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Insolvenzen in Europa 2019 waren von Stabilität geprägt

Ein Blick auf die Insolvenzen in Europa erscheint aktuell im Zeichen der Corona-Krise fast nostalgisch. Die jetzt vorliegenden Zahlen zu den Unternehmen in Europa, die den Weg zum Insolvenzgericht antreten mussten, sind noch geprägt von Stabilität. Auch 2019 ist die Zahl der Pleiten weiter zurückgegangen, wenn auch nur geringfügig.

Rund 163. 500 Unternehmensinsolvenzen waren in Westeuropa zu zählen – dazu gehören die EU-15 plus Norwegen und die Schweiz. Das Minus liegt bei 1,0 Prozent. Die Entwicklungen in den einzelnen westeuropäischen Ländern stellt sich allerdings höchst unterschiedlich dar. Von den betrachteten Staaten waren es nur sechs, die tatsächlich ein rückläufiges Insolvenzgeschehen vorzuweisen hatten. So sind die Insolvenzen etwa in Dänemark, Griechenland, Spanien und Belgien gegen den Trend gestiegen. Treiber der europäischen Insolvenzen ist Frankreich mit 31,2 Prozent. Gut jedes zehnte Unternehmen, das insolvent wurde, kam aus Großbritannien – auf gleicher Höhe liegt der Anteil Deutschlands (11,5 Prozent) bei einem deutlich höheren Besatz von Unternehmen. Zweistellige Zuwächse bei den Unternehmensinsolvenzen im Vergleich der Jahre 2018 und 2019 zeigen Dänemark (plus 18,4 Prozent) und Griechenland (plus 27,4 Prozent). Zu markanten Rückgängen kam es sowohl in Irland (minus 25,9 Prozent) als auch in Portugal (minus 13,9 Prozent). Skandinavien verzeichnete insgesamt einen zunehmenden Anteil am europäischen Insolvenzaufkommen der letzten Jahre.

Export entschleunigt 

Im Vergleich zu den aktuellen Einbrüchen der Konjunktur in Europa zeigte sich das gesamtwirtschaftliche Geschehen im Westen des Erdteils 2019 noch recht stabil. Dennoch machten sich die ersten feinen Risse bemerkbar. Vor allem der Export war betroffen von Handelshemmnissen und Embargos. Hinzu kamen die Probleme um den Brexit. Die Insolvenzen in Europa zeigten bei der Entwicklung der großen Wirtschaftsbereiche Probleme auf: Das Verarbeitende Gewerbe, und das heißt die exportorientierte Industrie, hatte einen Zuwachs von 0,9 Prozent hinzunehmen. Auch der Handel registrierte ein Plus, das aber denkbar gering ausfiel (0,1 Prozent). Während diese beiden Wirtschaftsbereiche von den Stockungen der Globalisierung betroffen waren, konnten binnenmarktorientierte Branchen ihre Stabilität verbessern. So erreichte der Bausektor einen Rückgang von 2,6 Prozent – die Dienstleister von 1,6 Prozent. Anzumerken ist dabei, dass der Tertiärsektor, insbesondere die Dienstleister, einen Löwenanteil am europäischen Insolvenzaufkommen halten. Der Bau hat sich nicht nur in Deutschland stabilisiert, auch in Europa beweisen die Unternehmensinsolvenzen dieses Wirtschaftsbereichs über die letzten Jahre hinweg eine deutliche Verbesserung. Waren 2012 noch fast 21 Prozent der Insolvenzen vom Bau verursacht, so betrug dieser Anteil 2019 noch 18,5 Prozent. Die Krise des Baubereichs, gerade in den Ländern des Mittelmeers (z. B. Spanien), ist anscheinend.

Der Osten Europas verbessert sich

Auch in den Ländern Mittel- und Osteuropas hat sich die Zahl der Insolvenzen 2019 positiv entwickelt. Der Rückgang war in diesen Ländern mit 48.648 Insolvenzfällen sogar noch ausgeprägter. Das entspricht einem Minus von 4,5 Prozent gegenüber 2018. Ein deutlicher Zugang zeigte sich bei den Insolvenzen in Mazedonien (plus 34,6 Prozent) und in der Slowakei (plus 8,3 Prozent). Eine markante Abnahme der Unternehmensinsolvenzen gegenüber dem Vorjahr wiesen Estland (minus 45,8 Prozent), Rumänien (minus 21,4 Prozent) sowie Tschechien (minus 10,9 Prozent) und Bulgarien (minus 10,4 Prozent) auf. Insgesamt zeigte sich das Baltikum bei den Unternehmen deutlich stabiler als in den Vorjahren. Anzumerken ist, dass keine Daten zur Entwicklung der Unternehmenszusammenbrüche in Ungarn vorlagen. Überhaupt stellt sich die Situation in vielen Ländern Mittel- und Osteuropas bei der Registrierung und Erhebung von Insolvenzen immer noch recht schwierig dar. Daten sind nicht vollständig oder zumindest nicht vollständig veröffentlicht. Dabei bleibt für Europa, also inklusive der westeuropäischen Länder, festzuhalten, dass die Insolvenzzahlen nur bedingt zwischen den einzelnen Ländern vergleichbar sind. Das liegt einerseits an der unterschiedlichen Ausgestaltung des Insolvenzrechts, andererseits aber auch an der Arbeit der Registergerichte. Manche Lücken werden durch Schätzungen ergänzt.

Shutdown der Konjunktur

Seit Anfang Mai liegen die ersten Zahlen zur Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts in der Eurozone vor. Dabei zeigt sich bereits, wie stark das Übergreifen der Pandemie auf die Länder des Kontinents ihre negative Wirkung auf die einzelnen Volkswirtschaften entfaltet hat. Der Rückgang des Bruttoinlandsproduktes im ersten Quartal 2019 beträgt gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres minus 3,8 Prozent. Alleine in den ersten drei März-Wochen lag das Minus bei 17 Prozent. Diese Angaben lassen ahnen, was die Krise für die europäische Wirtschaft bedeutet. Während wir für Deutschland über das gesamte Jahr 2020 mit einem Minus von 6 Prozent rechnen müssen, wird dieser Rückgang auf gesamteuropäischer Ebene deutlich ausgeprägter und mit minus 9 Prozent zu veranschlagen sein. Die internationale Wachstumsschwäche verbunden mit einer starken Zurückhaltung bei den Investitionen trifft nicht nur Deutschlands Industrie, sondern auch das Verarbeitende Gewerbe in den anderen hochentwickelten und exportorientierten Ländern Europas. Eine schnelle und umfassende Erholung, wie sie sich so viele erhoffen, ist unwahrscheinlich. Angesichts der gesamten konjunkturellen Ausfälle wird die Zahl der Unternehmensinsolvenzen für das Gesamtjahr 2020 in Westeuropa möglicherweise um 20 Prozent steigen und an die Grenze von 200.000 betroffenen Unternehmen heranreichen.



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