„Getting things done" für Top-Führungskräfte
Aufgaben schlau und effizient strukturieren – das ist keine leichte Aufgabe für Unternehmer. Statt sich auf die Unternehmensstrategie zu konzentrieren, stecken viele Verantwortliche fest im Tagesgeschäft und verlieren das große Ganze aus dem Blick. Das muss nicht sein. Die „Getting things done”-Denkweise schafft Ordnung im Kopf und hilft dabei, die richtigen Prioritäten zu setzen. Wie? Das erklärt Geschäftsführer und Leadership-Coach Sabri Eryigit in dieser Podcast-Folge.
Lesen statt hören: Die Podcast-Folge #36 zum Nachlesen
Tanja Könemann: Aufgaben effizient erledigen und dabei weniger gestresst sein – das klingt verlockend. Genau das soll die Methode Getting Things Done ermöglichen. Wie sie funktioniert, erfahren Sie in dieser Folge von „Gute Geschäfte – Business Wissen in 10 Minuten“. Ich bin Tanja Könemann, Chefredakteurin und Podcast-Host.
Jingle: Gute Geschäfte – Business Wissen in 10 Minuten. Der Podcast von Creditreform.
Tanja Könemann:
Zu Gast bei mir ist heute Sabri Eryigit. Sabri, was soll ich meiner Kollegin erzählen, wenn sie fragt, was die wichtigsten Charakteristika von Getting Things Done sind?
Sabri Eryigit:
Das Grundprinzip von Getting Things Done ist: Alles aus dem Kopf zu bekommen, was deine Aufmerksamkeit beansprucht – und es vor die Tür Deines Gedächtnisses zu legen, und zwar an einen Ort, an dem Du es wiederfindest, wenn Du es brauchst. Und an dem Du es nicht siehst, wenn Du es nicht gebrauchen kannst.
Ein Beispiel: Du hast eine wahnsinnig lange Liste von E-Mails, die Du zu beantworten hast. Die hast Du Dir in eine Aufgabenliste geschrieben, weil Du ja – wie Du jetzt akkurat mit dem GTD-Denkansatz umgehst – die Sachen nicht im Posteingang lässt, sondern sagst: Wenn diese E-Mail eine Aktion erfordert, formuliere ich die genaue Aufgabe, die mit dieser E-Mail zusammenhängt; also packe die in meine Aufgabenliste und packe die am besten in eine Unterkategorie E -Mails oder Computer, weil das kann ich am Computer erledigen. Wir arbeiten kontextbezogen. Wenn Du im Auto sitzt, dann kannst Du schlecht die E -Mails bearbeiten. Deshalb ist mir immer wichtig, dass die Menschen, die sich ihre Aufgabenlisten bauen, die E -Mails nicht sehen, wenn sie gerade im Auto sitzen. Was Du machen kannst, ist dir vorher eine Telefonliste anlegen und dann sagen, ja, die Strecke ist genau dazu geeignet, dass ich drei Telefonate erledige: Erstens, zweitens, drittens. Und dann entscheidest Du, welches jetzt für dich in dem Moment die höchste Priorität hat.
Tanja Könemann:
Sabri, wie sieht denn eine solche Liste aus?
Sabri Eryigit:
Also viele Menschen oder die meisten, die wahrscheinlich hier zuhören, nutzen ja elektronische Tools wie beispielsweise Microsoft 365. Und wenn wir jetzt mal Microsoft nehmen, dann nutzen ja die meisten das E -Mail-Tool Outlook. Und zusätzlich zu Outlook gibt es ToDo, also die Aufgaben-App dazu. Früher hieß das Aufgaben, das kennen auch noch ganz viele Menschen. Und ich kann jetzt zwei Dinge machen. Ich kann alle Aufgaben, die mir jetzt gerade so in den Sinn kommen und die ich definiere, Tanja, die kann ich untereinander wegschreiben: Sabri anrufen, Tanja Artikel schicken, Arzttermin machen, Tomaten kaufen etcetera. Das kann ich alles auf eine Liste bringen. Jetzt muss ich aber immer durch die ganze Liste durchgehen, um zu schauen, was kann ich gerade am besten tun. Alternativ dazu, und das entspricht dem Getting-Things -Done-Ansatz, kann ich kontextbezogene Aufgaben erstellen. Das heißt, ich kann diese Aufgabenliste mit Kontexten dort einrichten. Ich kann sagen so, ich habe einen Kontext, der heißt Telefon und da ordne ich alle Sachen rein, wo ich Telefonate zu erledigen habe. Was ich auf jeden Fall nicht empfehle, ist zwischen privat und beruflich zu trennen. Ein privates Telefonat gehört genauso in die Telefonliste wie ein berufliches Telefonat. Ein Beispiel: Wenn Du jetzt schnell einen Zahnarzttermin machen möchtest, dann sagst Du ja nicht, ich gucke heute Abend auf meine private Liste, dann ist 17 .30 Uhr. Dann viel Spaß beim Zahnarzttermin telefonisch arrangieren. Sondern ich erledige diese Dinge und ich kann ja in dieser Priorisierung auf der Liste jetzt schon sagen, oh, Zahnarzt mache ich jetzt schnell, dann habe ich das aus dem Kopf und kann mich wieder auf meinen Job konzentrieren.
Tanja Könemann:
Also, wenn ich jetzt versuche in Beispielen zu denken, dann wäre das vielleicht bei einer mittelständischen Führungskraft, die noch sehr im Operativen verhaftet ist, wäre dann oben auf der Liste, wären dann operative Aufgaben und unten würde dann rutschen, irgendwie an der Unternehmensstrategie arbeiten und das würde untergehen und das wäre natürlich nicht optimal.
Sabri Eryigit:
Genau, weil diese Menschen haben... haben sehr erfolgreich in ihrem Bereich aufgebaut, ob jetzt als Angestellte oder auch Unternehmerinnen und Unternehmer, die dann sozusagen aus dem Operativen herausgewachsen sind, eine gewisse Größe bekommen, aber genau an dieser gläsernen Decke des Wachstums dann hängen bleiben. Die kommen über diesen Punkt gar nicht mehr heraus, weil sie, wie Du richtigerweise sagst, sehr viel in der Organisation arbeiten, also operativ und so gut wie gar nicht an der Organisation arbeiten. Und Du kannst nicht jetzt eben was Operatives erledigen. Und danach dich eine Stunde hinsetzen und strategisch arbeiten. Diesen Mindshift kriegst Du gar nicht, also kriegt ein normaler Mensch nicht hin.
Tanja Könemann:
Wir reden ja gerade über eine Situation, die relativ gefährlich ist, gerade heutzutage, wo man seine Unternehmensstrategie ja auch regelmäßig challengen muss. Wo geht es hin? Hat das noch eine Zukunft, was ich hier mache? Du hast mir jetzt erzählt, wie es eigentlich nicht funktioniert. Was coachst Du denn dann? Wie kriege ich die Unternehmensstrategie dann nach oben auf meiner Liste? Wie kriege ich die ganze Liste verkehrt?
Sabri Eryigit:
Nein, es geht ja, also die Liste ist ja kein chronologisches Element aus meiner Sicht. Die Liste ist dein externes Gehirn, quasi deine ausgelagerte Festplatte, in der Du alles drin hast, damit der Kopf leer ist. Und was mir oder den Menschen eine wahnsinnige Ruhe gibt, ist zu wissen, ich habe zwar nicht alles erledigt, aber es ist alles dort im System. Dazu gehört allerdings ein Stück weit auch eine Disziplin; nämlich alles, was mir in den Sinn kommt, sofort aufzuschreiben. Vielleicht schmunzeln auch viele, wenn sie es hören. Schreibt ein Verb mit rein. Ein Verb ist wahnsinnig entlastend für das Hirn. Wenn da steht, Tanja, Interview aus dem Wired -Magazin senden oder mailen, hat eine andere Relevanz. Bei einer Aufgabe magst Du schmunzeln. Wenn Du da 120 stehen hast, dann bist Du froh, wenn da steht: googeln, mailen, lesen, schreiben, recherchieren. Ja, das ist dann schon ein Unterschied.
Tanja Könemann:
Wir haben ein Thema gestreift, das heißt Disziplin. Ich selbst arbeite viel mit Listen, das funktioniert auch. Aber ich bin echt genervt davon, die immer zu pflegen. Bin ich faul oder mache ich was falsch?
Sabri Eryigit:
Nein, Du bist in bester Gesellschaft. Die Dinge funktionieren und dann irgendwann lassen wir locker. Ja, wir sind dann nicht mehr so ganz alert. Und dieses Disziplin-Thema ist ja folgendes: Je mehr ich diese Listen pflege, desto weniger Disziplin brauche ich eigentlich. Ich habe ein sehr schönes Beispiel - gerade ist ja Zeugniszeit. Meine Tochter, die ist zwei Klassen noch mal unter ihrem Bruder. Und sie macht ihre Sachen immer ganz akkurat. Und meinen Sohn sagt, ja, die hat immer so gute Noten. Dann sage ich: Ja, und ich glaube, dass sie weniger arbeitet als Du. Denn am Ende des Tages sind die Menschen, die sich weniger organisieren und weniger mit Listen arbeiten, viel mehr damit beschäftigt zu jonglieren.
Tanja Könemann:
Das versuche ich mir auch immer klarzumachen, wenn ich Stress habe. Ja, das ist ein sehr guter Punkt. Wenn ich den Denkprozess lernen möchte, wie meinen wir das und was muss ich da eigentlich lernen?
Sabri Eryigit:
Die produktivsten Menschen verbringen sehr viel Zeit mit Reflektieren. Dieses System, dieses Aufgabensystem, baue ich mir eigentlich nur auf, damit ich es außerhalb des Kopfes habe und regelmäßig mir anschauen kann und regelmäßig reflektieren kann, um dann neue Entscheidungen zu treffen, neue Priorisierungen vorzunehmen, die gerade der jeweiligen Situation angemessen sind. Und dann sagen mir Leute in großen Firmen, ja, aber ich kann mir doch jetzt, ich muss nicht eine Stunde nehmen, ich muss doch arbeiten. Ja, was ist denn das, wenn Du nachdenkst und guckst, wie Du die Sachen am besten organisierst? Weil wenn Du nicht reflektierst, bist Du im Jonglieren; dann reagierst Du immer nur auf das Letzte und das Lauteste und das ist nicht gesund meines Erachtens, oder kann auf Dauer nicht gehalten werden. Und die Leute, die Dir, die Handvoll Leute, die sagen, nee, eine Stunde, die können wir ja mal fragen, wie produktiv sie sich auf einer Skala von 1 bis 9 fühlen. Und wenn sie so eher im unteren Bereich sind, dann wäre es doch zumindest mal ein Versuch zu gucken, ob das nicht besser geht. Und sie können ja dann wieder aufhören, vielleicht erst nach acht Wochen. Dann haben sie vielleicht schon eine Gewohnheit etabliert.
Tanja Könemann:
Findest Du, dass man sich zu viel selbst managen kann?
Sabri Eryigit:
Ja, ich würde mir fast das Prinzip von David Allen übernehmen, der sagt, ich habe Getting Things Done nur erfunden, weil ich der faulste Mensch der Welt bin und weil es mir dabei hilft, meinen Freiraum zu behalten. Nichtstun fühlt sich nur dann gut an, wenn Du weißt, was Du gerade nicht tust. Und ja, und sagst Du, ich lasse jetzt Fünf gerade sein, denn ich habe da alles stehen und dann kannst Du gucken und sagen, okay, ich lasse jetzt Fünf gerade sein, nur die eine Sache erledige ich noch und dann komme ich gerne heute spontan mit in den Biergarten. Das sind so Dinge, die für mich eine hohe Relevanz haben und die, bin ich ganz ehrlich, viel mehr Power bringen für den nächsten Tag, als jetzt nochmal drei Sachen abgearbeitet zu haben.
Tanja Könemann:
Ja, wir sind am Ende des Podcasts angelangt. Eine letzte Frage habe ich noch und ein Resümee, aber das kommt gleich. Wann erkenne ich, Sabri, dass ich tatsächlich zu viel auf dem Zettel habe und nicht bloß schlecht organisiert bin?
Sabri Eryigit:
Das ist eine sehr zeitgemäße und aktuelle Frage, weil momentan gibt es ja sehr viele Menschen, die in Unternehmen arbeiten, wo es immer weniger Kolleginnen und Kollegen gibt, aber dafür die Arbeit gleich bleibt. Und ich glaube, immer dann, wenn wir abends nach Hause kommen oder wenn wir im Remote Office arbeiten, den Deckel zumachen - hier von dem Rechner, sage ich immer - und überhaupt nicht abschalten können, das Ding noch vom Fernseher auf den Schoß nehmen; uns Gedanken machen, die Dinge nicht aus dem Kopf bekommen und auch ein Stück weit vielleicht, ich sage mal wirklich den Begriff Angst oder Sorge, das darf jede Person für sich selbst entscheiden, dass irgendwas hinten rüber fällt, dann ist es Zeit, wirklich mal den Reset -Knopf zu drücken, weil es wird nichts bringen, so weiterzumachen und das dann auch anzusprechen. Und übrigens noch ein Power-Tipp, wenn ich so eine Liste habe und ich arbeite mit Menschen zusammen und ich habe Vorgesetzte, die mir dann sagen, hier mach mal noch das Projekt und noch das Thema und noch das Thema oder auch als Chefin und Chef darf ich daran arbeiten, wenn ich den Leuten Sachen gebe, dass man immer sagt, passt das noch, lass uns doch mal gemeinsam auf dein System schauen, vielleicht brauchen wir eine gemeinsame Rekalibrierung und gucken mal drauf.
Tanja Könemann:
Das hört sich nach einem guten Plan an. Sabri, wir haben hier im Podcast immer ein Resümee, etwas, was unsere Hörerinnen und Hörer mitnehmen können. Ich würde Ihnen gerne was an die Hand geben, was Ihr Leben von heute auf morgen besser macht, was das Selbstmanagement angeht. Die Top 3 Tipps von Dir.
Sabri Eryigit:
Tipp Nummer 1: Schreib sofort alles auf, was Deine Aufmerksamkeit beansprucht. Was es dann genau ist, kannst Du zu einem späteren Zeitpunkt machen. Tipp Nummer 2 für Top -Führungskräfte und die, die es sein wollen: Reflektiert. Nutzt jede Woche mindestens eine Stunde, um über das Arbeits- und Privatleben nachzudenken und wie das in Einklang zu bringen ist. Und das Ganze auch nochmal täglich. Das Reflektieren verwurste ich mal in Tipp Nummer 2 in einem Tipp. Also so ein Daily Review, 15 bis 20 Minuten. Und ein Weekly Review, 60 bis 90 Minuten. So für die Top-Führungskräfte. Und dann Tipp Nummer 3 ist für mich, dass ich mir regelmäßig Gedanken mache, was will ich eigentlich, was habe ich für Ziele, was will ich in diesem Jahr erreichen und zahle ich auf diese Ziele ein. Weil - wenn ich kein Ziel habe, dann fange ich an zu jonglieren. Und klare Ziele zu setzen für die jeweiligen 12 bis 18 Monate gibt eine unheimliche Kraft, weil mir das Orientierung gibt. Und mein Bonus-Tipp Nummer 4. Ist: Lasse niemals die Planungslücke anderer Menschen zu deinem Bullshit werden.
Tanja Könemann:
Okay, was meinst Du damit?
Sabri Eryigit:
Naja, also nämlich das, dass wenn Menschen kommen und sagen, oh Gott Tanja, habe ich total verdaddelt. Ich hatte letzte Woche in der Redaktion versprochen, dass ich dazu was fertig mache. Das ist dein Thema. Und dass ich mit dir da spreche, fällt mir leider heute erst ein, brauche ich bis morgen früh 10 Uhr. Dann gibt es nur eine klare Antwort. Nein.
Tanja Könemann:
Das sind tolle Tipps. Schön, dass Du heute bei uns warst, bei „Gute Geschäfte“. Danke dir.
Sabri Eryigit:
Ich sage Dankeschön und wünsche allen gute Geschäfte.
Jingle: Gute Geschäfte. Business Wissen in 10 Minuten. Der Creditreform Podcast.
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