SchuldnerAtlas Münsterland 2023

Trotz erneutem Rückgang sind zum Stichtag 31.10.2023 immer noch 90.200 Münsterländer überschuldet und weisen nachhaltige Zahlungsstörungen auf. Das sind rund 4.400 Schuldner weniger als vor einem Jahr, die einer Überschuldungsspirale entkommen konnten.

Die Überschuldungslage der Verbraucher ist ambivalent. Auf den ersten Blick hat sie sich 2023 nochmals leicht verbessert. Nur noch 5,65 Millionen Menschen (- 233.000 Fälle ggü. Vj.) gelten 2023 in Deutschland als überschuldet – im Münsterland sind es 90.200 (-4.400 Fälle ggü. Vj.). Offiziell ist das ein erneuter Tiefststand. Die Überschuldungsquote, also der Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen in Deutschland, sinkt um 0,33 Punkte auf 8,15 Prozent, im Münsterland um 0,35 Punkte auf 6,66 Prozent.

Münsterlandzahlen auf Kreisebene

Auf Kreisebene bleibt das Münsterland durchgängig eine Region mit einer geringen Schuldnerdichte und wird im SchuldnerAtlas somit erneut grün ausgewiesen.

Der Kreis Coesfeld ist unverändert mit einer Schuldnerquote von 5,47 Prozent (Vj.: 5,75 Prozent) der Kreis mit der geringsten Überschuldung der Bevölkerung und das, obwohl der Rückgang der Schuldnerquote um minus 0,28 Prozentpunkte hier am geringsten ausfiel. Auf Platz zwei finden wir die kreisfreie Stadt Münster. Mit dem höchsten Rückgang um minus 0,44 Prozentpunkte liegt die Überschuldung hier bei aktuell 6,13 Prozent. Die Kreise Borken, Steinfurt und Warendorf freuen sich über einen Rückgang von jeweils rund einem Drittel Prozent (minus 0,36, minus 0,35, minus 0,31 Punkte)  und liegen mit 7,04 Prozent (Kreis Borken), 7,07 Prozent (Kreis Steinfurt) und 7,05 Prozent (Kreis Warendorf) dicht beieinander.

Die meisten Schuldner des Münsterlandes wohnen nach wie vor im Kreis Steinfurt, wo knapp 27.300 Schuldner registriert wurden.

Überschuldungsintensität

Ein wichtiger Basistrend hat sich geändert: Die „harte Überschuldung“ (vereinfacht: juristische Sachverhalte) sinkt in ähnlicher Weise wie im letzten Jahr, hingegen ist die „weiche Überschuldung“ (vereinfacht: nachhaltige Zahlungsstörungen) erstmals seit 2020 in Deutschland wieder angestiegen.

Dem bundesweiten Trend folgend hat auch im Münsterland die harte Überschuldungsintensität abgenommen. Allerdings verzeichnen im Münsterland auch die weichen Überschuldungsquoten einen leichten Rückgang oder sind zumindest nahezu unverändert, was bei mehr als der Hälfte der deutschlandweiten Kreise nicht der Fall ist. Einzig im Kreis Warendorf nahm die Überschuldungsquote mit weichen Negativmerkmalen marginal um 0,08 Prozentpunkte zu.

Der Rückgang bei den harten Überschuldungsfällen ist jedoch zu relativieren. An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass im Frühjahr 2023 in den Creditreform Datenbanken die Speicherdauer für die Einträge zu abgeschlossenen Privatinsolvenzen von drei Jahren auf sechs Monate verkürzt worden ist. Ohne diese Änderung wäre die Zahl überschuldeter Verbraucher mit harten Negativmerkmalen in diesem Jahr wohl erstmalig wieder seit 2019 angestiegen.

Rezession als Überschuldungstreiber

„Die zahlreichen Maßnahmen des Staates haben gerade die unteren Einkommensschichten signifikant entlastet. Fraglich ist, ob die Hilfen einen Langzeiteffekt haben“, so Wirtschaftsexperte Hantzsch. „Der starke Anstieg des Mindestlohns 2022 und das Bürgergeld beispielsweise haben zwar für den Moment entlastet, der Preis dafür ist aber besonders für die kleinteilige Wirtschaft hoch, da deren Lohnkosten langfristig steigen und personalintensive Branchen weniger Mitarbeiter finden“, so Hantzsch weiter. „Die Überschuldung von Verbrauchern ist eng an die konjunkturelle Entwicklung geknüpft. Dabei sind die wirtschaftlichen Aussichten ungewiss, aber durch die Bank trübe“, so Hantzsch. „Bei den Unternehmensinsolvenzen hat eine Trendumkehr bereits eingesetzt.“ Das Durchschlagen auf die Verbraucher sei nur eine Frage der Zeit, da sich zum Beispiel auch die Lage am Arbeitsmarkt trotz demographischen Wandels wieder verschärfe und Deutschland sich beim Wachstum auf den letzten Plätzen befindet. „Wenn produzierende Unternehmen dem Wirtschaftsstandort Deutschland den Rücken kehren, kostet das gut bezahlte Arbeitsplätze und die finanzielle Sicherheit der Beschäftigten“, so Hantzsch.

Altersstruktur und Geschlecht der Schuldner

Aktuell sinken die Überschuldungsquoten und -fälle bei Männern und Frauen zugleich, wenn auch bei den Männern mit minus 0,52 Prozentpunkten deutlicher als bei den Frauen mit minus 0,25 Prozentpunkten. Zum Stichtag 31.10.2023 sind 7,88 Prozent der männlichen geschäftsfähigen Verbraucher im Münsterland überschuldet und 4,88 Prozent der weiblichen Konsumenten.
In absoluten Zahlen sind das im Münsterland knapp 33.800 Frauen und gut 52.200 Männer.

Der Rückgang der Überschuldungslage zieht sich durch alle Altersklassen. Besonders die Altersklassen 40 bis 69-jährige verzeichnen einen deutlichen Rückgang der Schuldnerquote um rund 0,5 Prozentpunkte. Bei den ganz jungen Schuldnern unter 30 Jahre und den ältesten Schuldnern über 70 Jahre ist kaum eine Veränderung zum Vorjahr spürbar.

Erschreckend ist jedoch, dass bereits rund 6.700 Verbraucher unter 30 Jahren in unserer Region eine hohe Überschuldungsintensität aufweisen.

Unverändert ist das Risiko, in die Überschuldung zu rutschen, im Alter von 30 bis 49 Jahren am größten. In dieser Altersklasse hat jeder Zehnte im Münsterland seine Finanzen nicht im Griff. Ab dem Alter von 50 Jahren sinkt der Anteil der Schuldner dann wieder.

Ausblick

In einer Gesamtsicht ist die aktuelle Entwicklung auf den ersten Blick erfreulich. Die vorliegenden positiven Überschuldungsdaten müssen jedoch differenziert betrachtet werden und dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Überschuldungsrisiko in Deutschland und auch im Münsterland wieder zunehmen wird.

 

 


[1] siehe microm „Schuldnertypologie“




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