Risikomanagement Newsletter

Nachhaltigkeit auch bei der Kreditprüfung

Das Thema „ESG“ treibt die Finanzwelt auch in Deutschland um. Ziel ist Nachhaltigkeit im weitesten Sinne: Die Buchstaben stehen für Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance). Es geht also gleichermaßen um Nachhaltigkeit, sozial verträgliches Unternehmertum und um eine rücksichtsvolle betriebliche Leitung.

Nunmehr handelt es sich nicht mehr nur um ethisch und moralisch verpflichtende Gebote, sondern um einen genau definierten Themenkatalog, dem die Unternehmen, aber eben auch Banken und Investoren zu folgen haben. Manches, wie etwa das Lieferkettengesetz, ist schon auf den Weg gebracht. Anderes steht auf europäischer Ebene kurz vor einer endgültigen gesetzlichen Fassung. Die europäische Bankenaufsichtsbehörde hat erste Leitlinien gesetzt. Obwohl manche Details noch offen sind, so haben doch die BaFin und die EZB mit ihren Leitfäden schon klargemacht, wohin der Weg hin zu mehr Klima- und Umweltschutz gehen wird.

Veränderte Kreditprüfung

Vor allem Banken, aber auch weitere Finanzdienstleister, müssen sich nun darauf einstellen, dass sie – etwa bei Krediten – die ESG-Konformität prüfen müssen. Betroffen sind nicht nur die von der europäischen Behörde beaufsichtigten Institute. Über eine Novelle des Gesetzes zu den Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) sind alle rund 1.500 in Deutschland agierenden Banken verpflichtet. Noch fehlt es an ausdrücklich formulierten Anforderungen, es bleibt die Frage, ob es ausreichend ist, sich bei der Bewertung etwa auf Branchendaten zu stützen oder ob und in welchem Maße individuelle Kriterien zu definieren und anzulegen sind. Die Creditreform Rating AG nimmt sich des Themas an und arbeitet daran, Daten für die Finanzhäuser zur Verfügung stellen zu können. Im März 2022 hat sie rund 150 deutsche Banken und Finanzdienstleister befragt – zu dem, was bereits installiert wurde und was man erwarte.

Rund 70 Prozent der Befragten glauben, dass der Rahmen, den die europäische Aufsichtsbehörde für die Banken abgesteckt hat, die Kreditvergabe und deren Überwachung maßgeblich verändern wird. Auszugehen ist davon, dass erhöhte Kreditrisiken durch Verstöße gegen die ESG-Vorgabe beim Kreditnehmer identifiziert werden müssen. Dabei geht es zunächst um eine Bewertung der Branche, aus der sich dann bei höheren Risiken im Einzelfall eine vertiefte Prüfung anschließen wird. Fast zwei Drittel der Institute haben einen Maßnahmenplan erstellt, sich also bereits eingehend mit den Bewertungsstandards auseinandergesetzt. Aber es ist wichtig, dass eine Einheitlichkeit bei den Standards gegeben ist, damit es nicht zu unterschiedlichen Bewertungen der Unternehmen bei verschiedenen Kreditinstituten kommt. Mehr als die Hälfte der Befragten wird in den nächsten 18 Monaten Datenpools aufbauen, die die zu erwartenden regulatorischen Anforderungen umzusetzen vermögen. Nicht zuletzt erwartet man Wettbewerbsvorteile, wenn die Nachhaltigkeit trennschärfer und fundierter als bei anderen Banken festgemacht werden kann. Immerhin erwarten doch knapp drei Viertel der Befragten, im nicht risikorelevanten Geschäft vereinfachte Regelungen. An dieser Stelle merkt die Creditreform Rating AG an, das es wichtig ist, für die weitgehend digitalisierte Kreditprüfung ein standardisiertes und belastbares Datenmaterial zu haben, dass es erlaubt, ohne Medienbrüche zu arbeiten.

Make or buy

Knapp zwei Drittel der Befragten planen die relevanten Daten selbst beim Antragsteller zu erheben. Immerhin ein Viertel bevorzugt den externen Daten-Zukauf, um die Bewertungsprozesse effizienter durchführen zu können. Letztendlich geht es darum, ESG-Rohdaten von externen Anbietern (wie z. B. der Creditreform Rating AG) einzukaufen und zusammen mit den selbst erhobenen Daten in die eigenen Risikoscores zu integrieren. Rund 45 Prozent der Befragten geben an, dass sie über den Zukauf von ESG-Scores nachdenken. Dabei sind viele Finanzdienstleister noch unentschieden bei der Frage des Preises. Während 21 Prozent ein flexibles Bezahlen für den einzelnen Gebrauch bevorzugen, wünscht sich ein Drittel der Finanzhäuser einen Pauschalpreis für die Daten, der ein einfaches Kalkulieren ermöglicht.

Welches Preismodell soll es sein?

Kostengünstig und schnell in der Prüfung des Antrags agieren zu können, steht für die meisten Befragten ganz oben auf der Wunschliste. Fast 83 Prozent brauchen ein Kreditentscheidungssystem, das auch unter Einbeziehung der ESG-Daten automatisiert und verlässlich läuft. Zu diesen reibungslosen Abläufen gehört auch, dass eine stichtagsbezogene etwa quartalweise Anreicherung der Daten für die Prüfung des Portfolios ausreichend ist. Auch hier ist einmal mehr anzumerken, dass die endgültigen Anforderungen von der Aufsicht noch nicht festgelegt worden sind. Nun erwarten zwar 68 Prozent der Teilnehmer der Umfrage, dass in Zukunft eine Einzelbewertung erforderlich sei – dabei bleibt aber zu konstatieren, dass für die 2,7 Millionen deutsche Unternehmen, für die eine Bonitätsbewertung vorliegt, zum allergrößten Teil noch keine ESG-Daten vorhanden sind.

Eher unentschieden fallen die Antworten aus, wenn es darum geht, auch die Vorlieferanten oder Abnehmer eines Kreditnehmers in die Prüfungen miteinzubeziehen. Dem stimmt zwar knapp ein Drittel voll zu, aber immerhin fast 30 Prozent möchte dies nicht zu einem weiteren Teil der Nachhaltigkeitsprüfung gemacht sehen. Kosten schließlich fallen nicht nur im Zusammenhang mit dem Einkauf nötiger Daten und Scores an, sondern auch bei der Refinanzierung für die Bank. Fast 65 Prozent der Institute geben an, dass sich die Qualität ihres ESG-Portfolios wohl auf die Preise der Refinanzierung auswirken wird.

Insgesamt gehen Deutschlands Finanzinstitute – das weist die aktuelle Befragung der Creditreform Rating AG deutlich aus – davon aus, das ESG-Kriterien in naher Zukunft eine große Rolle bei der Kreditbeurteilung spielen werden. Noch besteht einiger Beratungsbedarf und eben auch Unsicherheit, wie die Anforderungen im Einzelnen aussehen werden. Klar aber ist für viele Betroffene, dass Handlungsbedarf besteht, wenn es darum geht, Daten zu kaufen und daraus entsprechend erweiterte Scores zu erhalten.

Quelle: Creditreform Rating AG