Inkassoverfahren: Wie es funktioniert

Werden Rechnungen nicht bezahlt, bleibt der Gläubiger auf seinem Geld sitzen – oder er setzt auf Inkasso. Hier erklären wir alles rund um das Inkassoverfahren und beantworten die wichtigsten Fragen.

Bedeutung und Zweck eines Inkassoverfahrens

Laut Creditreform Zahlungsindikator Deutschland Winter 2023/24 entlasten Längerzahlungsfristen Ihre Schuldner zwar durch längere Zahlungfristen, insgesamt blieben die Forderungen im Schnitt über 40 Tage offen. "Jeder zusätzliche Tag, die eine Rechnung verspätet bezahlt wird, belastet die Liquidität des Lieferanten“, kommentiert Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung, die aktuellen Daten. Auch wenn der Wert einer zu spät bezahlten Rechnung sich deutlich verringert habe, bleibe das Volumen der Außenstände weiterhin auf einem hohen Niveau. Um die offenen Forderungen zu verringern ist die Übergabe an einen Inkassodienstleister für viele Unternehmen die Lösung.

Inkassoverfahren: Warum es sich lohnen kann

Einige Unternehmen scheuen sich allerdings auch, Inkasso zu nutzen – etwa aus Sorge davor, gute Kunden zu verärgern oder aus Unwissenheit darüber, welche Voraussetzungen  überhaupt erfüllt sein müssen. Doch offene Forderungen sollten sie nicht als kleineres Übel abtun. Der Forderungsausfallrechner von Creditreform macht deutlich, wie teuer Außenstände wirklich sind und warum es sich schnell lohnen kann, ein Inkassobüro zu beauftragen. Im Schnitt war eine überfällige Rechnung im zweiten Halbjahr 2023 1.955 Euro wert.

Ziel eines Inkassoverfahrens

Inkassoverfahren sind ein wichtiges Instrument des Forderungsmanagements. Der Name leitet sich aus dem italienischen Verb „incassare“, auf Deutsch einkassieren, ab. Sobald Kunden oder Geschäftspartner ihre offenen Rechnungen trotz mehrfacher Mahnung nicht bezahlen, haben Gläubiger die Möglichkeit, Inkasso zu nutzen. Dann beauftragen sie in der Regel spezialisierte Dienstleister wie Creditreform damit, ihre Forderung zu realisieren.

Das Ziel eines Inkassoverfahrens ist es, die ausstehenden Zahlungen ohne rechtliche Schritte einzutreiben und den Gläubiger vor finanziellen Verlusten zu schützen. Das gelingt. Laut Zahlen des Bundesverbands Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU)  werden jährlich rund 20 Millionen Forderungen an dessen Mitgliedsunternehmen übergeben und sechs Milliarden Euro an offenen Forderungen realisiert.

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Gesetzliche Regelungen, Bestimmungen & Voraussetzungen zum Inkassoverfahren

In Deutschland ist die Tätigkeit von Inkassodienstleistern gesetzlich geregelt. Zudem haben sich die 500 Mitgliedsunternehmen des BDIU einem sogenannten Code of Conduct verpflichtet. Er beschreibt Verhaltensregeln, die die Transparenz und Seriosität von Inkassodienstleistern gewährleisten.

Grundvoraussetzung dafür, dass ein Inkassoverfahren beginnen kann: Die Forderung muss berechtigt sein. Ihr muss also ein Geschäft vorausgegangen sein, bei dem das Unternehmen seinem Kunden eine Ware oder Dienstleistung nicht nur verkauft, sondern auch geliefert hat. Hat sich der Kunde beschwert oder Gewährleistungsmängel angemeldet, ist die Forderung unter Umständen noch nicht berechtigt. Ebenso muss die Rechnung korrekt ausgestellt und dem Kunden tatsächlich auch zugestellt worden sein.

Ist das der Fall und die Rechnung wird über das gesetzte Zahlungsziel hinaus nicht bezahlt, sollte im nächsten Schritt eine Mahnung verschickt werden. Darin wird der Gläubiger erneut zur Zahlung aufgefordert. Zudem sollten Unternehmen bereits im ersten Mahnschreiben Inkasso ankündigen. Dann ist klar, dass die nächste Mahnung von einem Inkassodienstleister kommt und Gebühren sowie ein außergerichtliches oder sogar gerichtliches Inkassoverfahren mit sich bringt.

Was unterscheidet außergerichtliche und gerichtliche Inkassoverfahren?

Beim außergerichtlichen Inkassoverfahren versuchen Inkassodienstleister, die Forderung ohne gerichtliche Hilfe einzutreiben. Creditreform beginnt dabei zunächst mit einer Analyse der wirtschaftlichen Situation des Schuldners und seiner Bonität. Darauf abgestimmt wird das Mahnverfahren schriftlich fortgeführt.

So leiten Sie ein Inkassoverfahren ein

Sobald eine Rechnung überfällig ist, ist es üblich, dass Unternehmen zunächst eine Zahlungserinnerung mit einer neuen Rechnungsfrist versenden. Bleibt auch diese Erinnerung unbeachtet, sollten eine erste und eine zweite Mahnung folgen – erst danach ein Inkassoverfahren          

Um das Inkassoverfahren einzuleiten, muss die offene Forderung an einen Inkassodienstleister wie Creditreform abgetreten werden. Das kann klassisch per Post, per Fax oder per E-Mail erfolgen. Creditreform bietet im Portal Meine Creditreform auch die Möglichkeit an, Inkassofälle direkt online einzureichen. Die Vorteile dabei: Alle nötigen Dokumente wie Rechnungen, Mahnungen, weiterer Schriftverkehr können direkt hochgeladen werden. Während des Verfahrens können Unternehmer den Sachstand online permanent einsehen.

So leiten Sie ein gerichtliches Mahnverfahren ein

Ein gerichtliches Mahnverfahren kann nur eingeleitet werden, wenn der Schuldner auf vorherige Mahnungen nicht reagiert. Dafür muss beim zuständigen Amtsgericht ein schriftlicher Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids gestellt werden. Darin müssen genaue Angaben zum Antragsteller, zum Antragsgegner, zur Höhe der offenen Forderung und zu den Fälligkeitsdaten von bisherigen Rechnungen und Mahnungen gemacht werden. Bei weiterer Nichtzahlung kann ein Vollstreckungsbescheid beantragt werden, bis hin zur Zwangsvollstreckung durch einen Gerichtsvollzieher.

Ablauf eines Inkassoverfahrens

Das Inkassoverfahren beginnt bei Creditreform mit der Analyse der wirtschaftlichen Situation des Schuldners. Sie liefert oft schon wichtige Hinweise darauf, warum die Rechnung noch nicht bezahlt wurde. Der Schuldner könnte zum Beispiel Lieferantenkredite großzügig zu seinen Gunsten ausnutzen. Oder aber er ist selbst von Zahlungsausfällen bei eigenen Kunden betroffen. Auch die Eigenkapitalsituation, die Auftragslage und Liquiditätsengpässe lassen Rückschlüsse zu, mit welcher Ansprache weitere Zahlungserinnerungen formuliert sein sollten, um die Erfolgsaussichten zu steigern.

Rolle und Aufgaben des Inkassobüros

Gute Inkassodienstleister treten dabei als Vermittler zwischen Gläubiger und Schuldner auf und sorgen dafür, dass keine unnötigen Kosten auf beiden Seiten entstehen. Creditreform etwa übernimmt die Kommunikation mit dem Schuldner, die Überwachung der Forderungen und die Einleitung rechtlicher Schritte, wenn nötig. In jedem Fall streben die Experten eine individuelle Lösung an, bei der die gute Kundenbeziehung zwischen Gläubiger und Schuldner erhalten bleibt. Je nach Inkassofall und Forderungshöhe können zum Beispiel neue Zahlungsvereinbarungen, etwa zu Ratenzahlung, getroffen werden.

Schritte und Maßnahmen, die im Inkassoverfahren ergriffen werden können

Inkassodienstleister übernehmen neben der Mahnstrategie und der Kommunikation mit dem Schuldner weitere Tätigkeiten, sobald sie beauftragt werden. Dazu gehören die Überwachung aller relevanten Fristen über die mögliche Beantragung des gerichtlichen Mahnbescheids bis hin zur langfristigen Überwachung eines Gläubigertitels. Wenn eine der Maßnahmen greift, überweist der Schuldner die Forderungssumme sowie die Inkassokosten an den Inkassodienstleister, der sie abzüglich der Inkassokosten an den Gläubiger weiterleitet.

Kosten & Gebühren im Inkassoverfahren

Die Inkassokosten trägt der Schuldner. Sie setzen sich in der Regel aus den Hauptforderungen, den Verzugszinsen und den Inkassogebühren zusammen. Die Hauptforderung ist der Betrag, den der Schuldner ursprünglich hätte zahlen müssen. Verzugszinsen sind Zinsen, die aufgrund verspäteter Zahlung anfallen.

Die Inkassogebühren variieren je nach Höhe der Hauptforderung und Komplexität des Falls. Seit dem 1. Oktober 2021 gelten neue rechtliche Regelungen für Inkassogebühren. Sie haben zum Ziel, dass insbesondere die Gebühren für Kleinstforderungen verhältnismäßig sind. Wichtig: Inkassokosten sollten immer transparent und nachvollziehbar sein. Der Gläubiger hat ein Recht darauf, einen detaillierten Überblick über alle Kosten zu erhalten.

Unterstützen lassen: Keine Scheu vor dem Inkassoverfahren

Ein Inkassoverfahren bedeutet für Unternehmen immer Aufwand – verbunden mit der Sorge, dass die Kundenbeziehung darunter leidet. Wird ein professioneller Inkassodienstleister beauftragt, sinkt unternehmensseitig der Aufwand und die Chancen auf eine einvernehmliche Einigung mit dem Schuldner steigen.

Creditreform wickelt pro Jahr etwa 1,6 Millionen Inkasso-Aufträge im In- und Ausland erfolgreich ab – die überwiegende Zahl vorgerichtlich – und bietet Unternehmen als Dienstleister den gesamten Mahn- und Inkassoprozess aus einer Hand an. Immer mit dem Ziel eines schnellen Forderungseinzugs ohne hohe Kosten und großen Aufwand für Unternehmen. Sie sollten Ihre offenen Forderungen also nicht aus Scheu vor einem Inkassoverfahren abschreiben und eine geringere Liquidität aufgrund unbezahlter Rechnungen in Kauf nehmen.

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FAQ rund um das Inkassoverfahren

  • Muss ich als Schuldner Inkassokosten bezahlen, wenn ich meine Schulden begleiche?

    Ja, sobald eine Zahlung überfällig ist und sie vom Gläubiger an einen Inkassodienstleister übertragen wurde, muss der Schuldner nicht nur die Hauptforderung, sondern auch die Inkassokosten bezahlen.

  • Können Forderungen eingetrieben werden, die verjährt sind?

    Die Verjährungsfrist bei sogenannten Ansprüchen des täglichen Lebens beträgt drei Jahre, darunter fallen etwa Handwerkerleistungen, Kaufpreiszahlungen, Mietzahlungen und Ähnliches. Wichtig: Die Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Ist sie abgelaufen, muss der Schuldner die Rechnung nicht mehr bezahlen. Verhindern können Gläubiger das nur, indem sie die Verjährungsfrist unterbrechen, etwa mit einer Klage oder einem gerichtlichen Mahnbescheid.  

  • Was sind die Konsequenzen, wenn ich meine Schulden nicht begleiche?

    Nicht auf eine berechtigte Forderung zu reagieren, ist ein großer Fehler. Denn die Schulden bleiben nicht nur bestehen, sie wachsen auch an. Wer Zahlungsaufforderungen und Fristen wortlos verstreichen lässt, muss mit höheren Verzugszinsen und Inkassokosten rechnen.

    Nicht zur Zahlung verpflichtet sind Schuldner nur bei unberechtigten Forderungen. Schuldner können also prüfen, ob sie tatsächlich eine Leistung erhalten haben und ob diese keine Mängel hat. Inkassounternehmen müssen Schuldnern mitteilen, in wessen Auftrag sie arbeiten, um welchen Vertragsgegenstand und Forderungsgrund es geht, welche Verzugszinsen und welche Inkassokosten anfallen.

  • Welche Rolle spielt der Datenschutz im Inkassoverfahren?

    Seit Mai 2018 regelt in die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) den Umgang mit personenbezogenen Daten in Deutschland und Europa. Sie gilt auch für Inkassoverfahren. Darin dürfen personenbezogenen Daten nur verarbeitet werden, solange noch offene Forderungen bestehen. Zudem müssen sie für die Inkassodienstleistung notwendig sein, wie etwa Angaben zur Forderung, (Höhe der Schulden, Forderungsgrund), Daten zur Identifikation des Schuldners (Name, Geburtsdatum, Anschrift, Telefonnummer), der bisherige Kommunikationsverlauf und der Zahlungsverlauf.  

  • Wie viele Mahnungen muss ich als Gläubiger schreiben, bevor ich ein Inkassounternehmen einschalten kann?

    Vorherige Mahnungen sind üblich, aber keine Voraussetzung dafür, ein Inkassounternehmen einzuschalten. Wer allerdings eine gute Kundenbeziehung zu seinem Schuldner erhalten möchte, sollte vor jedem weiteren Schritt so fair sein und eine Mahnung schreiben.

  • Ist es möglich, ein Inkassoverfahren ohne vorherige Mahnung einzuleiten?

    Es ist auch möglich, ein Inkassoverfahren ohne vorherige Mahnung einzuleiten. Entscheidend ist, dass die Forderung berechtigt und die Zahlung überfällig ist. Einzige Ausnahme sind Privatpersonen als Schuldner, sie müssen grundsätzlich eine schriftliche Mahnung erhalten.

  • Unter welchen Umständen ist ein Inkassoverfahren ohne Mahnung zulässig?

    Voraussetzung für ein Inkassoverfahren ohne vorherige Mahnung ist, dass im Vertrag oder auf der Rechnung eine konkrete Zahlungsvereinbarung steht. Ist die Forderung darüber hinaus noch offen, befindet sich der Kunde im Verzug und der Fall könnte an einen Inkassodienstleister übergeben werden. Wurde keine konkrete Zahlungsvereinbarung getroffen, gilt die in § 286 Abs. 3 BGB beschriebene gesetzliche Zahlungsfrist von 30 Tagen.

  • Wer trägt die Kosten für ein Inkassoverfahren, das ohne vorherige Mahnung eingeleitet wurde?

    Bei einem Inkassoverfahren ohne vorherige Mahnung gelten die gleichen Regelungen wie bei einem Verfahren mit vorausgegangener Mahnung. Das heißt: Die Inkassokosten muss der säumige Schuldner zahlen.

Unsere Texte dienen dem unverbindlichen Informationszweck und ersetzen keine spezifische Rechts- oder Fachberatung. Für die angebotenen Informationen geben wir keine Gewähr auf Richtigkeit und Vollständigkeit.


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