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Schuldenwelle: Verbraucher kämpfen mit Zahlungsschwierigkeiten

Wie der Mitte November veröffentlichte „SchuldnerAtlas Deutschland 2025“ von Creditreform zeigt, kommt die jahrelange Resilienz vieler Haushalte an ihr Ende.

Nach sechs Jahren rückläufiger Zahlen kehrt die Überschuldung in Deutschland zurück: 2025 sind wieder 5,67 Millionen Menschen über 18 Jahre überschuldet, können also die Summe ihrer fälligen Zahlungsverpflichtungen mit hoher Wahrscheinlichkeit über einen längeren Zeitraum nicht begleichen. Außerdem stehen ihnen zur Deckung ihres Lebensunterhalts weder Vermögen noch Kreditmöglichkeiten zur Verfügung. Mit anderen Worten: Die zu leistenden Gesamtausgaben sind höher als die Einnahmen.

Die Zahl der Überschuldungsfälle liegt um 111.000 über der des Vorjahres – ein Zuwachs von zwei Prozent. Die Überschuldungsquote stieg von 8,09 auf 8,16 Prozent. Damit verzeichnet Deutschland erstmals seit 2018 wieder einen spürbaren Anstieg, wie der „SchuldnerAtlas Deutschland 2025“ zeigt, den die Creditreform Wirtschaftsforschung Mitte November vorlegte.

Dies ist eine Trendwende. Erstaunlicherweise sank die Überschuldungsquote in Deutschland nämlich jahrelang – auch noch nach Beginn der Multikrise aus Ukraine-Krieg, steigenden Energiekosten, Inflation und Rezession. Dass dies nicht mehr lange so weitergehen würde, ist Fachleuten aber schon länger klar. Insofern kommt die Trendwende nunmehr mit Ansage. Nach Jahren des „Angst-Sparens“ sind die finanziellen Puffer vieler Menschen schlicht aufgebraucht. Die Multikrise hat nicht nur Spuren hinterlassen, sie wirkt jetzt nach und schlägt auf die privaten Haushalte durch. Einen ähnlich heftigen Anstieg gab es schon einmal: 2016 wurden rund 130.000 neue Überschuldungsfälle gemessen.

Überschuldung trifft die Mitte der Gesellschaft

Was überdies Sorge bereitet: Der aktuelle „SchuldnerAtlas Deutschland“ zeigt, dass 2025 nicht nur klassische Risikogruppen betroffen sind. Erstmals seit Jahren stieg die Zahl überschuldeter Verbraucher über fast alle sozialen Gruppen hinweg.

Besonders auffällig ist die Entwicklung bei den „Lifestyle-Überschuldeten“ und „Überschuldungspragmatikern“ – also Menschen mit mittlerem oder sogar überdurchschnittlichem Einkommen, die ihren Lebensstandard nach Jahren des Verzichts durch Ersatz- oder Nachholkonsum zu halten versuchen. Überschuldung ist also offenbar kein Randphänomen mehr. Wir sehen mittlerweile viele, die eigentlich gut situiert sind, aber ihre finanzielle Belastbarkeit überschätzt haben. Das betrifft zunehmend auch Menschen mit stabilem Einkommen und geregeltem Alltag.

Zudem zeigt sich, dass „harte“ und „weiche“ Überschuldung zugleich zunehmen – eine Besonderheit, die zuletzt 2017 in dieser Form beobachtet werden konnte. Die Zahl der „harten“, also juristisch relevanten Überschuldungsfälle – zum Beispiel Vollstreckungen, Inkassoverfahren, Haftbefehle – stieg um rund 39.000 Fälle, während die „weichen“ Überschuldungen, also anhaltende Zahlungsstörungen ohne rechtliche Konsequenzen, um 72.000 Fälle zunahmen.

Wenn aber beide Formen gleichzeitig steigen, spricht das für eine breite strukturelle Verschlechterung der privaten Finanzen. Viele Verbraucher rutschen nicht plötzlich, sondern schleichend in die Überschuldung: Erst geraten Rechnungen in Rückstand, dann folgen Mahnungen und schließlich juristische Verfahren. Das aktuelle „Doppelplus“ ist also ein klares Warnsignal für die kommenden Jahre. Einen gleichzeitigen Anstieg beider Merkmalstypen gab es in den vergangenen 20 Jahren lediglich vier Mal: in den Jahren 2007, 2010, 2012 und 2017.

Finanzielle Widerstandsfähigkeit lässt nach

Ebenfalls zu beobachten: Überschuldung betrifft viele Regionen. In 69 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte sind die Überschuldungsquoten 2025 gestiegen. Besonders stark betroffen sind wirtschaftlich angeschlagene Regionen in Nordrhein-Westfalen, aber auch Teile Bayerns und Sachsens. Damit ist die aktuelle Entwicklung flächendeckend negativ – ein Novum nach Jahren des Rückgangs.

Es kommt leider nicht überraschend: Nachdem die Haushalte die vergangenen Jahre mit erstaunlicher Disziplin überstanden haben, lässt ihre finanzielle Widerstandsfähigkeit Haushalte nun definitiv nach. Die Ersparnisse und Reserven vieler Verbraucher sind aufgezehrt.

Was dabei gesellschaftlich problematisch ist: Die Menschen erfahren, dass Disziplin und Resilienz keine unerschöpflichen Ressourcen sind. Damit sinkt auch das Vertrauen in Politik und Wirtschaft. Hier droht eine gefährliche Abwärtsspirale.

Quelle:
www.creditreform.de