Ohne Kredite keine Zukunft
Einem mittelständischen Unternehmen steht bei der Fremdfinanzierung eine ganze Palette von Möglichkeiten zur Verfügung. Neben dem traditionellen Bankkredit können das Leasing oder Factoring genutzt werden. Daneben stehen weitere hybride oder mezzanine Finanzierungsoptionen. Die Finanzierung über den Kapitalmarkt bleibt den kleinen und mittleren Unternehmen dagegen verschlossen.
Die Ausgabe von Aktien oder Unternehmensanleihen erfordert hohe Standards, die nur für große Mittelständler zu bewältigen sind – und bei denen sich die Frage stellt, ob sie überhaupt noch in dieses Unternehmenssegment gehören. Es ist also deutlich mehr als reines Marketing, wenn sich die „Hausbank“ traditionell als Finanzierer des Mittelstandes in Deutschland versteht.
Das Prinzip Hausbank
Im Zuge der aktuellen Befragung mittelständischer Unternehmen durch die Creditreform Wirtschaftsforschung im Frühjahr 2025 wurde auch die Kreditfinanzierung thematisiert. Erfreulich zunächst, dass die Nachfrage in den vergangenen Monaten wieder anzog. 23,2 Prozent der Unternehmen benötigten ein Darlehen von Ihrer Bank – das sind rund 5 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr und zeugt von einer gewissen wirtschaftlichen Zuversicht. Zugenommen haben die positiven Angaben zum Bankdarlehen vor allem im Verarbeitenden Gewerbe von 17,9 auf 25,2 Prozent. Zurückhaltender sind sie im Handel, der auch einen Zuwachs erreichte, aber mit 20,3 Prozent beim Kreditbedarf an letzter Stelle unter den Hauptwirtschaftsbereichen liegt. Dabei sollte man meinen, dass dieser Wirtschaftssektor durch die schwache Konsumneigung in den letzten Jahren besonders an der Schaffung neuer Erlebniswelten und der Ausweitung des E-Commerce interessiert ist.
Tatsächlich zielen die meisten Kreditanträge auf die Finanzierung von Investitionen ab. Rund die Hälfte der Befragten (54,6 Prozent) brachte das zu Protokoll. Allerdings sind dies 2,5 Prozentpunkte weniger als bei der Vorjahresbefragung. Während die Anschaffung von Betriebsmitteln, die von 17,0 Prozent der KMU genannt wird, noch als Ausdruck optimistischer Einstellung im Hinblick auf die weitere betriebliche Entwicklung zu sehen ist, steht mit 11,0 Prozent der Liquiditätsmangel als Grund für eine Kreditaufnahme nicht sehr positiv da.
Schnell ans Geld
Eine große Rolle bei der Liquidität spielen die Forderungslaufzeiten. Wie schnell der Rechnungsbetrag realisiert wird, kann für einen kleinen Betrieb überlebenswichtig sein. Ein genauerer Blick auf die Außenstände zeigt, dass zwar die Mehrheit der Befragten auf weitgehend stabile Forderungslaufzeiten bei den privaten und gewerblichen Kunden blickt (93,6 Prozent), doch bei Forderungslaufzeiten von bis zu 60 Tagen ist hier ein leichter Anstieg zu registrieren. Aber die ganze Misere im Zeichen der Krise wird mit einem Blick auf die Forderungsausfälle deutlich: Hatten im Vorjahr noch 23,1 Prozent der KMU keine Forderungsverluste hinzunehmen, so sind es aktuell nur noch 20,9 Prozent. In diesem Zusammenhang hat die Zahl derer, die prekäre Ausfälle in der Höhe von über einem Prozent des Umsatzes registrierten von 8,2 auf 11,2 Prozent der Befragten zugenommen. Den höchsten Anteil daran haben das Baugewerbe, dessen Betriebe zu 13,2 Prozent von Forderungsausfällen von über einem Prozent des Umsatzes betroffen sind und der Dienstleistungsbereich mit 13,4 Prozent. Gerade die Dienstleister hatten hier binnen Jahresfrist einen deutlichen Zuwachs von rund 5 Prozentpunkten hinzunehmen. Unmittelbar mit der Liquiditätssituation hängen weitere Nennungen beim Zweck für einen Kreditantrag zusammen. So sprachen 8,5 Prozent von einer Kreditfinanzierung für ihren Wareneinkauf und ebenso viele führten die Finanzierung laufender Kosten an, wenn es um die Dringlichkeit eines Kreditantrags ging. Die entscheidende Frage lautete: Wurde der Kredit gewährt? Immerhin 91,8 Prozent der befragten mittelständischen Unternehmen konnten dies bejahen. Verneint haben dies 6,4 Prozent – es bleibt ein kleiner Rest von Betrieben, die keine Angabe machen konnten oder wollten.
Was sagt die Gläubigerseite?
Die Bundesbank präsentiert vierteljährlich die Ergebnisse ihrer Umfrage zum Kreditgeschäft der Banken. Der Bank Lending Survey ist repräsentativ, findet im europäischen Kontext statt und zeugt von großer Tiefe. Dabei gibt er auch Aufschluss über die Kredite in den einzelnen Segmenten, etwa im Wohnungsbau, im Konsumentenbereich oder bei Unternehmen. Im ersten Quartal 2025 wurden die Vergaberichtlinien für Unternehmenskredite marginal gestrafft, dies vor allem „aufgrund von Risikoüberlegungen“. Dabei fiel diese Straffung bei den Unternehmenskrediten geringer aus als die Banken bei der Befragung im Vorquartal angegeben hatten. Mit der Befragung der Kreditnehmer im Mittelstand korrespondiert die Aussage der Bundesbank, dass die Nachfrage in allen Kreditsegmenten weiter angestiegen sei, dies allerdings in einem eher konjunkturkonform geringeren Maße. Weiter wichtig für den Mittelstand ist die Tatsache, dass die Straffung im Unternehmensgeschäft eher größere Unternehmen betrifft. „Für kleine und mittlere Unternehmen wurden die Richtlinien per Saldo marginal gelockert“, schreibt die Bundesbank. Und weiter heißt es für die Planungen der Kreditgeber: „Dabei dürfte sich das Kreditrisiko aufgrund der angespannten Wirtschaftslage und einer gesunkenen Bonität der Kreditnehmer restriktiv auf die Anpassung der Richtlinien auswirken.“ An einer weiteren Stelle treffen sich die von Creditreform herausgearbeiteten Aussagen der Kreditnehmer aus dem Mittelstand mit der Bank-Befragung, wenn davon die Rede ist, dass der Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen unter dem Strich abgenommen habe. Für den Finanzierungsbedarf waren eher Fusionen, Übernahmen und Unternehmensumstrukturierungen sowie Umfinanzierungen, Umschuldungen und Neuverhandlungen ausschlaggebend.
Wenn es um Kreditverhandlungen geht, dann geht es dem Mittelstand weniger um Investitionen und weitere Markterschließungen als angesichts dürftiger Liquidität und dem Zwang, sich möglicherweise neu aufzustellen, um das Überleben in der Krise.
Quellen: Creditreform, Deutsche Bundesbank