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Export: Vom Wohlstandsbringer zum Risikofaktor?

Deutschland ist Exportnation. Die Konjunktur hierzulande wurde und wird ganz entscheidend vom Außenhandel bestimmt. Wie das Statistische Bundesamt im Frühjahr mitteilte, sind die Exporte im Januar 2025 um 2,5 Prozent gegenüber dem Vormonat und um 0,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gesunken. In diesem Zeitraum nahmen die Importe um 1,2 bzw. 8,7 Prozent zu. Doch die Außenhandelsbilanz bleibt mit 16 Mrd. Euro im positiven Bereich. Dann kam der neue amerikanische Präsident.

Welthandel erschüttert

Ende April konnte der neu gewählte amerikanische Präsident Donald Trump auf eine 100-tägige Amtszeit zurückblicken. Mit seiner Zollpolitik hat Trump für viel Wirbel gesorgt. Massive Zollerhöhungen sollten dafür sorgen, dass sich das amerikanische Außenhandelsdefizit verbesserte und dass mehr Waren sowie Dienstleistungen im Lande selbst produziert und konsumiert werden. Die betroffenen Volkswirtschaften reagierten besonnen wie die EU oder antworteten aggressiv mit Gegenmaßnahmen wie China. Die Auswirkungen dieses Vorgehens waren bis in die Finanzmärkte zu spüren – Aktienkurse brachen ein und der Dollar verlor gegenüber dem Euro deutlich an Wert. Dabei liegt die Problematik des amerikanischen Vorgehens nicht nur in den Verwerfungen für den globalen Handel, sondern darin, dass diese Politik erratisch und unvorhersehbar ist. Maßnahmen wurden verkündet und wenig später – wenn nicht zurückgenommen – so doch entschärft oder auf Eis gelegt.

Ein Verhalten, das besonders Deutschland trifft. Die letzten aktuellen Zahlen für 2023 weisen Deutschland als drittgrößte Handelsnation nach China und den Vereinigten Staaten aus. China hat einen Anteil von 12 Prozent am Welthandel, die USA einen in Höhe von 10 Prozent. Bei den Einfuhren ist es umgekehrt: Hier liegt die USA mit 13 Prozent der Importe vor China (10 Prozent). Mit Importen im Wert von mehr als 1.900 Mrd. Dollar und Exporten in Höhe von 2.100 Mrd. Dollar belegt Deutschland den dritten Rang weltweit. Im Jahr 2024 waren die Vereinigten Staaten Deutschlands wichtigster Handelspartner. Auf den folgenden Plätzen liegen China und die Niederlande. Güter im Wert von 161 Mrd. Euro wurden in die USA exportiert. Bei den Einfuhren liegen die Vereinigten Staaten mit einem Wert von 91 Mrd. auf dem dritten Platz. Der von Trump so scharf kritisierte Importüberschuss, den er mit Hilfe der Zölle eindämmen möchte, ist jahrzehntealt. Deutschland registrierte einen Exportüberschuss seit 33 Jahren gegenüber den Vereinigten Staaten.

Hochwertige Güter

Die USA dienen vor allem als Abnehmer für deutsche Luft- und Raumfahrzeuge sowie optische und fotografische Erzeugnisse. Darunter fallen mit einem besonders hohen Anteil auch medizinische Instrumente, Röntgengeräte oder Geräte für die Strahlentherapie. Besonders betroffen gegenüber den Zöllen zeigt sich Deutschlands Autoindustrie. Trump selbst stellte rhetorisch die Frage, warum er nicht mehr amerikanische Autos auf den Straßen sehe. Tatsächlich werden 13 Prozent aller exportierten Kraftfahrzeuge im Wert von 34 Mrd. Euro sowie 12,6 Prozent aller Maschinen in die USA exportiert. Fast ein Viertel der pharmazeutischen Erzeugnisse aus Deutschland geht bei einem Wert von 27 Mrd. Euro in die USA. Das Wort von Deutschland als „Apotheke der Welt“ hat seinen guten Grund.

Es ist aber nicht nur die Auseinandersetzung über die Zölle und Importbeschränkungen mit den USA, sondern auch eine Verlagerung des Handels, der sich aus dem Handelskrieg zwischen den Vereinigten Staaten und China ergibt, der für Sorgenfalten in Deutschland verantwortlich ist. China ist auf den Export seiner Waren angewiesen, wenn sich der amerikanische Markt verschließt, werden die Exportströme zunehmend nach Europa und Deutschland umgelenkt werden. Damit verkleinert sich tendenziell die Ausfuhr in die europäischen Nachbarländer durch die Exportnation Deutschland. Deutschland exportierte 2024 mehr als die Hälfte seiner Waren in die europäischen Nachbarländer. Für China sind die EU-Länder nur für 11 Prozent seiner Ausfuhren das Ziel. Wie die KfW in einer Studie und Befragung herausgearbeitet hat, ist es eine sich verschärfende Konkurrenzlage innerhalb Europas, die Deutschland zunehmend zu schaffen machen könnte.

China gewinnt an Boden

Noch weist Deutschland bei den Importen der EU-Länder einen größeren Anteil auf als China. Doch dieser Anteil wird kleiner, wie ein Blick auf die einzelnen Warengruppen in ihrer Entwicklung zeigt. Im wichtigen Bereich von Kfz-Exporten bezogen die Mitgliedsländer der EU 2012 33 Prozent des Importwertes aus Deutschland – 2024 waren es nur noch 29 Prozent. Im Maschinenbau betrug der Anteil Deutschlands 2012 30 Prozent, 2024 noch 28 Prozent. China dagegen baute seinen Part von 7 auf 10 Prozent aus. Bei den chemischen Erzeugnissen war Deutschlands Anteil bei den Importen in Europa in den vergangenen zwölf Jahren von 22 auf 8 Prozent zurückgegangen, China legte in diesem Zeitraum von 2 auf 6 Prozent zu. Dazu Dr. Dirk Schumacher, Chefvolkswirt der KfW: „China versucht die eigenen Überkapazitäten zu exportieren. Europa rückt dabei nun noch stärker in den Fokus der Volksrepublik, da sich die Bedingungen für den Absatz in den USA rasant verschlechtern.“ Die Lage ist besonders kritisch für Deutschland, weil sich die Waren ähneln. Das reicht von den Kraftfahrzeugen über den Maschinenbau bis zu chemischen Produkten.

Ähnlich wie in der Verteidigungspolitik muss Deutschland sich von lieb gewordenen und bequemen Gewohnheiten trennen. Es gilt, die Industrie robuster aufzustellen und auszubauen. Die Unsicherheiten durch die amerikanische Politik, aber eben auch das offensive Vorgehen von China, drängen die neue Regierung, aktiv zu werden.

Quellen: KfW, Statistisches Bundesamt



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