Wirtschaftslage im Handwerk Wirtschaftsforschung Pressemeldung

Wirtschaftslage und Finanzierung im Handwerk 2021/22

Das deutsche Handwerk hat sich sichtlich erholt und die Stimmungslage ist positiv. Corona hat allerdings tiefe Spuren hinterlassen – die Eigenkapitalquoten sind geschmolzen und damit ist die Widerstandsfähigkeit gegen weitere Krisen gesunken. Lieferengpässe sowie drastisch steigende Material- und Rohstoffkosten werden zudem die Inflation weiter anheizen. Dabei spielt das Handwerk bei der Umsetzung wichtiger Zukunftsprojekte eine maßgebliche Rolle.

 

Handwerkskonjunktur im Aufwind

Das Handwerk blickt zuversichtlich nach vorn. Das ergab eine Umfrage der Creditreform Wirtschaftsforschung unter rund 1.300 Handwerksbetrieben in Deutschland. Danach schätzten 70,4 Prozent der Befragten die aktuelle Geschäftslage mit sehr gut bzw. gut ein (Vorjahr: 62,7 Prozent). Die Erwartungen haben sich spürbar aufgehellt. So rechnen 41,3 Prozent der Befragten für 2022 mit höheren Umsätzen als im Vorjahr und nur 8,4 Prozent erwarten einen Umsatzrückgang. „Das Handwerk schöpft wieder neuen Mut und bewertet seine Lage deutlich besser als vor einem Jahr“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. Die Betriebe spürten eine deutlich verbesserte Stimmung im Vergleich zum Frühjahr 2021. Damals hätten noch Unsicherheiten über den Verlauf der Corona-Pandemie das Bild bestimmt und die Geschäftserwartungen der Betriebe entsprechend gedämpft. „Der genaue Blick auf den Zustand des Handwerks sei auch deshalb enorm wichtig“, so Hantzsch, „weil die Umsetzung wichtiger Zukunftsprojekte, wie beispielsweise der Energiewende, von der Leistungsfähigkeit dieses Wirtschaftssektors abhingen“.

Investitionsfreude im Handwerk

Die Investitionsbereitschaft im Handwerk liegt aktuell deutlich höher als im Vorjahr. 58,2 Prozent der Befragten wollen in den nächsten Monaten investieren (Vorjahr: 49,5 Prozent). Stärker als im Vorjahr legen die Betriebe den Fokus auf Erweiterungsinvestitionen (54,1 Prozent; Vorjahr: 49,4 Prozent). Die Personalplanungen der Betriebe verdeutlichen den wiedererstarkten Optimismus: 27,3 Prozent der Befragten haben angekündigt, die Zahl der Beschäftigten im nächsten Halbjahr aufstocken zu wollen (Vorjahr: 20,6 Prozent). „Eine wichtige Stütze der Handwerkskonjunktur in den nächsten Monaten dürfte das Metallhandwerk und Handwerk des gewerblichen Bedarfs sein“, betont Hantzsch. In diesem Bereich sind die Umsatzerwartungen besonders positiv und die Personalplanungen entsprechend expansiv.

Stresstest „Corona“ bestanden?

Ein weiterer positiver Befund der aktuellen Creditreform Analyse: Das Zahlungsverhalten in Deutschland bleibt weiter stabil. Die Corona-Krise hatte bislang wenig Auswirkungen. Größere Forderungsausfälle wurden aus dem Handwerk vergleichsweise selten gemeldet (8,1 Prozent; Vorjahr: 10,0 Prozent) und 21,2 Prozent der Befragten hatten gar keine Ausfälle zu beklagen (Vorjahr: 19,0 Prozent). Doch es gibt auch deutliche Schleifspuren: „Corona hat die Eigenkapitalquoten im Handwerk schmelzen lassen, wenn auch mit Verzögerung“, sagt Creditreform Sprecher Hantzsch. Aktuell sei der Anteil eigenkapitalschwacher Firmen so hoch wie seit 2014 nicht mehr. So erhöhte sich der Anteil der Betriebe mit einer niedrigen Eigenkapitalquote (unter 10 Prozent) auf 34,3 Prozent (Vorjahr: 32,4 Prozent). Gleichzeitig wurde nur noch bei 22,1 Prozent der Befragten eine Eigenkapitalquote von über 30 Prozent registriert (Vorjahr: 23,6 Prozent). Diese Quote sorgt gemeinhin für eine gute Unternehmensstabilität und ist ein wichtiger Krisenpuffer. „Angesichts der teilweise starken Einschränkungen infolge der Corona-Maßnahmen scheint die Eigenkapitaldecke im Handwerk insgesamt aber gehalten zu haben“, betont Hantzsch. So nahm 2021 die Zahl der Handwerksinsolvenzen weiter ab (minus 10,8 Prozent). Insgesamt wurden im Jahresverlauf 2.890 Insolvenzen von Handwerksbetrieben registriert (2020: 3.240).

Kostenexplosion bremst das Handwerk

Als starke Entwicklungshemmnisse für das Handwerk wurden der Fachkräftemangel sowie (inflationsbedingte) Kostensteigerungen genannt. Die Teuerungen machten sich vor allem beim Material, den Kraftstoffen und der Energie bemerkbar. Nur zum Teil konnten die Betriebe diese Mehrkosten ausgleichen (52,2 Prozent). Vor diesem Hintergrund droht in den kommenden Monaten erneut Ungemach für die finanzielle Stabilität, sollte sich der Kostenanstieg weiter verstärken.

Große Sorgen verursacht auch ein Dauerthema mit neuer Dynamik. Der Fachkräfte- und Personalmangel wird beflügelt durch den demografischen Wandel und Nachwuchssorgen. Mit Ausbildung, höheren Gehältern und ausländischen Arbeitskräften versuchen die Handwerksbetriebe dem Mangel entgegenzuwirken. Derzeit hat die Mehrzahl der befragten Handwerksbetriebe (83,0 Prozent) Schwierigkeiten, Fachkräfte bzw. Berufsnachwuchs zu finden.