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Längere Zahlungsziele, mehr Überziehungen

Die anhaltende Wirtschaftskrise verlangt von Lieferanten und Kreditgebern eine deutlich größere Flexibilität. Damit steigt der Druck auf die Liquidität. Immer mehr Betriebe geraten in Zahlungsverzug.

Wer zahlt seine Rechnungen schon gerne sofort? Wenn die Geschäftspartner einem kein Skonto einräumen, dann nutzt man den Zeitraum bis zur Fälligkeit einer Forderung gerne aus. Stichwort: Lieferantenkredit. Die Leistung hat man bereits erhalten, doch mit dem Bezahlen kann man sich noch Zeit lassen – das schont die eigene Liquidität.

Wie der aktuelle Creditreform Zahlungsindikator Deutschland zeigt, haben Lieferanten und Kreditgeber ihre Zahlungsziele weiter gelockert. Sie reagieren damit offensichtlich auf die angespannte Geschäftslage vieler Geschäftspartner und bieten ihnen dadurch mehr Flexibilität. Auswertungen des Creditreform-Debitorenregisters Deutschland (DRD) zeigen, dass im B2B-Geschäft das durchschnittliche Zahlungsziel im 1. Halbjahr 2025 weiter gestiegen ist. Vor zwei Jahren waren es 29,93 Tage, inzwischen werden in Deutschland 31,46 Tage gewährt, bis die Zahlung erfolgt sein muss. Dabei mussten kleine Unternehmen kürzere Zahlungsziele hinnehmen, aber für die Gesamtentwicklung sind die großen verantwortlich: Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten erhielten eine deutlich längere Zahlungsfrist – nämlich 33,97 Tage.

Das ist, wie gesagt, praktisch für diejenigen, denen das großzügige Zahlungsziel gilt und eher unpraktisch für diejenigen, die sich nach mehr als zwei Jahren Krise gezwungen sehen, ihren Kunden entgegenzukommen und längere Zahlungsfristen zu gewähren. Denn es setzt sie zusätzlich unter Liquiditätsstress, denn während sie ihrerseits Rechnungen und Löhne bezahlen müssen, warten sie länger auf ihr Geld. Insbesondere große und marktmächtige Abnehmer dürften derzeit Druck auf ihre Lieferanten ausüben. Sie versuchen, Liquidität so lange wie möglich im Unternehmen zu halten.

Durchschnittliche Verzugsdauer geht zurück

In scheinbarem Widerspruch zu dieser Entwicklung steht eine andere: Dieselbe Auswertung ergab, dass die durchschnittliche Verzugsdauer überfälliger Rechnungen auf 7,89 Tage sank. Das ist der niedrigste Wert innerhalb der vergangenen zehn Jahre. Zudem ging die Anzahl überfälliger Rechnungen zurück. Und auch das durchschnittliche ausstehende Forderungsvolumen pro Schuldner verringerte sich von gut 23.600 Euro im Vorjahreszeitraum auf aktuell knapp unter 20.000 Euro.

Tatsächlich passen die Entwicklungen jedoch zusammen, weil sich beide als Krisenzeichen deuten lassen: Wenn die Betriebe bei den Zahlungszielen immer mehr nachgeben, also schon ohne Verzug länger auf ihr Geld warten müssen, sind sie natürlich gerade in Krisenzeiten gut beraten, ihr Risikomanagement zu intensivieren und idealerweise dafür zu sorgen, dass die Rechnungen zumindest nach Ablauf der Frist so rasch wie möglich bezahlt werden.

Addiert man nämlich die immer großzügiger werdenden Zahlungsziele und die durchschnittliche Verzugsdauer, so zeigt sich, dass Forderungen im 1. Halbjahr 2025 im Schnitt nach 39,35 Tage beglichen wurden. Fast 40 Tage also warten die Unternehmen derzeit im Schnitt auf ihr Geld – zwischen 2016 und 2021 waren es noch über 42 Tage. Dennoch ist dies kein Grund aufzuatmen, denn in einzelnen Branchen – etwa der Chemieindustrie und dem Einzelhandel – waren zuletzt gegen den allgemeinen Trend längere Laufzeiten zu beobachten. Insgesamt gilt: Je kürzer eine Forderung offen ist, desto geringer ist das Ausfallrisiko.

Alarmierend: Zahl der Betriebe mit Zahlungsverzug steigt stark

Zusätzliche exklusive Auswertungen von Creditreform zeigen einen weiteren alarmierenden Trend. Mag die Verzugsdauer auch insgesamt abnehmen, die Zahl der Betriebe, die ihre Rechnungen nicht fristgerecht begleichen, steigt derzeit stark an. Spitzenreiter: die öffentliche Verwaltung. Die Zahl der säumigen Kommunen nahm um knapp 36 Prozent zu. Doch auch in zahlreichen Wirtschaftsbranchen ist die Entwicklung beunruhigend. So stieg etwa im Gesundheitswesen die Anzahl der Betriebe mit Zahlungsverzug jüngst um 31,7 Prozent, bei unternehmensnahen Dienstleistungen um 15,5 Prozent und bei Kfz-Handel sowie -Reparatur erhöhte sie sich um 14,5 Prozent. Im Einzelhandel stieg die Zahl der Betriebe, die ihre Rechnungen zu spät zahlen, um 11,4 Prozent.

Für jedes einzelne Unternehmen im B2B-Geschäft bedeutet das: Die Zahl säumiger Geschäftspartner könnte sich jederzeit erhöhen. Umso mehr empfiehlt es sich deshalb gerade in Krisenzeiten, unablässig Wirtschaftsinformationen nicht nur über bestehende, sondern auch potenzielle Geschäftspartner einzuholen sowie die Zahlungsziele idealerweise nach deren Bonität und Zuverlässigkeit zu staffeln. Wenn man schon lange Zahlungsziele gewähren muss, sollte man wenigstens die Chance erhöhen, dass das Geld spätestens mit Ablauf der Frist auch wirklich eingeht.

Quelle:
www.creditreform.de



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