Kommentar zur aktuellen Wirtschaftslage
Liebe Leserinnen und Leser,
in zwei Wochen erscheint unsere Analyse zum Insolvenzgeschehen in Deutschland im ersten Halbjahr 2025. Wer den ersten Schock verdaut hat, dass die Hälfte von „25“ schon wieder rum ist, kriegt möglicherweise gleich den nächsten, wenn er unsere Zahlen zu den Pleitefällen sieht. Aber das ist noch nicht ausgemacht, vielleicht entspannt sich die zuletzt sehr dynamische Situation auch etwas. Das Blöde an diesem Indikator ist leider, dass er uns etwas aufzeigt, was bereits in der Vergangenheit liegt. Es ist sozusagen ein Blick in den Rückspiegel. Trotzdem ein unglaublich wichtiger Indikator, denn abseits von der reinen Zahl, können wir erkennen, was schief läuft in der Konjunktur, wer besonders leidet und warum. Doch abseits der prominenten Pleiten in den Zeitungen und Statistiken läuft noch eine andere, wenn auch ähnliche, Entwicklung ab: Die „stillen Heimgänger“, die Unternehmensschließungen abseits der großen Bühne. Mit dem ZEW aus Mannheim haben wir analysiert, wie es um die kleinen und mittleren Unternehmen bestellt ist, die keinen Nachfolger oder passende Fachkräfte finden, die unter hohen Energiepreisen ächzen oder noch nicht lange am Markt sind. Die Zahl dieser Fälle ist deutlich höher als die der Insolvenzen in Deutschland und erlaubt einen Blick auf die Rahmenbedingungen, unter denen gerade noch viele leiden. So haben wir diesen Betrieben auch unseren ersten Beitrag gewidmet. Bedenklich dabei ist abseits der Zahlen, was wir gerade jetzt an innovativen Betrieben verlieren.
Auch, wenn es so mancher glaubt – Deutschland ist nicht der Nabel der Welt, auch nicht in Europa. Und weil Insolvenzen eben doch so ein aussagekräftiger Indikator sind, müssen wir auch mal über den Tellerrand hinausblicken. Konkret haben wir uns West- und Osteuropa angeschaut: Wie viele Fälle, welche Ursachen, welche Ähnlichkeiten und Unterschiede, welche Gewinner und Verlierer. Das alles lesen Sie in den Beiträgen zwei und drei.
Nach einem deftigen Essen sehnen sich viele nach etwas Süßem zum Abschluss. Hier dürfte das nicht anders sein. Nach ordentlich hartem Tobak braucht es zum Schluss ein wenig Zuversicht und Hoffnung. Die gibt es auch, denn wir haben zusammengetragen, welche Faktoren gerade wieder in eine positive Richtung drehen, sowohl bei uns in der Wirtschaftsforschung als auch bei anderen. So können wir Sie dann in den ersten schönen Sommermonat entlassen.
Ihr
Patrik-Ludwig Hantzsch