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Erholung bei privater Überschuldung

Der Creditreform SchuldnerAtlas weist alljährlich aus, wie stark die Verbraucherüberschuldung zu- oder abgenommen hat. Die Darstellung der finanziellen Situation der Konsumenten in Deutschland ist für die Wirtschafts- und Sozialpolitik von entscheidender Bedeutung.

Der Atlas erlaubt einen Einblick bis in kleinste regionale Einheiten. Er informiert über die Struktur der Überschuldung, über Altersklassen und das Geschlecht der betroffenen Bürger. In diesem Jahr wurden die Ergebnisse mit besonderer Spannung erwartet, ließen Corona und die Lockdown-Maßnahmen doch schlimme Befürchtungen zu, was die finanzielle Situation der Bürger hierzulande betrifft.

Verbessert wie in der Finanzkrise

Die Ausgabe 2021 des SchuldnerAtlas brachte positive Nachrichten: Die Überschuldung der Privatpersonen war nicht nur zum dritten Mal hintereinander zurückgegangen, sie erreichte auch den niedrigsten Stand seit 2004. Die übergreifende Verbesserung in dieser Form war zum letzten Mal in der Finanzkrise 2008 und 2009 zu registrieren gewesen. Finanzieller Stress scheint dafür zu sorgen, dass die Bereitschaft zur Überschuldung bei Privatpersonen abnimmt. Dabei darf diese positive Botschaft nicht überbewertet werden, denn es bleiben fast 6,2 Millionen Bürger, die überschuldet sind und damit nachhaltige Zahlungsstörungen im Hinblick auf ihre finanziellen Verpflichtungen aufweisen. Immerhin sind es 695.000 Betroffene weniger als im Vorjahr und die Überschuldungsquote ist aktuell um rund einen Prozentpunkt auf 8,9 Prozent gefallen.

Die jüngste Entwicklung hat sich – in unterschiedlichem Maß – in Ost- und Westdeutschland gleichermaßen vollzogen. Während in Westdeutschland die Überschuldungsquote nunmehr bei 8,8 Prozent liegt, ist Ostdeutschland mit 9,3 Prozent betroffen. Alle 16 Bundesländer setzen einen positiven Trend: Bayern, das die geringste Überschuldung vorzuweisen hat, zeigt nur eine schmale Verbesserung von 0,7 Punkten. Dagegen konnte der Stadtstaat Hamburg eine Verbesserung der Überschuldungsquote um 1,4 Punkte vorweisen. Alle deutschen Kreise haben sich erholt. Dabei gibt es markante Unterschiede zwischen den einzelnen Städten und Landkreisen. So kann Eichstätt eine Überschuldungsquote von nur 3,8 Prozent nennen, aber Bremerhaven bleibt mit einer aktuellen Quote von 20,0 Prozent trotz einer deutlichen Verbesserung von 1,8 Punkten tief im roten Bereich.

Überschuldung vor Gericht

Ein Grundmuster der Erholung bei der Überschuldung von Privatpersonen zeigt sich – wie im Zeichen der Finanzkrise von 2008 und 2009 – auch in der Corona-Krise 2021: Harte und weiche Überschuldung nehmen gleichermaßen ab. Unter harter Überschuldung sind Fälle zu zählen, die bereits von juristischen Sachverhalten betroffen sind. Bei der weichen Überschuldung bleiben Rechnungen trotz mehrerer Mahnungen offen. Insgesamt sind 2021 3,6 Millionen Personen von harter Überschuldung betroffen, 2,56 Millionen Verbraucher zeigen eine eher geringe Überschuldungsintensität. Damals wie heute wird deutlich, dass in konjunkturell schwierigen Zeiten die Bürger Konsumverzicht üben und bemüht sind, ihre Ausgaben zu kontrollieren. An der guten Entwicklung, welche die harte Überschuldung nimmt, ändert auch nichts die Tatsache, dass die Privatinsolvenzen in diesem Jahr wieder deutlich zugenommen haben. Es gab 2021 bei den Privatinsolvenzen eine Änderung der Rechtslage, die es erlaubt, sich bereits nach drei statt nach sechs Jahren von den restlichen Schulden zu befreien. Auf diese Möglichkeit haben viele Überschuldete gewartet und sind erst 2021 in ein Verfahren gegangen.

Überschuldung zeigt geschlechtsspezifische Unterschiede. Während 3,76 Millionen Männer als überschuldet gelten, sind es bei den Frauen mit 2,40 Millionen Fällen bei etwa gleicher Grundgesamtheit deutlich weniger Betroffene. Aktuell ist der Rückgang bei den Frauen größer als bei den Männern: Die Anzahl der Überschuldeten hat bei den Frauen um 10,9 Prozent abgenommen, bei den Männern um 9,7 Prozent. Es kann als gesichert gelten, dass Frauen weniger risikoaffin sind in finanziellen Fragen und dass Männer offensiver sind, wenn es um die Finanzierung von Ausgaben geht. Dabei mag offenbleiben, inwiefern hier tradierte Rollenverständnisse noch eine Rolle spielen. Tendenziell nimmt die Überschuldung bei Frauen über die letzten Jahre zu.

Drohende Altersarmut

Positive Nachrichten bestimmen auch die Überschuldung nach Altersgruppen. Ältere Verbraucher zwischen 60 und 69 Jahren weisen als einzige Altersgruppe einen Anstieg bei den Überschuldungen auf. Sie sind zu 7,3 Prozent beteiligt und registrieren ein Plus von knapp 0,3 Punkten. In absoluten Zahlen sind es rund 770.000 Fälle in dieser Altersgruppe – ein Plus von 44.000 Betroffenen. Dagegen weisen die jüngeren bis 30 Jahre alten Verbraucher den stärksten Rückgang bei der Quote auf (minus 2,65 Punkte). Auch in diesem Jahr bleibt es allerdings dabei, dass die Betroffenen zwischen 30 und 39 Jahren die meisten überschuldeten Konsumenten aufzuweisen haben. Die gute Entwicklung 2021 darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Problem der Altersarmut weiterhin virulent bleibt. Während die 18- bis 59-jährigen Überschuldeten ein Minus von 12 Prozent aufweisen, beträgt die Verbesserung bei den über 60-Jährigen nur ein Prozent.

Bei den Gründen zeigt sich, dass die Arbeitslosigkeit im Zeichen der Corona-Krise als Auslöser keine markante Rolle spielt. Hier haben Maßnahmen wie die Kurzarbeit manche Probleme in der Haushaltssituation der Bürger verhindert. Wenig verwunderlich dagegen, dass in der Epidemie Ursachen wie Erkrankung eine größere Rolle spielen als in den Vorjahren. Bei den Nennungen aller Auslöser für Überschuldung steht dieser Bereich mit 17,8 Prozent an zweiter Stelle aller Gründe.

Wie bei den Unternehmensinsolvenzen, so hat auch bei der Überschuldung der Konsumenten in der Krise durch Corona der staatliche Support eine große Rolle gespielt – neben der Konsumzurückhaltung der Bürger aufgrund der schwierigen Lage.

Quelle: Creditreform SchuldnerAtlas 2021



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