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Diagnose und Prognose - der Creditreform Geschäftsklimaindex im Herbst 2022

Nachdem die Politik und die wichtigsten Forschungsinstitute ihre Prognosen zur weiteren Entwicklung der Konjunktur in Deutschland im Laufe des Jahres immer wieder nach unten korrigiert hatten, war die jüngste Meldung des Statistischen Bundesamtes zur Lage des Bruttoinlandsproduktes im dritten Quartal 2022 überraschend positiv.

Die Veränderung beim BIP betrug gegenüber dem Vorjahresquartal plus 1,1 Prozent und gegenüber dem Vorquartal immerhin noch plus 0,3 Prozent. Fachleute hatten mit einem Minus gerechnet – zu heftig erschienen die Belastungen, welche die deutsche Volkswirtschaft im Zeichen des Krieges in der Ukraine und durch die Inflation, insbesondere bei den hohen Energiepreisen, zu tragen hatte.

Spielte die Stimmung bei der Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Lage und besonders bei den Prognosen also keine allzu große Rolle? Sind die harten Fakten, wie sie sich in den Zahlen ausdrücken, doch nicht so schlecht? Seit Jahrzehnten befragt die Creditreform Wirtschaftsforschung repräsentativ deutsche mittelständische Unternehmen zu ihrer Geschäftslage. Wie ausführlich die Antworten zu den einzelnen Parametern, zu den Personaleinstellungen, den Umsätzen, den Investitionen oder zum Zahlungsverhalten der Kunden auch immer ausfallen mögen – der aus den wichtigsten Größen gebildete Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) erlaubt mit einem Blick eine Darstellung der aktuellen Lage und der Prognose aus den Erwartungen der Befragten. Die Berechnung des Index insgesamt erfolgt auf Basis der Antworten zu den Auftragseingängen, den Umsätzen, der Ertragslage und der Personalsituation.

Nach Corona der zweite Einbruch

Nun ist der CGK im Herbst 2022 mit einem Rückgang von plus 25,2 (Herbst 2021) auf nur noch plus 3,1 Punkte deutlich eingebrochen. Schlechter war dieser Wert nur noch im Herbst 2020, auf dem Höhepunkt der Corona-Pandemie gewesen. Vor zwei Jahren lag er bei minus 5,7 Punkten. Zum Vergleich wies das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal 2020 gegenüber dem Vorjahresquartal ein Minus von 2,4 Prozent auf. Nach dem Lockdown und der Pandemie im Herbst 2020 ging es wieder aufwärts. Der Creditreform Index hatte nur einmal im Herbst 2009 im Zeichen der weltweiten Finanzkrise noch stärker gelitten. Vor dreizehn Jahren lag er bei minus 8,3 Punkten. In den folgenden Jahren bewegte sich der Index deutlich im Plus bei rund 20 Punkten – ein Wert, der auch im Zeichen der Erholung im Herbst 2021 mit plus 25,2 Punkten wieder erreicht wurde. Gegenüber dem Vorquartal gab es 2020 auch beim BIP einen Sprung von 9 Prozent – die Krise durch Corona hatte an Durchschlagskraft verloren.

Status und Erwartungen

Nun zeigen beide Teilkomponenten des Index, der diagnostische zur Lage und der prognostische zu den weiteren Erwartungen, gleichermaßen nach unten. Die aktuelle Lage hat sich um 19,3 Punkte verschlechtert und liegt nun bei einem Plus von 8,1 Zählern. Nur der Herbst 2020 zeigte einen historisch noch schlechteren Wert mit einem Minus von 10,3 Punkten. Tatsächlich wird auch bei einigen anderen Konjunktur- Instituten auf der Basis von Befragungen von Unternehmen bei der Bewertung der aktuellen Lage ein noch relativ guter Wert angezeigt. Die Charts zeigen das gleiche Bild: Im Frühjahr kam es im Zusammenhang mit dem Krieg im Osten Europas und den Problemen bei der Energielieferung zu einem markanten Einbruch. Es zeigt sich bei der Bewertung der Lage auch, dass eben dieser Einbruch, geprägt von Inflation, Lieferschwierigkeiten und nicht zuletzt dem Fachkräftemangel, möglicherweise noch gar nicht bei den Unternehmen vollumfänglich angekommen ist. Während manche Bereiche des Verarbeitenden Gewerbes (etwa der Maschinenbau) deutliche Verschlechterungen schon in der aktuellen Situation zeigen, arbeiten einige Dienstleistungssektoren noch weitgehend „unberührt“.

Auch wenn das Bruttoinlandsprodukt noch im positiven Bereich über der Nulllinie angesiedelt ist, so zeigen die Erwartungen der aktuellen Creditreform Befragung doch, dass jedenfalls die Stimmung rezessiv ist. Betrug im Herbst des Vorjahres der Erwartungsindex noch plus 23 Punkte, so notiert er nun bei einem Minus von 1,9 Punkten. Auch bei der Komponente „Geschäftserwartungen“ muss man bis zum Jahr 2020 (minus 1,1 Zähler) oder sogar bis zum Jahr 2009 (minus 8,3 Zähler) zurückgehen, um ähnlich schwache Werte wie im laufenden Jahr zu finden.

Was unter dem Strich bleibt

Während andere Institute bei ihren Befragungen auf Größen wie den Umsatz, die Auftragslage oder den Personalbestand setzen, fragt Creditreform auch direkt nach der Gewinnsituation. Per Saldo aus gestiegenen und gesunkenen Erträgen ergibt sich ein Wert von minus 13,3 Punkten bei der aktuellen Ertragssituation. So wies fast ein Drittel der befragten kleinen und mittleren Betriebe rote Zahlen bei den Gewinnen aus. Wie beim allgemeinen Index auch, sieht die Situation bei den Erwartungen noch schlechter aus als bei den Urteilen zur aktuellen Lage. In den nächsten sechs Monaten rechnen per Saldo mehr Unternehmen mit sinkenden Erträgen (minus 18,5 Punkte). Auch wenn sich die Umsätze und Aufträge noch halten, zeigt sich bei der Gewinnsituation doch, wie stark die Einbrüche durch die aktuelle Krise sind und vor allem, wie heftig sich diese Krise nach Meinung der Befragten auch in Zukunft auswirken wird. Wenn mehr als ein Drittel der KMU schmalere Gewinne befürchten, dann sind zielgerichtete Hilfen gerade für diese kleineren Unternehmen dringend notwendig.

Quellen: Creditreform, Statistisches Bundesamt