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Creditreform Düsseldorf Creditreform Neuss

Überschuldung von Verbrauchern im Regionalraum Düsseldorf 2022

Creditreform Düsseldorf / Neuss legt den 19. SchuldnerAtlas für den Regionalraum Düsseldorf vor. Die Analyse umfasst die Stadt Düsseldorf, die acht Kommunen des Rhein-Kreises Neuss sowie die drei Kommunen Erkrath, Hilden und Ratingen im Kreis Mettmann.

Die Überschuldungsentwicklung der Verbraucher zeigt sich 2022 im Regionalraum Düsseldorf erfreulich positiv. Überschuldungsquoten und Überschuldungsfälle sind in allen Teilräumen und Kommunen erneut spürbar gesunken – sie erreichen den niedrigsten Stand seit 2004. Die Rückgänge der Überschuldungszahlen liegen jedoch unter dem Niveau des Vorjahres. Von den rund 1,297 Millionen Einwohnern, die älter als 18 Jahre sind und somit als geschäftsfähig gelten können, müssen 118.600 Personen zum Stichtag 1. Oktober 2022 als überschuldet oder zumindest nachhaltig zahlungsgestört eingestuft werden. Dies sind rund 6.800 Überschuldungsfälle weniger als im Vorjahr (- 16.700 Fälle / - 0,50 Punkte) und rund 25.300 Fälle weniger als 2019, dem letzten Vor-Corona-Jahr. Die Entwicklung verläuft erneut positiver als in Bund und in Nordrhein-Westfalen. Deutschlandweit nahm die Zahl der Überschuldungsfälle von 6,16 auf 5,88 Millionen um rund 274.000 Fälle ab (Vorjahr: - 695.000 Fälle). Die bundesweite Überschuldungsquote sinkt auf 8,48 Prozent (- 0,39 Punkte).

Dabei war das Jahr 2022 von drei Faktoren maßgeblich bestimmt: den Nachwirkungen der „Covid-19-Pandemie“, dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und der daraus folgenden Energiepreiskrise. Zwar hatte sich die deutsche und regionale Wirtschaft im Jahresverlauf wieder deutlich erholt, das Bruttoinlandsprodukt stieg im Jahresverlauf, erst im letzten Quartal verzeichnete das BIP einen Rückgang um 0,4 Prozent. André Becker, Mitglied der Geschäftsleitung von Creditreform Düsseldorf / Neuss, bleibt daher trotz erneutem Positivtrend auch nur eingeschränkt optimistisch: „Die deutsche und die regionale Wirtschaft haben das Krisenjahr 2022 besser überstanden, als dies nach dem Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine im letzten Februar zu erwarten war. Zum Jahresbeginn hat die deutsche Wirtschaft nach Auslaufen der Corona-Beschränkungen Anfang 2022 auf Neustart geschaltet. Auch in unserer Region hat sich die Überschuldungslage nochmals deutlich positiv entwickelt. Kommunen-übergreifend haben sich sowohl die Quoten als auch die Anzahl der Überschuldungsfälle allerorts verringert, wir erreichen insgesamt sogar den niedrigsten Stand seit 2004. Erfreulicherweise sind selbst die Unterschiede zwischen den Kommunen kleiner geworden. Allerdings gibt es auf den zweiten Blick auch Eintrübungen, da tatsächlich nicht alle Gruppen gleichermaßen von der positiven Entwicklung profitieren.“

Die Überschuldungssituation verbessert sich allen Kommunen: Die Spannweite reicht von 6,05 Prozent (Meerbusch) bis 11,12 Prozent (Stadt Neuss)

Der Überschuldungslage in den untersuchten zwölf Kommunen bleibt weiterhin trotz erneutem Positiv-Trend heterogen: Die Überschuldungsquoten reichen von 6,05 Prozent (- 0,15 Punkte) in Meerbusch bis hin zu 11,12 Prozent (- 0,34 Punkte) in der Stadt Neuss. Dabei hat sich der Abstand zwischen der höchsten und der geringsten Überschuldungsquote in der Region zum dritten Mal in Folge merklich verringert. Die Überschuldungsquote für den gesamten Regionalraum Düsseldorf (9,15 Prozent; - 0,50 Punkte) liegt weiterhin trotz erneutem Rückgang merklich über dem Wert für die Bundesrepublik (8,48 Prozent; - 0,39 Punkte). Der Rückgang fällt allerdings nochmals stärker aus als im Bund und im Land Nordrhein-Westfalen (10,05 Prozent; - 0,42 Punkte). Der Regionalraum verbleibt wie bereits seit 2021 in „Gefährdungsgruppe 5“ mit einer nur noch „mittleren Überschuldung“. 2020 wurde sie noch als „leicht erhöht“ bewertet (Gefährdungsgruppe 6). Von 2013 bis 2019 lag der gesamte Regionalraum Düsseldorf noch in Gefährdungsgruppe 7 mit „erhöhter“ Überschuldungsgefährdung. Platz 1 im Positiv-Ranking des Regionalraums übernimmt 2022 wieder der Kreis Mettmann vom Rhein-Kreis Neuss, der diesen Platz 2021 erstmals seit 2008 innehatte. Auf Rang drei bleibt wie in den Vorjahren die Stadt Düsseldorf.

Das Positiv-Ranking der untersuchten zwölf Kommunen führen wie seit 2013 die Kommunen Meerbusch (6,05 Prozent; - 0,15 Punkte) und Korschenbroich (6,15 Prozent; - 0,27 Punkte) mit über einem Prozentpunkt Abstand gegenüber dem Viertplatzierten Jüchen (7,22 Prozent; - 0,45 Punkte) an. Meerbusch, Korschenbroich und Kaarst (6,31 Prozent; - 0,44 Punkte) als drittplatzierte Kommune bleiben als Einzige unter der Sieben-Prozent-Marke. Vier weitere Kommunen (Ratingen, Rommerskirchen, Dormagen und Hilden) verbessern sich erstmals unter die Acht-Prozent-Marke, Erkrath unter die Neun-Prozent-Marke. Grevenbroich und Düsseldorf sinken knapp unter die Zehn-Prozent-Marke, Düsseldorf zum ersten Mal seit 2004, Grevenbroich erstmals seit 2009. Die Stadt Neuss bleibt zum zweiten Mal in Folge seit 2009 (deutlich) unter der Zwölf-Prozent-Grenze. Insgesamt liegt nur die Stadt Neuss über der 10-Prozent-Marke – 2021 waren es noch drei Kommunen. Die stärksten Rückgänge zeigen 2022 Erkrath (8,78 Prozent; - 0,68 Punkte), Rommerskirchen (7,63 Prozent; - 0,62 Punkte), Düsseldorf (9,92 Prozent; - 0,59 Punkte) und Ratingen (7,42 Prozent; - 0,58 Punkte).

Die Landeshauptstadt Düsseldorf weist im Regionalraum weiterhin eine überdurchschnittlich hohe Überschuldungsquote auf, „rutscht“ aber erstmals unter die 10-Prozent-Marke. Somit ist die Überschuldung in Düsseldorf seit 2012, also seit zehn Jahren, kontinuierlich gesunken. Der Rückgang der Überschuldungsquote wird zudem durch eine spürbare Bevölkerungszunahme verstärkt. 2022 sinkt die Zahl der Überschuldungsfälle in Düsseldorf erneut deutlich um rund 3.200 Fälle (2021: 6.900 Fälle). Im letzten Jahr mussten insgesamt rund 51.700 Düsseldorfer Personen über 18 Jahre als überschuldet und nachhaltig zahlungsgestört gelten. Im Langzeitvergleich zwischen 2005 und 2022 verbessert sich Düsseldorf bei Überschuldungsquote (- 4,04 Punkte) und Überschuldungsfällen (- 16.000 Fälle) drastisch. Die Stadt Neuss hält nach wie vor die „rote Laterne“ im Regionalranking. Die Stadt Neuss bleibt wie 2021 trotz Positivtrend in Gefährdungsgruppe 7 mit „erhöhter Überschuldung“. Die Überschuldungsquote (11,12 Prozent; - 0,34 Punkte) sinkt aber zum vierten Mal in Folge. 2022 können weiterhin rund 14.000 Personen über 18 Jahre in der Stadt Neuss als überschuldet oder nachhaltig zahlungsgestört gelten. Die Zahl überschuldeter Personen geht ebenfalls weniger stark als im Vorjahr zurück (- 480 Fälle; 2021: - 2.080 Fälle; 2020: - 290 Fälle; 2019: - 80 Fälle). Im Langzeitvergleich 2005 / 2022 wendet sich der Trend in der Stadt Neuss in eine positive Richtung. Überschuldungsquote (- 1,53 Punkte) und Überschuldungsfälle (- 1.640 Fälle) sinken merklich.

Der gesamte Kreis Mettmann (mit allen zehn Kommunen) erringt durch den erneut deutlichen Rückgang von Überschuldungsfällen (34.600 Fälle; - 2.250 Fälle) und Überschuldungsquote (8,58 Prozent; - 0,52 Punkte) Platz 1 im Ranking des Regionalraums. Die Überschuldungsquote sinkt auch hier erstmals unter die Neun-Prozent-Marke. Auch 2022 verzeichnen alle drei untersuchten Kommunen im Kreis Mettmann merkliche Rückgänge von Überschuldungsfällen und -quote. Die Stadt Ratingen notiert zum zweiten Mal in Folge einen deutlichen Rückgang der Überschuldungsquote (8,00 Prozent; - 1,03 Punkte), nach dem sie in den Vorjahren überdurchschnittliche Anstiege aufwies. Eine ähnliche starke Abnahme weist die Stadt Hilden auf (8,26 Prozent; - 1,05 Punkte) und erreicht den niedrigsten Stand seit 2004. Die Stadt Erkrath verbessert sich erneut am stärksten, verbleibt aber im Vergleich auf merklich höherem Niveau (8,78 Prozent; - 0,68 Punkte). Der Kreis Mettmann verbessert sich in Gefährdungsgruppe 4 mit einer nur „noch geringen Überschuldung“.

Langzeittrend: Die Überschuldung älterer Menschen geht nur leicht zurück, bei jungen Menschen sinkt sie deutlich – finanzieller Druck durch steigende Energie- und Lebenshaltungskosten

Das Thema Altersüberschuldung bleibt virulent. . Die Zahl überschuldeter Personen und die Überschuldungsquote nimmt in der Personengruppe ab 60 Jahren 2022 nur gering ab (1,16 Millionen; - 1,8 Prozent; - 21.000 Fälle). Hingegen sinkt die Zahl in den jüngeren überschuldeten Personengruppen deutlich (18 bis 59 Jahre: 4,72 Millionen; - 5,1 Prozent; - 253.000 Fälle). Im Langzeitvergleich 2004 / 2022 nimmt die Zahl jüngerer Überschuldeter deutlich ab (bis unter 60 Jahre: - 21 Prozent), bei älteren Verbrauchern drastisch zu (60 Jahre und älter: + 112 Prozent). Viele ältere Personen gehen einer Erwerbstätigkeit im Rentenalter nach und arbeiten häufig zusätzlich im Rahmen atypischer resp. geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse, um den Lebensunterhalt zu sichern. Zudem sind immer mehr Rentenleistungen einkommensteuerpflichtig und mehr als ein Viertel der Rentner verfügt nur über ein monatliches Nettoeinkommen von unter 1.000 Euro. Folglich bleibt der Doppeltrend zu Altersarmut und Altersüberschuldung trotz Rückgang stabil.

Chris Proios, Initiative „Konjunkturforschung Regional“ ordnet die Problemlage ein: „Der erneute Positivtrend bei der Überschuldungsentwicklung darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Energiepreiskrise und der Höhenflug der Verbraucherpreise viele private Haushalte zunehmend und zeitversetzt unter finanziellen Druck setzen. Dabei sind es vor allem zwei Gruppen, die bei genauerer Betrachtung mit der positiven Überschuldungsentwicklung nicht Schritt halten können und die daher mit Sorge erfüllen, ob und inwieweit resp. wie lange sie die aktuellen Preisentwicklungen durchhalten können. Neben denen, die als nachhaltig überschuldet gelten, sind dies vor allem die Senioren Ü60, bei denen der Anteil an Überschuldeten in ihrer Altersgruppe in den letzten 10 Jahren deutlich angewachsen ist.“

Fazit 2022: Regionale Überschuldungslage weiterhin positiv, Quote und Fälle erreichen den niedrigsten Stand seit 2004, aber die langfristigen Folgen des Ukraine-Krieges belasten die Perspektiven

Die aktuellen Daten zeigen, dass sich die regionale Überschuldungslage 2002 trotz der globalen Krisenlagen erneut merklich verbessert hat. Der Rückgang der Überschuldungsfälle fällt im Regionalraum Düsseldorf (- 5,4 Prozent; 2021: - 11,8 Prozent) erneut stärker aus als im Bund (- 4,4 Prozent; 2021: - 10,1 Prozent) – allerdings nur halb so stark wie im letzten Jahr. Im Rhein-Kreis Neuss (- 4,0 Prozent; 2021: - 12,9 Prozent) ist die Abnahme zudem unterdurchschnittlich, im Kreis Mettmann (- 6,1 Prozent; 2021: - 11,5 Prozent) und in der Stadt Düsseldorf (- 5,8 Prozent; 2021: - 11,2 Prozent) liegt sie merklich über dem Bundesschnitt. Allerdings ist die deutsche Wirtschaft weiterhin im Krisenmodus, auch wenn das Mittelstandsbarometer Rhein-Kreis Neuss vom Frühsommer 2022 der regionalen Wirtschaft einen „Post-Corona-Konjunkturboom“ und ein Ende der „Corona-Lähmung“ attestieren konnte. Angesichts zahlreicher globaler Stressfaktoren bleibt der aktuelle Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern für die Region Düsseldorf und den Mittleren Niederrhein zum Jahresbeginn 2023 nüchtern-pessimistisch: „Stabile Lage – Unsicherheit bleibt groß“. Das DIW-Konjunkturbarometer von Ende Februar 2022 stellt jedenfalls fest: Die „deutsche Wirtschaft hat Talsohle noch nicht durchschritten“.

Dabei zeigte sich der regionale Arbeitsmarkt im gesamten Regionalraum Düsseldorf deutlich positiv (52.500 Arbeitslose; - 6.300 Fälle; - 11 Prozent). Trotzdem machen sich weiterhin viele Arbeitnehmer angesichts von Ukraine-Krieg und Energiepreiskrise Sorgen um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze. Die Gründe: weiterhin hohe Inflationsraten, hohe Lebensmittel- und Energiepreise und eine Rezessionskonjunktur.  Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine kostet nach Angaben der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) von Mitte Februar jeden Verbraucher über 18 Jahre in Deutschland bis Ende 2023 im Schnitt rund 2.300 Euro an Wohlstand. In Summe werden rund 160 Milliarden Euro weniger erwirtschaftet. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass der Ukraine-Krieg und die damit verbundene Explosion der Energiekosten Deutschland bereits „im Jahr 2022 knapp 2,5 Prozent oder 100 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung gekostet“ hat. Diese Kosten würden in den kommenden Jahren weiter zulegen. Zudem stellte das Statistische Bundesamt Anfang März fest, dass die Reallöhne der Vollzeitbeschäftigten 2022 zum dritten Mal in Folge gesunken sind – zuletzt um über drei Prozent. Dies ist damit der stärkste Reallohnverlust seit 2008. Trotz des aktuell positiven Trends spricht derzeit vieles, vor allem die hohen Inflationsraten, dafür, dass die Überschuldungszahlen mittelfristig wieder steigen werden. Die Spitze der Neuüberschuldung wird aber voraussichtlich erst in den Folgejahren erreicht.

Creditreform Düsseldorf / Neuss



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