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Zahlungen werden aufgeschoben

Von der Arbeit freigesetzt sein und Kurzarbeitergeld beziehen – das betrifft nicht alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Millionen sind in Deutschland betroffen, doch während Beschäftigte etwa im Versicherungsgewerbe oder im Finanzsektor Arbeitsentgelt wie vor der Krise beziehen, finden sich in der Automobilindustrie, in der Unterhaltungsbranche oder in der Gastronomie viele Betroffene.

Dabei trifft es nicht nur Privatpersonen, sondern auch viele kleine Selbstständige, die zwar Soforthilfen beziehen können, aber wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand stehen. Was bedeutet die prekäre wirtschaftliche Lage für die Entwicklung der Insolvenzzahlen bei den Verbrauchern und Selbstständigen?

Creditreform hat Mitte Juni die Insolvenzzahlen für das erste Halbjahr 2020 veröffentlicht. Während es aber bei den Unternehmensinsolvenzen vor allem aufgrund der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht zu einem Rückgang der Fälle um mehr als 8 Prozent gekommen war, sind die Verbraucherinsolvenzen nur um 6 Prozent zurückgegangen. Hinzu kommen die „sonstigen Insolvenzen“, zu denen auch viele kleine Selbstständige zählen, die einmal ein Gewerbe ausgeübt haben und sich nun auf den Weg zu einer Entschuldung über ein vereinfachtes Insolvenzverfahren machen. In diesem Bereich des Insolvenzgeschehens kam es zu einem leichten Plus von 1,2 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Die Zahlen täuschen – auch bei den Verbrauchern

Wie bei den Unternehmensinsolvenzen auch, geben die Entwicklungen und die Zahlen nicht die wahre Situation im Hinblick auf die Zahlungsfähigkeit der Betroffenen wieder. Eine Ursache dafür, dass die Zahl der Insolvenzanträge von Verbrauchern in der Corona Krise nicht deutlich angestiegen ist, liegt darin begründet, dass Insolvenzen ein „nachlaufender Faktor“ sind. Noch Anfang 2020 war der Arbeitsmarkt trotz leichter Krisensymptome weitgehend stabil. Auch die Niedrigzinsen sorgten angesichts einer ungebrochenen Konsumlust und der Finanzierung vieler Güter dafür, dass die privaten Insolvenzen der Verbraucher weiterhin im langjährigen Trend zurückgingen. Die Folgen, die ein Millionenheer von Kurzarbeitern, aber auch Arbeitslose für die Insolvenzen bedeuten, sind kurzfristig noch nicht eingetreten.

Hinzu kommt, dass die Gerichtsbarkeit, die für die Insolvenzanträge und die Abwicklung der Verfahren zuständig ist, in der Krise teilweise ausgesetzt war und nicht im gewohnten Umfang zur Verfügung stand.

Wichtiger aber noch dürfte sein, dass der Gesetzgeber auch für Privatpersonen Regelungen auf den Weg brachte, mit denen die negativen Folgen der Covid-19-Pandemie abgemildert werden sollen. Diese hier aufgezeigten Maßnahmen im Finanzierungsbereich stehen neben weiteren Regelungen im Arbeitsrecht und dem Steuerrecht. Eine große Rolle spielt dabei, dass Verbrauchern und Kleinunternehmen ermöglicht wurde, ihre Mietzahlungen aufzuschieben. Dem Vermieter wurde das Recht genommen, aufgrund von ausstehenden Mieten die Kündigung auszusprechen. Dies betrifft gleichermaßen Wohnraum wie gewerblich genutzte Flächen. Ein Zahlungsaufschub ist auch bei Darlehensverträgen möglich. Auch hier können Raten- und Zinszahlungen zunächst verweigert werden. Es ist allerdings nachzuweisen, dass die Zahlungsengpässe in direktem Zusammenhang mit Problemen bedingt durch die Corona-Pandemie stehen. Und um den Gläubiger nicht allzu sehr zu strapazieren dürfen diese Rechte vom Schuldner nicht ausgeübt werden, wenn sie zu einer unzumutbaren Belastung des Gläubigers führen. Immerhin bleibt dem Schuldner ein Sonderkündigungsrecht.

Schuldnerfreundliche Regelungen verlängern?

Wie bei der Insolvenzantragspflicht ist dieses Recht zeitlich beschränkt auf den Zeitraum April bis Juni 2020. Allerdings sieht der Gesetzgeber vor, dass dieses Moratorium danach verlängert werden kann. Und: Die Zahlung der Miete ist nur ausgesetzt – der Mieter muss sie nachholen. In diesem Aufschub liegt der Grundstein für ein Hochschnellen der Insolvenzverfahren für Privatpersonen zu einem späteren Zeitpunkt, möglicherweise aber noch vor dem Ende des laufenden Jahres. Konfrontiert mit einem Berg aufgelaufener Miet- und Darlehensschulden wird vielen Betroffenen nichts anderes übrig bleiben, als den Weg zum Insolvenzgericht anzutreten. Die Rückgänge beim Einkommen und die Schulden, die sich aus Zahlungsaufschüben ergeben, werden zusammen für einen markanten Anstieg der Insolvenzverfahren bei Verbrauchern sorgen.