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„Jawohl Chefin!“ – Frauen-Führung im Mittelstand

Gesetze in Deutschland haben dafür gesorgt, dass der Anteil von Frauen in Führungspositionen bei Großunternehmen gestiegen ist. Fast jedes siebte Mitglied eines Vorstandes und jedes dritte eines Aufsichtsrates ist eine Frau.

Und auch im öffentlichen Dienst hat der Anteil von Frauen in Führungspositionen dank des Bundesgremienbesetzungsgesetzes und des Bundesgleichstellungsgesetzes so zugenommen, dass er mittlerweile 43 Prozent zählt. Wie aber sieht es in der Vielzahl von mittelständischen Unternehmen aus, in denen der Anteil von Frauen nur am Rande gesetzlich geregelt ist? Nun ergibt sich ein Verbot von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts schon aus dem Grundgesetz, aber fraglich ist, ob die allgemeinen Grundrechte der Gleichstellung tatsächlich im betrieblichen Alltag der vielen kleinen und mittleren Betriebe auch im Hinblick auf die Besetzung von Leitungsfunktionen eingehalten werden. Die Creditreform Wirtschaftsforschung hat bei über 2,9 Millionen Unternehmen untersucht, inwieweit tatsächlich Inhaber, Geschäftsführer, Gesellschafter oder Betriebsleiter von Frauen gestellt werden. Unter Mittelständlern sind Unternehmen zu verstehen, die höchstens 43 Millionen Euro Umsatz im Jahr erwirtschaften und weniger als 250 Beschäftigte zählen. Dabei ist zu beachten, dass der größte Teil der analysierten Betriebe deutlich kleiner ist – ein Großteil beschäftigt weniger als zehn Mitarbeiter und bewegt sich allenfalls im einstelligen Millionenumsatz.

Konstant bei einem Fünftel

Grundlage der Ergebnisse ist die Creditreform Wirtschaftsdatenbank, die größte Unternehmensdatenbank in Deutschland, die als Basis der Wirtschaftsauskunft gerade auch kleine Unternehmen weitgehend erfasst. Es liegt also keine Befragung zugrunde, die bei einem so sensiblen Thema die Befragten leicht dazu verführen könnte, in ihren Antworten ein positiveres Bild der Wirklichkeit zu zeichnen und den Frauenanteil zu erhöhen.

Mehr als ein Fünftel der knapp 3 Millionen mittelständischen Unternehmen wird von einer Frau geleitet oder mitgeleitet (22,8 Prozent). Nun wäre echte Gleichberechtigung erst gegeben, wenn sich der Frauenanteil entsprechend zum Gesamtbevölkerungsanteil auf die Hälfte belaufen würde. Dennoch sollten die Zahlen nicht zu pessimistisch stimmen. Creditreform hat bereits 2011 eine solche Untersuchung durchgeführt – vor zwölf Jahren befanden sich erst 18,9 Prozent der Frauen im Mittelstand in Führungspositionen. Während andere forschende Institutionen gerade in den letzten Jahren eine Stagnation der Frauenquote sehen, ist über den längeren Zeitraum doch eine Verbesserung zu erkennen. Und dass der Fortschritt nur im Schneckentempo vorankommt, wird derzeit bei vielen Themen, etwa in der Digitalisierung oder beim Schutz der Umwelt, beklagt.

Auch der Research-Bereich der KfW beschäftigt sich mit der Rolle von Frauen als Führungskräfte, zeigt aber zwischen 2006 (19,0 Prozent) und der jüngsten Untersuchung von 2022 (19,7 Prozent) kaum eine Verbesserung. Dabei spielt laut KfW das Gründungsgeschehen eine Rolle: Seit 20 Jahren, seit dem Jahr 2000, liegt der Anteil von Frauen am gesamten Gründungsgeschehen bei rund 40 Prozent. In absoluten Zahlen jedoch hat sich der Anteil der Gründerinnen in diesem Zeitraum halbiert. Wurden 2001 noch 578.000 Existenzgründungen von Frauen durchgeführt, sind es nunmehr nur noch gut 250.000. Darin spiegelt sich die Tatsache, dass Deutschland immer „gründungsärmer“ wird. Es handelt sich also bei diesem Rückgang nicht um ein geschlechterspezifisches Phänomen.

Branchen mit tradiertem Frauenbild

Ausdruck von klassischen Geschlechterrollen sind aber wohl doch die Branchen, in denen Frauen Führungsverantwortung im Mittelstand übernehmen. Tätig sind sie vor allem im Dienstleistungssektor an der Spitze eines Betriebes. Den höchsten Frauenanteil in Führungspositionen zählt die Branche „Gesundheits- und Sozialwesen“ mit 51,0 Prozent. Dies ist auch der einzige Wirtschaftsbereich, in dem Frauen in der Führung überwiegen. Unternehmen in den Bereichen „Erziehung und Unterricht“ (36,7 Prozent), „Gastgewerbe“ (30,4 Prozent) sowie „Kunst, Unterhaltung und Erholung“ (29,7 Prozent) werden auch in beträchtlichem Maße von Frauen geführt. Bei diesen Zahlen ist aber auch zu bedenken, dass sich die Ablösung von traditionellen Frauenberufen nur sehr langsam vollzieht, ebenso langsam wie ein Aufstieg in eine Führungsposition. Die Affinität zu einer bestimmten, mit dem Bild einer Frau in Verbindung gebrachten Ausbildung schlägt also auch noch nach vielen Jahrzehnten, durch. Insofern ist es nicht überraschend, dass etwa im Baugewerbe der geringste Anteil von Frauen in Führungspositionen mit 7,3 Prozent zu registrieren ist. Das Verarbeitende Gewerbe insgesamt kommt ebenfalls nur auf 14,8 Prozent. Verwunderlich ist eher, dass auch im Bereich „Finanz- und Versicherungsdienstleistungen“ der Frauenanteil in Führungspositionen nur 16,0 Prozent beträgt. Dieser Wert ist nur ein wenig höher als bei der Branche „Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden“ (15,4 Prozent).

Wie lange kulturelle Vorgaben noch nachwirken können, zeigt schließlich der Unterschied zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern. Während in Sachsen-Anhalt (25,0 Prozent), in Mecklenburg-Vorpommern (24,7 Prozent) oder in Sachsen (24,0 Prozent) überdurchschnittliche Werte erzielt werden konnten, sind sie dagegen in Bremen mit 21,6 Prozent oder in Bayern mit 21,7 Prozent unterhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts.

Heute unvorstellbar sind die Konventionen der Nachkriegszeit und des Wirtschaftswunders. Frauen, die berufstätig waren, mussten sich dafür verteidigen – das galt erst recht für Ehefrauen. Ehemänner hatten sich fragen zu lassen, ob sie nicht genug für ihre Familie verdienten, wenn ihre Frau berufstätig war. Von Frauen in Führungspositionen war keine Rede. Das hat sich grundlegend geändert, doch der Weg bleibt lang und steinig.

Quelle: Creditreform Wirtschaftsforschung, KfW Research