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Konsumlust wieder erwacht

Es sind ja nicht nur die Unternehmen, die unter der Corona-Krise leiden. Konsumenten sind genauso vom Lockdown und den wirtschaftlichen Schwierigkeiten betroffen. Und wie für die Unternehmen, so stehen auch für die Verbraucher staatliche Hilfsmaßnahmen bereit, die helfen sollen, die Probleme abzufedern.

Vor allem der Kinderbonus und die Senkung der Umsatzsteuer wurden eingesetzt, um den Konsumenten und den Familien zu helfen, aber auch, um den privaten Verbrauch insgesamt auf ein Niveau zu bringen, das der Konjunktur in schwieriger Zeit weiterhilft.

Wirkung unklar

Das Wirtschaftsministerium hat verschiedene Untersuchungen in Auftrag gegeben, die klären sollen, ob die Initiativen der Regierung geholfen haben. Von Juli bis Dezember 2020 war die Umsatzsteuer von 19 auf 16 Prozent gesenkt worden. Hierfür wurden 20 Mrd. Euro bereitgestellt. Noch einmal 4,3 Mrd. Euro kostete der Kinderbonus. Im Herbst 2020 wurde den Familien pro Kind 300 Euro ausgezahlt. Berechnungen ergaben, dass bei Haushalten mit Kindern das verfügbare Nettoeinkommen um 0,5 Prozent stieg, im Durchschnitt aller Haushalte um 0,2 Prozent – das waren 90 Euro. Bei den Preisen kam es in Deutschland zu einer Senkung von 1,3 Prozent im Einzelhandel. Es ist allerdings schwierig, herauszuarbeiten, ob diese Preissenkung tatsächlich auf die Reduzierung der Umsatzsteuer zurückzuführen ist. Gerade der Einzelhandel hatte ja unter den Lockdown-Maßnahmen zu leiden und hat vielleicht aus eigener Initiative die Preise gesenkt, um weiterhin Käufer zu finden. Tatsächlich liegt eine Untersuchung des ifo Instituts nahe, dass der Effekt auf die Preise nur gering gewesen sei: Die Umsatzsteuersenkung wurde demnach nur zu 70 Prozent an die Konsumenten weitergegeben.

Dennoch hat es nach Ansicht des ZEW Auswirkungen auf das Preisniveau gegeben: Die Verbraucher wurden entlastet. Dabei hängt die Preisgestaltung im Zeichen der veränderten Umsatzsteuer stark von der Wettbewerbsintensität einzelner Produktgruppen ab. Während diese Untersuchungen auf Vergleichen des deutschen Handels mit Ländern, die keine Umsatzsteuersenkung durchgeführt haben (Österreich und die Niederlande), zurückgehen, so zeigen doch Befragungen, dass die Impulse sehr begrenzt sind. Rund drei Viertel der Konsumenten gaben an, aufgrund der Reduktion des Umsatzsteuersatzes keine Änderung ihres Konsumverhaltens zu planen. So war es nur jeder Fünfte, der angab, tatsächlich geplante Anschaffungen vorzuziehen. Fazit: Die Umsatzsteuersenkung hat den Fiskus viel Geld gekostet, ist aber in ihren Auswirkungen auf den Konsum nur sehr begrenzt spürbar gewesen. 

Kinderbonus hilft wirtschaftlich Schwachen

Beim Kinderbonus sieht es besser aus. Immerhin 80 Prozent der Befragten sagten aus, dass die Einmalzahlung für sie ein Anlass war, mehr Geld für den Verbrauch auszugeben. Insgesamt haben der Kinderbonus und die Umsatzsteuersenkungen nach Schätzungen des ifo Instituts zu einer Steigerung der Konsumausgaben um gut 0,6 Prozent geführt. Vor allem Alleinerziehende mit einem Kind oder Bürger mit nur geringem Einkommen haben durch die Maßnahmen beim Verbrauch überdurchschnittlich zugelegt.

Die Maßnahmen haben aber nicht nur auf das Konsumverhalten des Einzelnen eingewirkt, sondern auch auf die Volkswirtschaft als Ganzes. Berechnungen haben ergeben, dass die Konjunktur insgesamt um 0,5 Prozentpunkte beim BIP-Wachstum im Herbst 2020 höher lag als ohne diese Impulse. Dabei hätte das Wachstum noch besser ausgesehen, wenn die Umsatzsteuersenkung in vollem Umfang auf die Preise übergewälzt worden wäre.

Einzelhandel boomt

Während die Untersuchungen zu den erhofften positiven Auswirkungen staatlicher Maßnahmen wenig eindeutig und fundiert sind, sprechen die aktuellen Zahlen vom deutschen Einzelhandel eine klare Sprache. Um 4,2 Prozent legte der Einzelhandelsumsatz im Juni 2021 gegenüber dem Vormonat zu. Insgesamt liegt der Einzelhandelsumsatz nun 9,1 Prozent über dem Vorkrisenniveau. Einmal mehr zeigt sich: Es sind nicht die staatlichen Maßnahmen, die eine starke Wirkung auf das ökonomische Verhalten der Bürger zeitigen, sondern die realen Verhältnisse, die Motivationen auslösen. Das Ende des Lockdowns, die verbesserten Werte bei der Inzidenz und den Sterbefällen sowie die Hoffnungen durch den Einsatz des Impfens – all dies zusammen führt wohl dazu, dass der Verbraucher aktiv wird und das volkswirtschaftliche Wachstum antreibt.

Die Steigerungen gab es weniger bei den Lebensmitteln, sondern im Einzelhandel etwa mit Textilien mit einem Umsatzsprung von 70,5 Prozent gegenüber dem Mai, aber auch bei Einrichtungsgegenständen, Haushaltsgeräten und Baubedarf mit plus 18,1 Prozent. Besonders positiv ist anzumerken, dass diese Zahlen nicht nur einen markanten Unterschied zum Vormonat darstellen, sondern sich auch gegenüber den Vorjahreswerten deutlich positiv mit Steigerungen zwischen 5 und 10 Prozent zeigen. Es sind nicht nur die großen, global agierenden Internetkonzerne, die Rekordgewinne einfahren – auch der Einzelhandel vor Ort in Deutschland freut sich über die wachsenden Einnahmen.

Dabei steht in vielen Haushalten noch Geld bereit, das auf den Konsum wartet. Über 7 Bio. Euro schlummern auf den Konten privater Haushalte. In den Vereinigten Staaten ist die Sparquote drastisch gesunken, aber auch wenn Deutschlands Verbraucher vorsichtiger agieren, bleibt zu hoffen, dass mit dem Ende des Lockdowns der Konsum eine wichtige Stütze für die Erholung der Binnenkonjunktur hierzulande darstellt.



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