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Wuchernde Bürokratie: Ausländische Investoren schrecken zurück
Jahr für Jahr nehmen die Vorgaben für Unternehmen zu. Bürokratie ist längst eines der Top-Hemmnisse für Investitionen und Wachstum. Inzwischen ist schon die Rede vom „Bürokratie-Burnout“.
Die Unternehmen in Deutschland müssen sich mit einer beträchtlichen Regulierungsflut herumschlagen. Arbeitsrecht, Umwelt- und Baurecht, Datenschutz – überall lähmen Detailvorgaben und Dokumentationspflichten die Wirtschaft. „Im Laufe der vergangenen Jahre haben Regulierungen und die aus ihnen erwachsende Bürokratie überhandgenommen“, heißt es etwa in der „Wachstumsagenda für Deutschland“, einem Gutachten des wissenschaftlichen Beraterkreises für evidenzbasierte Wirtschaftspolitik beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, das Ende September vorgelegt wurde.
Das Gutachten zeigt beispielsweise, dass Jahr für Jahr deutlich mehr neue Vorgaben eingeführt oder bestehende Vorgaben geändert werden, als bestehende Regelungen außer Kraft treten und abgeschafft werden. „Besondere Komplexität erwächst daraus, dass auf allen Ebenen des Föderalismus sowie auf EU-Ebene ständig neue Vorgaben entwickelt und Vorgaben übergeordneter Ebenen unterschiedlich ausgelegt und gehandhabt werden“, schreiben die Autoren – die vier renommierten Wissenschaftler Prof. Dr. Veronika Grimm, Prof. Dr. Justus Haucap, Prof. Dr. Stefan Kolev und Prof. Volker Wieland, Ph.D. Das Resultat sei eine Komplexität, die insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen sowie ausländische Investoren abschreckt. Selbst das Bundesjustizministerium spricht inzwischen vom „Bürokratie-Burnout“. An anderer Stelle ist vom „Regulierungsinfarkt“ die Rede.
Bürokratieabbau ganz oben auf der Wunschliste
Dessen Folgen sind fatal: Die wachsende Bürokratie gilt längst als eines der größten Investitionshemmnisse. Laut einer aktuellen Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) sehen 95 Prozent der Unternehmen den Abbau bürokratischer Belastungen als Priorität an, um die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Deutschland zu stärken. Auch bei Gründerinnen und Gründern steht Bürokratieabbau ganz oben auf der Wunschliste. Wie der Anfang November vorgelegte „Report Unternehmensgründung 2025“ der DIHK zeigt, sind nach Meinung von drei Vierteln der Befragten schnellere und einfachere Regularien nötig. Mehr als die Hälfte fordern ein einfacheres Steuerrecht. Damit ließe sich das historisch niedrige Gründungsinteresse wieder erhöhen.
Laut Ergebnissen einer Betriebsbefragung durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) von diesem Jahr geht mehr Bürokratie häufig mit steigenden (Personal-)Kosten, Produktivitätsverlusten sowie Investitions- oder Innovationshemmnissen einher. Das Magazin „IAB-Forum“ wies im Oktober in einem Beitrag darauf hin, dass nach mehreren Studien überbordende Bürokratie ein bedeutendes Standorthemmnis darstelle und zu einer geringeren Wirtschaftsleistung beitrage. Die Bürokratiekosten in Form entgangener Wirtschaftsleistung in Deutschland hätten sich zwischen 2015 und 2022 auf durchschnittlich 146 Mrd. Euro pro Jahr belaufen und damit auf rund vier Prozent des Bruttoinlandprodukts.
Verwaltung selbst durch eine Vielzahl an Regeln belastet
Doch nicht nur die Unternehmen werden durch die Vielzahl an Regeln belastet, sondern auch die öffentliche Verwaltung. „Denn man benötigt Personal auf Seiten des Staates, um die Regeln zu konzipieren und durchzusetzen“, schreiben die Autoren der „Wachstumsagenda für Deutschland“. Der so entstehende Personalbedarf dürfte in Zeiten des Fachkräftemangels das Fachkräftepotenzial beschränken, das den Unternehmen zur Verfügung steht und so das Wachstumspotenzial der Volkswirtschaft einschränken, folgern sie. Und nicht nur das. Die öffentliche Verwaltung, Kommunen etwa, kann jeden Euro nur einmal ausgeben. Jeder Euro mehr für konsumtive Ausgaben – und dazu zählen eben auch Verwaltungskosten und Gehälter für Beamte und Angestellte – fehlt für dringend notwendige investive Ausgaben.
Vorschläge für einen echten Bürokratieabbau gibt es viele – auch viele seriöse. Zum Beispiel in der „Wachstumsagenda Deutschland“. Vielleicht der wichtigste Aspekt: eine Beweislastumkehr. „Der technische Fortschritt sowie gesellschaftliche Entwicklungen machen die kontinuierliche Entwicklung neuer Regulierung und die Überarbeitung bestehender Regeln zwar erforderlich“, schreiben die Autoren, Deutschland und die EU insgesamt bräuchten jedoch einen grundlegenden Kurswechsel in der Regulierungspolitik – weg von der kleinteiligen Detailsteuerung und hin zu einer ordnungspolitisch fundierten, innovationsfreundlichen Regulierungskultur. „Das Leitprinzip sollte lauten: Jede neue Regulierung braucht Begründung – nicht ihre Abschaffung. Die Beweislast muss dort liegen, wo neue Regulierung eingeführt oder bestehende Regulierung fortgeführt wird: Wer Regelungen aufrechterhalten will, muss nachweisen, dass sie ihr Ziel tatsächlich erreichen und zugleich wirtschaftlich vertretbar sind.“
Zudem fordern die Gutachter den Abbau von Regelwerken, die erhebliche Lasten verursachen, ohne die versprochenen Wirkungen zu erzielen. Dazu zählen sie etwa das deutsche Lieferkettengesetz, die EU-Taxonomie und die geplante CSDDD (Corporate Sustainability Due Diligence Directive). Sie würden bürokratische Pflichten schaffen, die in der Praxis weder durchsetzbar noch messbar wirksam seien.
Immerhin: Die Bundesregierung hat sich einiges vorgenommen und verfolgt eine ambitionierte Agenda in Sachen Entbürokratisierung. Die DIHK lobte jüngst „durchaus gute Ansätze“, zum Beispiel das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV). Damit seien Schriftformerfordernisse gestrichen, digitale Lösungen akzeptiert, elektronische Arbeitszeugnisse ermöglicht und steuerliche Aufbewahrungsfristen verkürzt worden. „Diese Schritte“, hieß es Mitte Oktober von der DIHK, „entlasten die Wirtschaft jedes Jahr um immerhin 1,3 Mrd. Euro“.
Hoffen wir auf viele weitere solcher Schritte!
Quellen:
www.bmjv.de
www.bundeswirtschaftsministerium.de
www.dihk.de
www.iab-forum.de
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