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Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst 2023

Die Wirtschaftslage im Mittelstand ist aktuell so schlecht wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nicht mehr. Der Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) rutschte erstmals seit 2020 wieder in den Minusbereich (minus 1,2 Punkte), der eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung erwarten lässt. Ursache sind u. a. die Rezession, anhaltende Inflation und Zinssteigerungen sowie die unzureichende Energiepolitik.

Mittelstand kann sich Abwärtssog nicht entziehen

Die Wirtschaftslage im Mittelstand ist aktuell so schlecht wie seit dem Höhepunkt der Corona-Krise nicht mehr. Die von Creditreform befragten Unternehmen spüren massiv die Auswirkungen von Rezession und Inflation. Der Abwärtssog hat mittlerweile die gesamte Breite der Wirtschaft erfasst. Der Creditreform Geschäftsklimaindex (CGK) rutschte erstmals seit 2020 wieder in den Minusbereich (minus 1,2 Punkte), der eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung erwarten lässt.

„Seit fast einem Jahr wächst die deutsche Wirtschaft nicht mehr. Massive Kostensteigerungen, hohe Zinsen und eine schwache Nachfrage belasten auch die kleinen und mittleren Unternehmen immer mehr. Damit steigt der Druck auf die Unternehmensstabilität“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung. „Eine konjunkturelle Erholung wird es in diesem Jahr kaum geben. Auch ist es der Wirtschaftspolitik bisher nicht gelungen, für Entlastung zu sorgen bzw. neue Konjunkturimpulse zu setzen“, so Hantzsch weiter.

Geschäftslage negativ

Die Auftrags- und Umsatzlage wird von den befragten Unternehmen aktuell nochmals schlechter beurteilt als im Vorjahr. So meldeten nur noch 25,2 Prozent der Befragten (Vorjahr: 34,1 Prozent) ein Umsatzplus. Umsatzeinbußen verzeichneten hingegen 26,8 Prozent der Unternehmen (Vorjahr: 21,0 Prozent). Zudem sind die Auftragseingänge im Mittelstand eingebrochen. Das lässt eine schnelle Trendumkehr unwahrscheinlich werden, da sich die Orderbücher zunehmend leeren. Fast jeder dritte Befragte (31,8 Prozent) meldete einen Auftragsrückgang (Vorjahr: 25,2 Prozent) und nur 17,9 Prozent verbuchten steigende Auftragsbestände (Vorjahr: 23,6 Prozent).

Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage ist die Beschäftigung im Mittelstand kaum gewachsen. 16,0 Prozent der befragten Unternehmen meldeten einen kleineren Personalbestand (Vorjahr: 12,6 Prozent), während bei 18,5 Prozent der Befragten die Zahl der Mitarbeiter gestiegen ist (Vorjahr: 20,1 Prozent).

Investitionsbereitschaft im Keller

Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Finanzierungskosten und der eingetrübten Wirtschaftslage ist die Investitionsbereitschaft im Mittelstand eingebrochen. Der Anteil der Unternehmen, die ein Investitionsvorhaben planen, ist von 46,2 auf 38,4 Prozent gesunken. Das ist der niedrigste Wert seit fast 20 Jahren.

„Bei den Investitionsplanungen ist die Rezession deutlich zu spüren. Außerdem haben sich die Finanzierungsbedingungen für die Unternehmen signifikant verschlechtert. Entsprechend wenig werden derzeit Bankkredite nachgefragt und hinzu kommen Einschnitte bei den Eigenmitteln“, erläutert Hantzsch.

Mittelstand driftet beim Eigenkapital auseinander

Corona und die Energiekrise haben zu einer Polarisierung der Unternehmen hinsichtlich ihrer Eigenkapitalquoten geführt. Der Anteil der eigenkapitalschwachen Firmen (Eigenkapitalquote unter 10 Prozent) hat sich zuletzt weiter auf 28,3 Prozent erhöht (Vorjahr: 27,0 Prozent). Gleichzeitig verfügen aber auch mehr Unternehmen über eine hohe Eigenkapitalquote von über 30 Prozent. Dieser Anteil liegt mittlerweile bei 36,7 Prozent und stellt einen Rekordwert dar (Vorjahr: 34,2 Prozent). Diese Entwicklung zeigt, dass die Kostenbelastungen der letzten Zeit je nach Kapitalausstattung der Unternehmen unterschiedlich starke Auswirkungen hatten.

In den kommenden Monaten dürfte die Ertragslage im Mittelstand schwierig bleiben. Die Unternehmen sind aber nicht mehr so pessimistisch wie zuletzt. 19,6 Prozent der Befragten erwarten einen Anstieg ihrer Erträge (Vorjahr: 15,2 Prozent). Mit einem Rückgang rechnen diesmal 26,0 Prozent der Befragten (Vorjahr: 33,7 Prozent).

Lage bei den Krediten angespannt

Die Zinswende sowie die schwächere Konjunktur verhagelten den Unternehmen Investitionen und sonstige kreditfinanzierte Ausgaben. Nur 21,3 Prozent Befragten haben in den letzten Monaten ein Darlehen beantragt. Dieser Anteil hat sich gegenüber dem Frühjahr 2021 (32,4 Prozent) stark verringert. Falls die Zinsen weiter steigen oder auf hohem Niveau verbleiben sollten, dürfte die Kreditnachfrage im Mittelstand noch weiter zurückgehen. 56,2 Prozent der Befragten wollen dann auf jeden Fall auf einen Kreditantrag verzichten.

Die Mehrzahl der befragten Unternehmen (55,8 Prozent der Befragten) berichtete von einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen – vorrangig bei den Zinsen. Nahezu alle Befragten (96,6 Prozent) meldeten hier einen Anstieg. Hinzu kamen strengere Anforderungen der Banken an die Sicherheiten (46,9 Prozent). Gleichwohl wurde nur in wenigen Fällen der Kreditantrag tatsächlich abgelehnt (8,3 Prozent).

Ein Fünkchen Hoffnung

Die Geschäftserwartungen im Mittelstand sind sehr verhalten, aber nicht mehr so ausgeprägt pessimistisch wie im Vorjahr. Somit dürfte sich die Konjunkturlage im weiteren Jahresverlauf wohl nicht weiter verschlechtern. Zum Jahreswechsel 2024 könnte der Wachstumsmotor im Mittelstand möglicherweise wieder anspringen. Ein Lichtblick ist dabei die abflauende Inflation. Die Preise steigen nicht mehr so stark wie im letzten Jahr.

Gleichwohl ist der Anteil der Optimisten, die steigende Umsätze erwarten, mit 25,0 Prozent immer noch gering (Vorjahr: 26,0 Prozent). Immerhin verringerte sich der Anteil der pessimistischen Umsatzerwartungen von 25,2 auf 21,3 Prozent. Die Auftragseingänge dürften sich in den kommenden Monaten wieder etwas erholen. 18,5 Prozent der Befragten (Vorjahr: 14,7 Prozent) erwarten wieder zunehmende Auftragsbestände, während 21,5 Prozent der Befragten mit einem Rückgang rechnen (Vorjahr: 26,0 Prozent).

„Die Konjunkturrisiken sind nach wie vor groß, ein spürbarer Aufschwung ist vorerst nicht in Sicht. Auch wenn die deutsche Wirtschaft wie prognostiziert im kommenden Jahr nicht mehr schrumpfen sollte, sind die Einschnitte der Krise doch erheblich und werden in den kommenden Monaten noch Folgen haben. Wir gehen deshalb auch von steigenden Insolvenzzahlen aus“, erläutert Hantzsch.