Regionale Wirtschaftsforschung

Konjunkturumfrage zum Wirtschaftsraum Weser-Ems – Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Herbst 2016

Rekordverdächtige Stimmungslage im Mittelstand

Weiterhin sehr positiv schätzen die mittelständischen Unternehmen im Weser-Ems-Gebiet die aktuelle Wirtschaftslage ein. Spitzenwerte erreicht das Baugewerbe. Knapp ein Drittel der Unternehmen stockte das Personal weiter auf.

12-2016 - 62,2 Prozent und damit eine deutliche Mehrheit der rund 1.250 von Creditreform Leer, Oldenburg, Osnabrück und Nordhorn befragten Unternehmen meldete eine „sehr gute“ bzw. „gute“ Geschäftslage. Der Anteil der Positivmeldungen hat sich gegenüber dem Vorjahreszeitpunkt (59,8 Prozent) leicht erhöht. Ein weiteres Drittel der Befragten (35,2 Prozent; Vorjahr: 37,2 Prozent) war mit der aktuellen Geschäftslage zumindest zufrieden. Dabei profitiert der Mittelstand von der kräftigen Binnenkonjunktur sowie auch vom günstigen Finanzierungsumfeld.

Mit plus 60,3 Punkten ist der Geschäftslage-Saldo Weser-Ems (die Differenz aus den Anteilen guter und schlechter Bewertungen) noch einmal höher als im vergangenen Jahr (2015: 57,6 Punkte), erreicht den bundesweiten Wert aber nicht ganz (63,0 Punkte).

Für die Region Oldenburg (Landkreise Ammerland, Friesland, Oldenburg, Wesermarsch und die Städte Oldenburg und Wilhelmshaven) liegt der Saldo aus positiver und negativer Beurteilung der aktuellen Geschäftslage sogar leicht über dem Bundesniveau bei plus 64,4 Punkten (Vorjahr plus 60,6 Punkte) und damit weiterhin über dem Durchschnitt der Region Weser-Ems.
Für die Region Leer (Landkreise Aurich, Emsland, Leer, Cloppenburg, Wittmund und Stadt Emden) beträgt der aktuelle Geschäftslage-Saldo plus 59,8 Punkte (Vorjahr plus 59,1 Punkte), knapp unter dem Weser-Ems-Wert.

Umsatzentwicklung besser als im Bundestrend

Entsprechend der guten Konjunktur  verzeichneten vier von zehn Unternehmen (40,2 Prozent) ein Umsatzplus im Vergleich zum Frühjahr. Nur ein geringer Teil der Unternehmen (11,2 Prozent) musste Umsatzeinbußen hinnehmen.
Der Mittestand geht optimistisch in das kommende Jahr 2017. 27,1 Prozent der Befragten rechnen in den nächsten Monaten mit einem Umsatzanstieg. Einbußen erwartet hingegen jeder Zehnte (10,6 Prozent). Gegenüber der Vorjahresbefragung blieben diese Prozentwerte weitgehend unverändert. Allerdings bewertet der Weser-Ems-Mittelstand – wie schon in den Vorjahren – die weitere Umsatzentwicklung etwas zurückhaltender als der bundesweite Trend. Diese Zurückhaltung ist in allen Wirtschaftsbereichen festzustellen.

Weiterhin hoher Personalbedarf

Den Personalbestand haben die Mittelständler zuletzt weiter aufgestockt und zeigen auch im Ausblick einen anhaltend hohen Bedarf an Arbeitskräften. In jedem dritten Unternehmen (32,4 Prozent) sind mehr Mitarbeiter beschäftigt als sechs Monate zuvor. Dabei zeigte sich der „kleine Mittelstand“ mit bis zu 20 Beschäftigten einstellungsfreudiger als bei der letztjährigen Befragung, größere Unternehmen dagegen zurückhaltender. Stärker nachgefragt hat der Mittelstand Minijobs. Insgesamt hat nur knapp jedes zehnte befragte Unternehmen (9,2 Prozent) die Belegschaft verkleinert. Vor einem Jahr war es noch bei 11,2 Prozent zu einem Stellenabbau gekommen war.
18,1 Prozent der befragten Unternehmen wollen das Personal aufstocken (Vorjahr: 14,0 Prozent). Nur wenige Unternehmen (6,7 Prozent) planen für die nächsten Monate einen Beschäftigtenabbau.

Die Investitionsbereitschaft ist aufgrund der guten Finanzierungssituation und des Vertrauens in eine stabile Konjunkturentwicklung gestiegen. Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (47,7 Prozent) will ein Investitionsvorhaben in Angriff nehmen. Am höchsten ist hier der Anteil im Verarbeitenden Gewerbe (52,5 Prozent). Allerdings bleibt die Investitionsneigung im Weser-Ems-Mittelstand unter dem Bundesdurchschnitt. Faktoren, die die Durchführung von Investitionen behindern, sind vor allem der Fachkräftemangel und die gestiegenen Arbeitskosten.

Finanzierung weitgehend störungsfrei

Gut entwickelt hat sich auch die Ertragslage im Mittelstand. Jedes dritte Unternehmen (33,4 Prozent) meldete einen Gewinnanstieg (Vorjahr: 29,0 Prozent). Dabei wird die Ertragslage sogar positiver eingeschätzt als im bundesdeutschen Trend. Auch die weitere Ertragsentwicklung wird weitgehend positiv beurteilt und ebenso die Finanzierungsbedingungen sind für den Mittelstand weiter günstig. Stärker als im Vorjahr beklagen die befragten Unternehmen aber den bürokratischen Aufwand beim Kreditantrag und ein härteres Scoring-Verfahren der Kreditgeber. Zu einer Ablehnung des Kreditantrags kam es gleichwohl nur bei 11,8 Prozent der Befragten.

Branchen-Special „E-Commerce“: Klassische Vertriebswege dominieren

Der Verkauf von Produkten und Dienstleistungen über das Internet setzt sich im Mittelstand nur langsam durch. Etwa jedes vierte befragte Unternehmen (25,1 Prozent) verfügt zwar über eine eigene Internetseite, verbindet diese aber meist nicht mit einem Online-Shop. Das tun nur 7,3 Prozent der Mittelständler. Beim E-Commerce setzen die kleinen und mittleren Unternehmen meist häufiger auf den Verkauf über etablierte Internetplattformen (8,9 Prozent der Befragten) statt auf einen eigenen Webshop. Im Handel ist ein eigener Online-Shop allerdings vergleichsweise oft vorhanden (16,5 Prozent), auch Online-Verkaufsplattformen werden hier genutzt (19,1 Prozent).

Weit verbreitet sind im Mittelstand aber nach wie vor die klassischen Vertriebswege, wie ein eigenes Ladengeschäft (26,7 Prozent), der Direktvertrieb (49,7 Prozent) oder Messen (14,4 Prozent).

Als eine große Herausforderung beim Einstieg in den Internetverkauf sehen die mittelständischen Unternehmen die Neuausrichtung und Umgestaltung der internen Unternehmensprozesse. Auch der Bestellprozess, die Kommunikation mit dem Kunden und die Anbindung an ein vorhandenes Warenwirtschaftssystem schätzen die befragten Unternehmen als schwierig ein. Aber das Thema Digitalisierung steht auch im Mittelstand zunehmend auf der Agenda. Jedes fünfte befragte Unternehmen (18,0 Prozent) plant in den nächsten Monaten Investitionen in diese Richtung.