Die passende Rechtsform wählen

Die Rechtsform beeinflusst die Chancen bei Banken und anderen Geldgebern maßgeblich und wirkt sich auch auf die Bonität aus. Die wichtigsten Fragen, die sich Gründer stellen sollten.

Mit den richtigen Fragen die passende Rechtsform finden

Seit dem 1. August 2022 gibt es sie – die Möglichkeit, ein Startup per Videoschaltung zu gründen. Zumindest, wenn es sich um eine UG oder eine GmbH handelt, können sich Gründer nun den Gang zum Notar sparen. Seit Januar 2023 können auch Änderungen im Gesellschaftervertrag digital vorgenommen werden. 

Doch bürokratischer Aufwand ist nur ein Faktor, der bei der Wahl der Rechtsform für ein Startup entscheidend ist. Bei der Wahl der Rechtsform für ein Unternehmen spielen nicht nur Fragen nach dem Startkapital, der Zahl der Gründer und der persönlichen Haftung eine Rolle.

Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Fragen im Überblick.

Welche Rechtsformen gibt es?

Grundsätzlich wird in Einzelunternehmen, Personen- und Kapitalgesellschaften unterschieden.

Bei einem Einzelunternehmen handelt es sich in der Regel um eingetragene Kaufleute, Kleingewerbetreibende und Freiberufler. Eine Personengesellschaft entsteht, wenn sich mehrere Personen zusammenschließen. Der bürokratische und finanzielle Aufwand bei Einzelunternehmen und Personengesellschaften ist oft gering, das Unternehmertum kann aber ein hohes Risiko bergen. Zu den wichtigsten Personengesellschaften zählen die GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts), die KG (Kommanditgesellschaft), die OHG (Offene Handelsgesellschaft) sowie die GmbH & Co. KG (Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Kommanditgesellschaft). 

Bei Kapitalgesellschaften gestaltet sich die Gründung bürokratisch aufwendiger und – außer bei der Unternehmergesellschaft – finanziell anspruchsvoller. In der Regel wird eine Kapitaleinlage fällig – ein Stammkapital, das nach der Gründung aufgestockt werden kann oder muss.

Ausgewählte Rechtsformen und ihre Vor- sowie Nachteile

  • Einzelunternehmen

    Ein Einzelunternehmen entsteht automatisch bei der Geschäftseröffnung – wenn Kleingewerbetreibende ihr Gewerbe beim Gewerbeamt anmelden, beziehungsweise wenn sich gewerbetreibende Kaufleute dort anmelden und einen Handelsregistereintrag von einem Notar vornehmen lassen. Oder wenn ein Selbstständiger seine Selbstständigkeit beim Finanzamt anzeigt. 

    VorteileNachteile
    • Kein bürokratischer Aufwand einer Gründung
    • Kein Mindestkapital
    • Einfacher Einstieg – zum Beispiel für Freiberufler, Kleingewerbetreibende und Handwerker
    • Keine Abstimmung mit Partnern
    • Haftung mit dem Privatvermögen
    • Vergleichsweise schwerer Zugang zu Krediten
    • Kein Sparringspartner

     

  • Personengesellschaften: Die GbR

    Eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) entsteht automatisch, wenn sich zwei oder mehrere Freiberufler, (Klein-) Gewerbetreibende, Ärzte zusammenschließen und zusammenarbeiten. Gewerbetreibende müssen sich einzeln beim Gewerbeamt anmelden, ein Handelsregistereintrag ist nicht notwendig.

    VorteileNachteile
    • Kein bürokratischer Aufwand einer Gründung
    • Kein Mindestkapital
    • Haftung mit dem Privatvermögen aller Gesellschafter sowie dem Vermögen der Gesellschaft (falls vorhanden)
    • Da ein Vertrag nicht zwingend vorgeschrieben ist, wird das Thema schnell vernachlässigt. Nichtsdestotrotz ist er meist unerlässlich – allein um Haftungsfragen zu klären und die Frage, wie Entscheidungen in der GbR getroffen werden sollen. 

     

  • Personengesellschaften: Die PartG

    Die PartG (Partnergesellschaft) ist im Prinzip eine GbR, deren Haftung beschränkt werden kann. Sie richtet sich an Angehörige Freier Berufe, die sich zusammenschließen. Die Gesellschafter regeln vertraglich, dass nur die Partner haften, die einen Auftrag verantwortet haben.

    VorteileNachteile
    • Kein Mindestkapital notwendig 
    • Persönliche Haftung kann teilweise ausgeschlossen werden 
    • Ein Notar muss die Anmeldung im Partnerschaftsregister vornehmen 
    • Ein Vertrag ist Pflicht 
    • Ist nur für Freie Berufe vorgesehen, wenn es das jeweilige Berufsrecht zulässt 

     

  • Personengesellschaften: Die OHG

    Im Gegensatz zur GbR ist die OHG (Offene Handelsgesellschaft) eine Rechtsform, die sich nicht für Freiberufler und Kleingewerbetreibende eignet – ihnen ist es nicht erst erlaubt, eine OHG zu gründen. Die OHG richtet sich an Kaufleute. Sie kann von zwei oder mehreren natürlichen oder juristischen Personen gegründet werden und entsteht bei der Eintragung ins Handelsregister. Auch ein „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ muss ausgefüllt und ans Finanzamt übermittelt werden. Jeder Gesellschafter muss sein Gewerbe einzeln anmelden.

    VorteileNachteile
    • Kein Mindestkapital notwendig 
    • Hohes Ansehen wegen persönlicher Haftung 
    • Für den vorgeschriebenen Handelsregistereintrag fallen Notarkosten an, sowie Kosten für den Eintrag selbst
    • Haftung mit dem Privatvermögen aller Gesellschafter sowie dem Vermögen der Gesellschaft (falls vorhanden)
    • Ein Vertrag ist meist unerlässlich – nicht nur, um Haftungsfragen zu klären und die Frage, wie Entscheidungen in der GbR getroffen werden sollen – sondern auch, weil Banken und andere Geschäftspartner ihn wahrscheinlich sehen wollen. 

     

  • Personengesellschaften: Die KG

    Die KG (Kommanditgesellschaft) eignet sich für Unternehmer, die sich zwar finanzstarke Partner wünschen, sie aber nicht in Führungsfragen einbeziehen möchten. Sie besteht aus einem oder mehreren Komplementären (persönlich voll haftender Gesellschafter) und einem oder mehreren Kommanditisten (beschränkt haftende Gesellschafter). Handelsregistereintrag und vorheriges Treffen aller Gesellschafter beim Notar sind Pflicht. 

    VorteileNachteile
    • Kein Mindestkapital notwendig 
    • Kommanditisten haften nur bis zur Höhe ihrer Kapitaleinlage 
    • Geschäftliche Entscheidungen werden nur von Komplementären getroffen  
    • Gesellschaftervertrag ist zwar vorgeschrieben, aber formfrei 
    • Komplementäre haften mit ihrem Privatvermögen 
    • Gesellschaftervertrag ist zwar vorgeschrieben, aber formfrei 
    • Notarkosten 

     

  • Kapitalgesellschaften: Die GmbH

    Die GmbH (Gesellschaft mit beschränkter Haftung) zählt zu den beliebtesten Rechtsformen für Gründer. Mit dieser Rechtsform können sie ihre Haftung beschränken. Für den Gesellschaftervertrag kann eine Vorlage genutzt werden. Eine notarielle Beurkundung ist Pflicht.  

    VorteileNachteile
    • Online-Gründung möglich 
    • Keine persönliche Haftung (bzw. nur bis zur Höhe der Kapitaleinlage in die Gesellschaft) 
    • Muss nicht zwingend von dem/den Gründer/n geführt werden  
    • Gründungsformalitäten und Buchführung aufwendiger als bei anderen Rechtsformen 
    • Stammkapital beträgt 25.000 Euro, die Hälfte muss bei der Gründung eingezahlt werden 

     

  • Kapitalgesellschaften: Die UG

    Die UG (Unternehmergesellschaft, haftungsbeschränkt) ist eine Unterform der GmbH, die mit einer Kapitaleinlage von mindestens einem Euro gegründet werden kann. Bis ein Stammkapital von 25.000 Euro erreicht ist, dürfen lediglich 80 Prozent des Gewinns ausgeschüttet werden. 

    VorteileNachteile
    • Online-Gründung möglich 
    • Keine persönliche Haftung (bzw. nur bis zur Höhe der Kapitaleinlage in die Gesellschaft) 
    • Muss nicht zwingend von dem/den Gründer/n geführt werden  
    • Geringe initiale Einzahlung 
    • Gründungsformalitäten und Buchführung aufwendiger als bei anderen Rechtsformen 
    • Hohe Insolvenzgefahr bei zu geringer Kapitalausstattung 

     

  • Kapitalgesellschaften: Die AG

    Die AG (Aktiengesellschaft) eignet sich für größere Unternehmen, die sich Zugang zu zusätzlichem Eigenkapital offenhalten wollen. Es wird mindestens eine Person zur Gründung benötigt sowie drei Aufsichtsräte. 

    VorteileNachteile
    • Haftung ist auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt (ggfs. kommt eine persönliche Haftung des Vorstands hinzu)
    • Lässt sich einfach durch die Übertragung von Aktien übergeben – zum Beispiel im Fall einer Nachfolge 
    • Sehr umfangreiche Formalitäten und Gründungskosten
    • Stammkapital von mindestens 50.000 Euro
    • Entscheidungsbefugnis ist durch den Aufsichtsrat beschränkt 

     

Mit anderen gründen oder alleine?

Manche Rechtsformen eignen sich besser (oder sind nur möglich), wenn man mit mehreren Personen gründet und manche nur, wenn man alleine gründet. Wenn man mit anderen Personen gründet, sollte man sich im Vorfeld darüber Gedanken machen, wie Entscheidungen getroffen werden sollen – also zum Beispiel ob alle Gründer gleichberechtigt über alles mitentscheiden oder ob es Abstufungen gibt. Obwohl ein Vertrag nicht immer vorgeschrieben ist, sollte er in Erwägung gezogen werden, sobald mehrere Personen zusammen gründen. Auch Fragen der Haftung sollten im Vorfeld geklärt und festgehalten werden.

Kommt eine persönliche Haftung infrage?

Dass der Aufwand bei den Rechtsformen so unterschiedlich ist, liegt maßgeblich an der unterschiedlichen Art der Haftung. Eine persönliche Haftung wird nur bei Kapitalgesellschaften ausgeschlossen, sie haften mit dem Gesellschaftsvermögen. Wenn das „aufgebraucht“ ist, gehen die Gläubiger leer aus. Die höheren finanziellen und bürokratischen Hürden bei der Gründung liegen auch an dem Anspruch, Gläubiger bestmöglich zu schützen.

Ein Einzelunternehmen und Personengesellschaften hingegen haften mit dem Privatvermögen der beteiligten Personen. Im Falle einer Insolvenz geht ein Teil dieses Vermögens auf die Gläubiger über – oder sogar das gesamte. Im schlimmsten Fall verschulden sich die Unternehmer bis hin zur Privatinsolvenz. Wer eine dieser Gesellschaftsformen erwägt, sollte im Vorfeld den Worst Case möglichst gut herausarbeiten, um das finanzielle Risiko besser einschätzen zu können: Was ist die höchste Haftungssumme, die auf den oder die Gründer zukommen kann? Sind Sie bereit, Ihr Privatvermögen dafür aufzubringen? Wäre es genug?
 

Unternehmensinsolvenzen nach Rechtsformen

Die nebenstehende Grafik zeigt, welche Unternehmen mit welchen Rechtsformen besonders von Insolvenzen betroffen sind. Mit einem Anteil von 44,1 Prozent waren Unternehmen der Rechtsformen „Gewerbebetrieb“, „Einzelunternehmen“ und „Freie Berufe“ in 2022 zusammen erneut am stärksten von Insolvenz betroffen. Mit einem Anteil von 38,3 Prozent folgt die GmbH. Dabei verzeichnet diese Rechtsform einen höheren Anteil am nationalen Insolvenzgeschehen als im Vorjahr. Diese Entwicklung korrespondiert mit dem Zuwachs der Insolvenzzahlen im Mittelstand. Weiter erhöht hat sich der Anteil der UG (von 10,6 auf 11,4 Prozent). Nahezu jede neunte Unternehmensinsolvenz in Deutschland betrifft demnach ein Unternehmen, das als UG firmiert. Dabei hat diese Rechtsform am gesamten Unternehmensbestand in Deutschland nur einen geringen Anteil von rund 4 Prozent. 

Wie hoch ist Ihr Kapitalbedarf?

Ebenso tun Gründer gut daran, möglichst genau zu ermitteln, wie viel Geld sie benötigen, um ihr Unternehmen ans Laufen zu bekommen. Wer ein Restaurant eröffnet, braucht Startkapital, um Räume zu mieten und sie einzurichten. Er braucht ein Kassensystem, Personal, Marketing und vieles mehr. Wahrscheinlich ist auch eine gewisse Durststrecke zu durchlaufen, bis der Geschäftsbetrieb einen Umsatz abwirft, der hoch genug ist, um die Kosten zu decken. Gegebenenfalls dauert es noch länger, bis der oder die Gründer sich das erste Gehalt auszahlen können. 

Je nachdem, ob Sie ein Einzelunternehmen gründen, eine Personengesellschaft oder eine Kapitalgesellschaft müssen Sie gegebenenfalls auch eine Kapitaleinlage aufbringen – bei einer GmbH beispielsweise werden 25.000 Euro fällig, von denen die Hälfte bei der Gründung zu zahlen ist. 

Selbst Freiberufler sollten sich über diese Frage Gedanken machen. Sie müssen zwar als Einzelunternehmer kein Mindestkapital einbringen und Ihre Kosten sind mitunter gering. Trotzdem ist es möglich, dass Sie einnahmenschwache Phasen (wenig Aufträge, Kunde zahlt nicht fristgemäß) überbrücken müssen. 

Wie decken Sie den Kapitalbedarf?

Sollten Gründer und eventuell vorhandene Mitgründer diesen Bedarf nicht aus Eigenmitteln decken können oder wollen, gibt es verschiedene Möglichkeiten der Finanzierung – Bankkredite, Investoren, Fördermittel, Leasing etc. Auch hier spielt der Schutz von Geschäftspartnern und deren Forderungen eine Rolle, der auch mit der Rechtsform zusammenhängt. Als besonders ausfallsicher gelten die Rechtsformen, bei denen Sie privat haften. Bei Kapitalgesellschaften spielt die Höhe der Einlage eine Rolle. Bei der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), die mit nur einem Euro gegründet werden kann, muss die Klammer sogar in der Firma geführt werden. Eine Abkürzung ist nicht erlaubt. So sollen mögliche Geschäftspartner auf die eventuell geringe Aussicht aufmerksam gemacht werden, dass im Falle einer Insolvenz gegebenenfalls eine sehr geringe Insolvenzmasse vorhanden ist, um offene Forderungen zu decken und sie leer ausgehen können.

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