetenz beruht, sind die simplen Scheine und Münzen eine gute Möglichkeit, zu erkennen, was noch an Geld zur Verfügung steht. Eine Rolle spielt in Deutschland aber sicher auch, dass man Erspartes am liebsten unter der Matratze behält. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass bis Juli in Deutschland immer noch D-Mark-Scheine im Wert von 5,8 Mrd. Mark und Münzen sogar in der Höhe von 6,6 Mrd. Mark nicht umgetauscht worden sind. Bis Juli 2020 gingen über 16 Mio. Mark zum Tausch bei der Bundesbank ein.
Quellen: Bundesbank, EHI Institut, BearingPoint