Deutschlands Banken stabil - aber Risiken sind unverkennbar
Der Finanzstabilitätsbericht der Deutschen Bundesbank 2021 ist Ende November präsentiert worden. Dabei gab sich die Vize-Präsidentin Claudia Buch positiv: Das deutsche Finanzsystem habe in der Krise gut funktioniert.
So hob sie hervor, dass es insbesondere die staatlichen Hilfsmaßnahmen gewesen seien, die Banken und die Institutionen des Finanzsystems geschützt hätten. Doch der Optimismus ist nicht ungebrochen. Auch wenn sich bisher keine Einbrüche gezeigt haben, so bestehen doch Risiken, die es zu erkennen und einzugrenzen gilt. Der Bericht macht noch einmal klar, welche Bedeutung ein gut funktionierendes Finanzsystem für die reale Wirtschaft hat. In ihm werden Ersparnisse und Investitionen koordiniert, es erlaubt die Absicherung von Risiken und ermöglicht den Zahlungsverkehr. In der aktuellen Corona-Pandemie könnten diese Aufgaben gefährdet werden.
Finanzsystem und reale Wirtschaft
Der Bericht weist auf einen Widerspruch hin, den es eindeutig offenzulegen gilt. Auf der einen Seite hat die gesamtwirtschaftliche Entwicklung deutlich gelitten, ihr stärkster Ausdruck ist der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 5 Prozent. Einzelwirtschaftlich ist auf der anderen Seite kaum ein Einbruch festzustellen, die Insolvenzen von Unternehmen gehen sogar zurück. Die Kreditportfolios der Banken zeigen entsprechend keine Einschläge. Doch die Bundesbank macht deutlich: Abwärtsrisiken dürfen nicht aus dem Blick geraten. Die Aktienmärkte und die Kreditvergabe, die Verschuldung der privaten Haushalte und der Boom bei den Immobilienpreisen – der Expansionskurs gibt sich unbeeindruckt von den markanten Gefahren, die die Krise durch Corona mit sich bringt. Die Bundesbank macht klar: „Zwar hat die Corona-Pandemie nicht zu dem befürchteten Anstieg von Insolvenzen geführt, jedoch erhöhte sich die Verschuldung im Unternehmenssektor – insbesondere in den Branchen, die besonders stark von den Einschränkungen während der Pandemie betroffen waren. Dies macht diese Branchen verwundbarer gegenüber zukünftigen Schocks.“ Fest steht, dass die Auswirkungen von Corona durch die staatlichen Hilfsmaßnahmen in Grenzen gehalten wurden. Wie die Niedrigzinspolitik der EZB, ist eine solche Finanzpolitik langfristig riskant. Es bleibt immer die Frage, wie man aus dieser Politik, sei es durch Negativzinsen oder durch hohe Subventionszahlungen, wieder herauskommt. Denn neben den Herausforderungen durch die Pandemie stehen der Umbau der Wirtschaft im Zeichen von Digitalisierung und Umweltschutz.
Der Hinweis darauf, dass Deutschlands Finanzsystem die aktuelle Krise unverwundet zu überstehen scheint, sollte dennoch nicht den Blick darauf verstellen, wo die Risiken lauern. Da hilft zunächst ein Blick auf die Bilanzen der Banken. Die Bundesbank weist darauf hin, dass der Anteil der Kredite an schwächere Unternehmen in den Portfolios gestiegen ist. Aufgrund der guten Konjunktur und rückläufiger Unternehmensinsolvenzen erreichte die Risikovorsorge aber einen „historischen Tiefststand“.
Hauspreise überzeichnet
Ein weiteres Einfallstor für Ausfälle bildet sich im Immobiliensektor. Die Kreditvergabe und die Preise für Wohnimmobilien steigen weiter, obwohl wir realwirtschaftlich einen Einbruch zu verzeichnen haben. Die Bundesbank spricht von einer Kredit-/BIP-Lücke, die sich auftut. Nicht nur in der aktuellen Krise wird die Kluft zwischen den beiden Parametern größer. Die gewährten Kredite wachsen stärker als die Wirtschaftsleistung des Landes insgesamt. Sind die Kredite für private Wohnimmobilien durch die Preissteigerung, also die Zunahme des Wertes der Immobilie gedeckt? Die Bundesbank hält die Preissteigerungen im Immobiliensektor für eine Überzeichnung beim tatsächlichen Wert des sichernden Hauses. Die Preise sind um etwa 10 bis 30 Prozent im Zuge der Spekulation zu hoch angesetzt worden. Sollte es bei den privaten Kreditnehmern im Zuge etwa doch noch steigender Arbeitslosigkeit zu Problemen bei den Ratenzahlungen kommen, könnte die Verwertung der sichernden Immobilie zu Schwierigkeiten führen. Mit einem Wort: Der Immobilienmarkt könnte einbrechen und die finanzierenden Banken würden Probleme bekommen.
Inflation? Die Zinsen bleiben niedrig
Immer wieder war spekuliert worden, wann die EZB aus ihrer Politik des billigen Geldes aussteigen werde und die Zinsen steigen würden. Brüssel hat diese Erwartungen immer wieder gedämpft, so dass Sparer und institutionelle Anleger schließlich Abschied genommen haben von der Hoffnung, Zinserträge zu erwirtschaften. Immerhin hatte eine jahrelange stabile Lage bei den Preissteigerungen, die oft deutlich unter der Zielmarke von 2 Prozent lagen, angesichts der prekären Überschuldungssituation einiger europäischer Staaten eine solche Politik zumindest plausibel erscheinen lassen. Nun kehrt die Inflation zurück, in Deutschland liegt sie aktuell sogar über 5 Prozent. Auch wenn die EZB noch abwiegelt, sind steigende Zinsen nicht mehr unvorstellbar. Für die Banken würden damit die Finanzierungskosten stärker steigen als die dann möglichen Zinseinnahmen. Und der gesamte Bankensektor sähe sich mit steigenden Kreditrisiken konfrontiert, weil die Unternehmen höhere Schulden aufgenommen haben, die sie möglicherweise nicht tragen können. Dabei gilt es im Hinblick auf das Finanzsystem auch an Versicherungen und Pensionseinrichtungen zu denken, die bei niedrigen Zinsen höhere Renditen mit entsprechend höheren Risiken gesucht haben. Steigende Zinsen wären zwar gut für Lebensversicherer und die Deckung ihrer Ausgaben. Die hohen Zinsgarantien, die man den Versicherungsnehmern zugesagt hatte, könnten jetzt problemloser bewältigt werden. Würde es jedoch zu einem sehr starken Zinsanstieg kommen, könnten Versicherte in großer Zahl wechseln und die attraktiveren Angebote wahrnehmen. Das könnte bei den Versicherungen zu massiven Liquiditätsproblemen führen.
Schließlich weist die Bundesbank auf die Risiken hin, die sich aus der engen Verflechtung der europäischen Volkswirtschaften und insbesondere durch die schwierige Lage mancher südlicher Mitglieder der Union für das deutsche Bankensystem ergeben könnten. Die hohe öffentliche Verschuldung durch die aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie machen auch die Banken in Deutschland verwundbar.
Deutschlands Finanzsystem hat sich bisher als robust erwiesen. Es gilt in der aktuell schwierigen Lage und angesichts der Risiken, nicht in Pessimismus zu verfallen. Ein Hinweis auf die Risiken aber ist wichtig und angebracht.
Quelle: Bundesbank Stabilitätsbericht 2021
Wir sind für Sie da: Creditreform vor Ort
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