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Amerika – das Land der unbegrenzten Schulden

Befürchtungen, dass die niedrigen Zinsen zum Schuldenmachen verführen, sind nicht von der Hand zu weisen.

Staaten, Unternehmen und schließlich auch die Verbraucher könnten die geringen Kosten für einen Kredit nutzen und sich schließlich überschulden. Trotz einer nach wie vor hohen Überschuldungsquote in Deutschland zeigen sich die Konsumenten hierzulande eher solide. Im internationalen Vergleich ist die Aufnahme von Konsumentenkrediten für Möbel, Autos und Reisen in Deutschland vergleichsweise gering. Während in Großbritannien die Schulden im Verhältnis zum Haushaltseinkommen zuletzt von 13,6 auf 15,2 Prozent stiegen und auch in Spanien noch ein Plus von 1,1 Prozentpunkten zu registrieren war, gab es in Deutschland sogar einen Rückgang von 10,1 auf 9,4 Prozent. Sicher hat dies auch mit den steigenden Einkommen der Bürger zu tun, die in den letzten Jahren erreicht wurden. Dennoch bleibt festzuhalten: Die Deutschen sind bei Privatkrediten zurückhaltender als die Bürger in vielen anderen EU-Staaten.

Sparmentalität

Eine weitere Zahl zeigt, wie gering die Schulden der Privathaushalte im Verhältnis zum gesamten Bruttoinlandsprodukt 2019 im ersten Quartal ausfallen. In Deutschland liegt der Anteil der privaten Schulden bei 53 Prozent des BIP, in Frankreich bei 60,3 Prozent und in Spanien bei 58,4 Prozent. Nur die Italiener – bei den Unternehmensschulden und den notleidenden Krediten ein Problemfall – zeigen bei den Schulden der Privathaushalte noch eine bessere Zahl: Nur 41,1 Prozent beträgt die Summe im Verhältnis zum BIP. Dabei ist der Wert in Deutschland in den letzten 20 Jahren von rund 70 Prozent auf aktuell um die 50 Prozent zurückgegangen. Ein Treiber für die private Überschuldung sind die günstigen Zinsen für die Verbraucher in Deutschland also nicht.

Ganz anders stellt sich die Situation bei den amerikanischen Konsumenten dar. Amerikaner haben sich im Verhältnis zu ihrem Einkommen auf 26 Prozent verschuldet. Ein Wert der ungefähr doppelt so hoch liegt wie der der europäischen Verbraucher. Welche Sprengkraft in der hohen Überschuldung der US-Verbraucher liegt, wird nicht nur mit einem Blick zurück auf die Finanzkrise von vor zehn Jahren deutlich. Damals hatte eine Immobilienblase die hochverschuldeten Besitzer zu Notverkäufen gezwungen und eine weltweite Krise ausgelöst. In den USA liegt die kreditfinanzierte Konsumquote bei rund zwei Dritteln des BIP.

Konjunktur auf Pump

Und noch weitere Zahlen zeigen, wie brisant die Situation in den Vereinigten Staaten durch den Konsumentenkredit geworden ist. Dabei bleibt festzuhalten, dass die Binnenkonjunktur der amerikanischen Konsumenten etwa 17 Prozent des globalen BIP ausmacht. Der Konsum im amerikanischen Einzelhandel wächst weiter – allmonatlich werden neue Umsatzrekorde genannt, hinzu kommt ein kräftiges Plus beim Autohandel. Im Sommer haben die Amerikaner einen Schuldenberg von 13,9 Billionen Dollar angehäuft. Alleine im letzten Quartal waren es noch einmal 192 Milliarden Dollar neuer Schulden, die dazu kamen. Insgesamt wurden in den letzten 20 Quartalen in Folge die privaten Verbindlichkeiten gesteigert. Eine Situation, die es so zuletzt vor dem Ausbruch der Finanzkrise 2018 gab.

Apropos Finanzkrise: Auch das Volumen der Hypothekenkredite hat nun den Höchststand vor der Krise im dritten Quartal 2008 übertroffen. Lag der Schuldenberg vor über zehn Jahren bei 9,3 Billiarden Dollar, so ist er nun im zweiten Quartal 2019 auf 9,4 Billionen Dollar gestiegen. Für die Amerikaner ist das Eigenheim ein Hebel, um an weitere Konsumentenkredite zu kommen. Sie rechnen den steigenden Wert ihres Hauses aus und leihen auf dieser Basis weiteres Geld für den Konsum. Ein riskantes Spiel, das den Deutschen fremd ist. In Deutschland lässt der Bürger sein Geld eher auf dem Girokonto oder Sparbuch liegen, als es in Wertpapiere zu investieren. Aktien erscheinen ihm zu riskant.

Quelle: Deutsche Bundesbank (u. a.)