Presse, Fachbeiträge & Neuigkeiten

Hier finden Sie eine Übersicht unserer aktuellsten Veröffentlichungen.

Sind die Deutschen faul?

Beim Thema Arbeitsstunden liegt Deutschland im internationalen Vergleich auf den hinteren Rängen. Der Grund? Auf keinen Fall fehlender Fleiß.

KOLUMNE: Michael Hüther

Vielmehr sind hohe Steuern, starre Regeln und falsche Anreize die wahren Bremsklötze. In fast keinem OECD-Staat wird laut einer IW-Auswertung so wenig gearbeitet wie in Deutschland. Griechen arbeiten im Schnitt 135 Stunden mehr im Jahr als wir, Polen sogar knapp 270 Stunden. Und: In den meisten Ländern ist die durchschnittliche Arbeitszeit im vergangenen Jahrzehnt gewachsen. In Deutschland stagniert sie.

Doch wer daraus schließt, die Deutschen seien arbeitsscheu, liegt falsch. Als Ökonomen erklären wir volkswirtschaftliche Fehlentwicklungen nicht mit schlechtem Charakter oder unterstellten Motiven. Stattdessen schauen wir auf die Anreize. Und die stimmen tatsächlich nicht. Ein Beispiel: der steile Steuertarif bei mittleren Einkommen. Wer mehr arbeitet, muss einen progressiv wachsenden Teil seines Hinzuverdienstes an den Fiskus abgeben. Warum also zusätzliche Stunden leisten?

Tatsächlich zeigt eine aktuelle IW-Befragung meiner Kollegen Oliver Stettes und Holger Schäfer: An der Bereitschaft liegt es nicht. Rund drei Viertel der Beschäftigten sagen, sie würden grundsätzlich mehr arbeiten. Voraussetzung: niedrigere Steuern und Sozialabgaben. Mehr als die Hälfte von ihnen macht flexiblere Arbeitszeiten zur Bedingung. Auffällig zudem: Bei den unter 30-Jährigen sind fast neun von zehn bereit, mehr zu arbeiten.
 

Aktivrente kostet Milliarden

Das Lastenheft für die Regierung ist eindeutig: weniger Abgaben, mehr Flexibilität, vernünftige Anreize. Es ist begrüßenswert, dass die Koalition mit der sogenannten Aktivrente beim Thema Lebensarbeitszeit Veränderungswillen zeigt. Arbeitswillige Rentner könnten bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei hinzuverdienen.

Die ist allerdings ein teures Unterfangen ohne ordnungspolitische Begründung. Eine IW-Studie zeigt: Durch die Aktivrente entgehen dem Staat jährlich 2,8 Milliarden Euro. Und ob die Maßnahme geeignet ist, mehr ältere Erwerbstätige auf dem Arbeitsmarkt zu halten, ist mehr als fraglich. Denn: Finanzielle Motive spielen für ältere Erwerbstätige kaum eine Rolle.

Besser wäre es, Schwarz-Rot finge an, die dicken Bretter zu bohren.

Zum Beispiel: Das fernere Renteneintrittsalter an eine steigende Lebenserwartung binden oder die Frühverrentung nach 45 Beitragsjahren zügig aufgeben. Zudem muss längeres Arbeiten sich finanziell wieder richtig lohnen. Eine Steuerreform für die arbeitende Mitte ist nicht nur aus diesem Grund überfällig, nicht aber eine steuerliche Privilegierung der Rentner.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Kolumne: Michael Hüther



Creditreform Saarbrücken Pirmasens
KontaktKontakt