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SchuldnerAtlas Deutschland 2025 – Trendwende erreicht: Überschuldung steigt deutlich

5,67 Millionen Bürger überschuldet / Zuwachs um 111.000 Fälle / Finanzielle Puffer vieler Menschen aufgebraucht

Nach sechs Jahren rückläufiger Zahlen kehrt die Überschuldung in Deutschland zurück: 2025 sind wieder 5,67 Millionen Menschen über 18 Jahre überschuldet – 111.000 mehr als im Vorjahr (+ 2,0 Prozent). Die Überschuldungsquote steigt auf 8,16 Prozent (2024: 8,09 Prozent). Damit verzeichnet Deutschland erstmals seit 2018 wieder einen spürbaren Anstieg.

„Die Trendwende ist da – und sie kommt mit Ansage“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Wirtschaftsforschung bei Creditreform. „Nach Jahren des Angst-Sparens sind die finanziellen Puffer vieler Menschen schlicht aufgebraucht. Die Multikrise hat nicht nur Spuren hinterlassen, sie wirkt jetzt nach.“ Der letzte ähnlich starke Anstieg liegt neun Jahre zurück, als 2016 rund 130.000 neue Überschuldungsfälle gemessen wurden.

Überschuldung trifft die Mitte der Gesellschaft

Die Daten zeigen, dass 2025 nicht nur klassische Risikogruppen betroffen sind. Erstmals seit Jahren steigt die Zahl überschuldeter Verbraucher über fast alle sozialen Gruppen hinweg. Besonders auffällig ist die Entwicklung bei den „Lifestyle-Überschuldeten“ und „Überschuldungspragmatikern“ – also Menschen mit mittlerem oder sogar überdurchschnittlichem Einkommen, die ihren Lebensstandard nach Jahren des Verzichts durch Ersatz- oder Nachholkonsum zu halten versuchen. „Überschuldung ist kein Randphänomen mehr“, so Hantzsch. „Wir sehen mittlerweile viele, die eigentlich gut situiert sind, aber ihre finanzielle Belastbarkeit überschätzt haben. Das betrifft zunehmend auch Menschen mit stabilem Einkommen und geregeltem Alltag.“

Harte und weiche Überschuldung steigen parallel – ein Warnsignal

Besonders bemerkenswert ist, dass harte und weiche Überschuldung zugleich zunehmen – eine Besonderheit, die zuletzt 2017 in dieser Form beobachtet wurde. Die Zahl der juristisch relevanten Überschuldungsfälle (z. B. Vollstreckungen, Inkassoverfahren, Haftbefehle) stieg um rund 39.000 Fälle, während die weichen Überschuldungen, also anhaltende Zahlungsstörungen ohne rechtliche Konsequenz, um 72.000 Fälle zunahmen.

„Wenn beide Formen gleichzeitig steigen, spricht das für eine breite strukturelle Verschlechterung der privaten Finanzen“, erklärt Bernd Bütow, Geschäftsführer von Creditreform. „Viele Verbraucher rutschen nicht plötzlich, sondern schleichend in die Überschuldung – erst geraten Rechnungen in Rückstand, dann folgen Mahnungen und schließlich juristische Verfahren. Das aktuelle Doppelplus ist ein klares Warnsignal für die kommenden Jahre.“ Einen gleichzeitigen Anstieg beider Merkmalstypen gab es in den letzten 20 Jahren nur in den Jahren 2007, 2010, 2012 und 2017.

Junge und Ältere besonders gefährdet

Überdurchschnittlich stark gestiegen ist die Überschuldung bei jungen Menschen unter 30 Jahren und bei älteren über 60 Jahren. Während Jüngere durch Konsum, Kredite und Onlinekäufe ins Straucheln geraten, leiden Ältere zunehmend unter steigenden Lebenshaltungskosten und begrenzten Renteneinkommen. „Wir erleben eine neue Zweiteilung der Überschuldung“, so Bütow. „Die Jungen stolpern über Konsumverhalten, die Älteren über strukturelle Knappheit. Beide Gruppen haben kaum Spielraum, wenn unvorhergesehene Ausgaben kommen.“

Regionale Unterschiede – Trendwende bundesweit sichtbar

In 69 Prozent der Kreise und kreisfreien Städte sind die Überschuldungsquoten 2025 gestiegen – das ist doppelt so häufig wie im Vorjahr. Besonders stark betroffen sind wirtschaftlich angeschlagene Regionen in Nordrhein-Westfalen, aber auch Teile Bayerns und Sachsens zeigen Zuwächse. Damit ist die aktuelle Entwicklung flächendeckend negativ – ein Novum nach Jahren des Rückgangs.

Finanzielle Resilienz schwindet

Creditreform sieht die Gründe für den Anstieg vor allem in der nachlassenden finanziellen Widerstandsfähigkeit vieler Haushalte. Nach Jahren multipler Krisen – Pandemie, Energiepreise, Inflation – sind Ersparnisse und Reserven vieler Verbraucher aufgezehrt.

„Viele haben die letzten Jahre mit erstaunlicher Disziplin überstanden“, so Bütow. „Aber jetzt zeigt sich: Resilienz ist keine unerschöpfliche Ressource. Die Rücklagen sind weg, das Vertrauen ist angeschlagen – und die Überschuldung kehrt zurück.“

Ausblick

Creditreform rechnet damit, dass sich der negative Trend auch 2026 fortsetzen wird. Steigende Zinsen, hohe Lebenshaltungskosten und ein schwächerer Arbeitsmarkt dürften die Situation weiter verschärfen. „Die Überschuldung droht wieder ein echtes gesellschaftliches Thema zu werden“, betont Hantzsch.

 

Verantwortlich für den Inhalt:

Creditreform Wirtschaftsforschung
Patrik-Ludwig Hantzsch
Hammfelddamm 13
41460 Neuss
Tel.: 02131/109-172
E-Mail: p.hantzsch@verband.creditreform.de

Redaktion: Dr. Rainer Bovelet, Aachen

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