Deutschland zum Jahresende: Am Kern der Erkenntnis?
Liebe Leserinen und Leser,
wenn schon kein „Herbst der Reformen“, dann immerhin ein „Winter der Erkenntnis“, mag sich so mancher gedacht haben, der die Wirtschaftspresse regelmäßig zu Rate zieht. Aber was erkennen wir denn eigentlich? So mancher Entscheider und Kommentator wird nicht müde zu betonen, es gäbe kein Erkenntnis-Problem, sondern ein Umsetzungsproblem. Aha! Soll heißen, wir wissen eigentlich genau was zu tun ist und müssen sozusagen nur die richtigen Schalter umlegen (was schwer geht und deshalb auch lange dauert). Aber ist das so? Sind die Herausforderungen des Wirtschaftsstandorts Deutschland umfänglich durchdrungen und die Ursachen erkannt? Wir haben da so unsere Zweifel. Die Stichworte dieser Tage lauten „Rente“, „Industriestandort“ und „Anhängigkeit“. Themen, die ihre Ursprünge nicht in der viel gescholtenen Ampelkoalition haben oder der Merkel-Zeit oder in den frühen 2000ern. Die Themen, über die heute gestritten wird, sind diejenigen, die teils aus der Kaiserzeit stammen. Regeln, die unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg ersonnen wurden. Hier mit kleinen Korrekturen (Rente: Ein Prozent mehr oder weniger? Industriestandort: Körperschaftssteuer ein Jahr eher oder später? Abhängigkeit: Wieviel Gaskraftwerke mehr braucht es? Nato-Verteidigungsziele?) „umsetzen“ zu wollen, greift zu kurz. Es sind systemische Probleme, die hier mit Macht an den winterlichen Tag drängen. Das zu sehen, wäre schon eine Erkenntnis.
Bei uns gibt es Durchblick im Kleinen! In der letzten Ausgabe fragten wir uns, ob die wirtschaftlichen Verwerfungen langsam auch bei den Verbrauchern ankommen würden. Heute müssen wir berichten, ja, das ist so. Die Überschuldung in Deutschland hat eine deutliche Trendwende ins Negative hingelegt. Anders gesagt: Die Rezession ist jetzt auch in den Haushalten messbar angekommen. Dabei ist vor allem überraschend, wen die finanziellen Schwierigkeiten betreffen! Die ganz Jungen und die ganz Alten – aber aus ganz unterschiedlichen Gründen. Apropos „systemische Herausforderungen“ – im dritten Beitrag beleuchten wir, in welchem Ausmaß die Sozialausgaben des Staates anziehen und was das für die Zukunft des Haushalts bedeutet.
Es gibt sicherlich heiterere Themen, mit denen wir in den Advent starten könnten. Aber etwas Kontrastprogramm zur gemütlichen Jahreszeit kann erstens nicht schaden (zumal mit Glühwein) und zweitens gewinnen Sie echte Erkenntnisse. Das ist in diesen Tagen schon ein Geschenk.
Mit vorweihnachtlichen Grüßen
Ihr
Patrik-Ludwig Hantzsch