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Der Sommer ist da, die neuen Pleitezahlen auch

Liebe Leserinnen und Leser,

es ist wieder diese Jahreszeit, in der die wirtschaftspolitischen Nebelkerzen besonders hell brennen. Gerade diskutiert die Bundesregierung ernsthaft darüber, ob energieintensive Unternehmen bei der Energiesteuer entlastet werden sollen – ein Schritt, der für DAX-Konzerne sicher Applaus bringt, aber beim Mittelstand vor allem Kopfschütteln auslöst. Denn der bekommt wie so oft nichts vom Kuchen ab – nicht mal die Krümel.

Die Idee: Entlastung für die Industrie, damit die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen Vergleich erhalten bleibt. Klingt sinnvoll – aber nur, wenn man das Rückgrat der deutschen Wirtschaft ignoriert: die kleinen und mittleren Unternehmen. Die dürfen weiter mit steigenden Strompreisen, CO₂-Kosten, Netzentgelten und einer Bürokratie jonglieren, die sich mehr für Förderformulare interessiert als für Wirkung. Wirtschaftspolitik nach dem Motto: Wenn’s klemmt, fördern wir – aber nicht Dich.

Unsere aktuelle Ausgabe blickt auf genau dieses Spannungsfeld – zwischen Hoffnung und Realität, zwischen Regierungserzählung und Betriebsalltag.

Die Insolvenzzahlen steigen – und zwar in fast allen Bereichen. Besonders betroffen: Mittelstand, Selbstständige und Verbraucher. Und während in der politischen Kommunikation schon von einer Trendwende gesprochen wird, zeigen die Zahlen: Die ökonomische Belastung ist enorm. Arbeitsplätze stehen wieder vermehrt auf dem Spiel, Gläubigerforderungen platzen und es wird deutlich, nicht die Zahl der Insolvenzen ist entscheidend, sondern deren Auswirkungen. Bei den großen und prominenten Pleitefällen trifft es vor allem zwei Branchen besonders: den Pflegebereich und die Automobilzulieferer.

Investitionen? Immer weniger. Die Kreditvergabe ist zäh, die Zinsen hoch, die Anforderungen der Banken teilweise realitätsfern. Viele KMU verzichten deshalb lieber gleich ganz auf Expansionspläne – oder stemmen Investitionen mit Eigenmitteln, die dafür eigentlich nicht reichen. Und wenn dann in der KfW-Statistik unter „Finanzierungsquelle“ plötzlich „Familie“ auftaucht, ist das weniger kreativ als bitter.

Der Wohnungsbau? Komplett aus der Spur. Sozialwohnungen fehlen, Genehmigungsverfahren dauern ewig und bei den Baukosten klettern nicht nur die Preise, sondern auch die Nebenkosten – Planungsbüros, Gutachten, Normen, Regeln. Ein Drittel der Baukostensteigerung ist allein staatlich verordnet. Man kann also sagen: Der Staat baut mit – nur leider keine Wohnungen.

Und über allem schwebt die Behauptung, es zeige sich bereits eine Besserung. Vielleicht im Wetterbericht, aber nicht in der volkswirtschaftlichen Wirklichkeit. Denn so lange grundlegende Probleme wie Bürokratiewust, Steuerlast und Fachkräftemangel nicht entschlossen angegangen werden, bleibt jede wirtschaftspolitische „Wende“ ein PR-Produkt.

Der Mittelstand sieht dabei zu – oder besser gesagt: nach unten, auf seine Zahlen.

Ihr
Patrik-Ludwig Hantzsch