Unternehmensfinanzierung – der Bankkredit und seine Alternativen
Lange Zeit spielten Zinsen für die Wirtschaft kaum eine Rolle. Geld war billig, Kredite zu bekommen kein Problem. Das hat sich im vergangenen Jahr geändert. Bei der Suche nach einer Unternehmensfinanzierung sollten nicht nur Bankkredite eine Rolle spielen.
Wer einen Kredit aufnehmen will, braucht seit einem Jahr starke Nerven. Acht Mal hat die Europäische Zentralbank EZB den Leitzins seit Juli 2022 angehoben. Die letzte Erhöhung auf 4 Prozent hatte Christine Lagarde am 15. Juni 2023 verkündet. Hoffnungen auf eine Pause der Leitzins-Erhöhungen nach amerikanischem Vorbild hatte die EZB-Präsidentin einen Riegel vorgeschoben: „Wir sind noch nicht fertig, wir haben noch viel zu tun“, sagte sie mit Blick auf kommende Entscheidungen.
Die Finanzierungskosten für Unternehmen sind gestiegen, gleichzeitig ist die Innovationsbereitschaft gesunken. Auch die Anforderungen der Banken an Unternehmen, die sich um Kredite bemühen, haben sich deutlich erhöht. Im vierten Quartal 2022 hatten die KFW und das ifo-Institut in einer gemeinsamen Analyse gar von einem Rekordhoch der Kredithürden berichtet. Zum Jahresbeginn seien Unternehmen zwar wieder leichter an Bankfinanzierungen gekommen. Jedoch empfände immer noch gut ein Viertel der kleinen und mittleren Unternehmen das Verhalten der Institute in Kreditverhandlungen als restriktiv, schreiben die Studienautoren.
Kein Umfeld, in dem man sich gern um eine Finanzierung bemüht. Wenig überraschend sei die Nachfrage nach Bankkrediten spürbar zurückgegangen, heißt es in der Analyse „Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Frühjahr 2023“ von Creditreform. Weniger als ein Viertel der Befragten (23,8 Prozent) hat in den vergangenen Monaten ein Darlehen beantragt. Bei der Befragung zwei Jahre zuvor war es noch knapp ein Drittel (32,4 Prozent).
Doch nicht immer lässt sich das schwierige Thema umschiffen. Wenn eine neue Finanzierung zwingend notwendig ist oder eine Refinanzierung ansteht, haben Unternehmen keine Wahl. Sie müssen sich um Kredite bemühen oder nach Alternativen Ausschau halten. Dabei ist es sinnvoll, die Finanzierung breit aufzustellen, zu diversifizieren und so über mehrere Wege Zugang zum Kapitalmarkt zu haben.
Lesen Sie hier die wichtigsten Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung:
Bankkredite
Die Hausbank ist für viele mittelständische Unternehmen noch immer die erste Wahl, wenn es um die Refinanzierung oder um Investitionen geht. Aber gerade in Zeiten steigender Zinsen werden Darlehen teuer. Daher gilt wie bei allen Krediten: verschiedene Anbieter vergleichen und Konditionen überprüfen. Und: Die Hausbank ist zwar beliebt, büßt aber auch kontinuierlich an Bedeutung ein. So hat zuletzt der Bundesverband Factoring für den Mittelstand (BFM) herausgefunden, dass 62 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen ihre Bindung zu klassischen Kreditpartnern lockern möchten. Zwei Jahre zuvor waren es noch 57 Prozent.
Börsengang
Viele Mittelständler betrachten den Kapitalmarkt zunächst skeptisch – ein Börsengang wird als teuer und umständlich wahrgenommen. Die Furcht vor Kontrollverlust kommt hinzu. Dennoch bietet er eine Alternative zu klassischen Darlehen, um zusätzlichen Finanzbedarf zu decken. Allerdings müssen Vor- und Nachteile gut abgewogen werden. Der IPO bedeutet in der Regel eine spürbare Finanzspritze und erhöht gleichzeitig die Bekanntheit des Unternehmens. Er kann helfen, wichtige Projekte – wie die Digitalisierung oder Internationalisierung – anzuschieben, für die ein Unternehmen sonst nicht so einfach die finanziellen Mittel hätte.
Ein Börsengang stellt Unternehmen aber auch vor einige Herausforderungen. Die Berichtspflicht, eine kapitalmarktkonforme Compliance und die Aktionärs-Kommunikation bedeuten einen zusätzlichen Aufwand, den Mittelständler häufig scheuen. Außerdem lässt sich ein Börsengang nicht kurzfristig umsetzen und kostet zunächst einmal Geld – für Beratung, Wirtschaftsprüfung und die Bank, die den IPO begleitet.
Mittelstandsanleihen ausgeben
Ein anderer Weg an Geld über den Kapitalmarkt zu kommen, sind Anleihen. Nicht nur Staaten oder große Industrieunternehmen können sie ausgeben, sondern auch mittelständische Unternehmen. Das Volumen des gesamten deutschen Mittelstandsanleihemarkts schätzen Experten der Wirtschaftswoche zufolge auf drei bis vier Milliarden Euro. Genau weiß es keiner, heißt es dort, denn Rückzahlungsquoten werden nicht nachgehalten und die Definition von „Mittelstand“ ist nicht einheitlich.
Die Unternehmensanleihen für Mittelständler werden auch Mini-Bonds genannt. Für eine bestimmte Laufzeit, beispielsweise fünf Jahre, und einen fixen Zinssatz können Unternehmen ihre Anleihen ausgeben und sich damit zusätzliche Finanzmittel am Kapitalmarkt erschließen. Wie hoch die Zinsen ausfallen, die Unternehmen an Anleger auszahlen müssen, hängt vom Rating ab, das Rating-Agenturen ermitteln. Dazu wird die Bonität des Unternehmens eingeschätzt. Oft sind aber auch hier die Zinsen, die die Emittenten zahlen müssen, relativ hoch.
Investoren gewinnen
Keine Zinsen, dafür aber Mitspracherechte, fordern Investoren. Sie sind eine weitere Möglichkeit für Mittelständler, an frisches Geld zu kommen. Allerdings wird eine Refinanzierung bestehender Kredite allein keinen Investor dazu bewegen, in ein Unternehmen einzusteigen. Sie suchen nach Wachstumschancen und werden sich die Geschäftsstrategie entsprechend genau ansehen. Gute Investoren können Beratung und Kontakte einbringen und so zum Wachstum beitragen. Zu unterscheiden sind private Investoren und Private-Equity-Häuser. Letztere sind Finanzinvestoren, die häufig ihre Beteiligung nutzen, um das Geschäft zu optimieren. Denn sie sind daran interessiert, ihre Beteiligung mittelfristig gewinnbringend wieder zu verkaufen. Das muss aber nicht nachteilig sein. Gerade Investoren, die sich auf Investments in mittelständische Unternehmen spezialisiert haben, können mit ihrer Erfahrung hilfreich sein.
Private Lending
Die bankenunabhängige Finanzierung durch private Investoren über sogenannte Private-Dept-Fonds hat an Bedeutung gewonnen. Weltweit umfasste der Markt im Jahr 2022 Blackrock zufolge 1,3 Billionen US-Dollar geschätzt. Häufig vergeben Vermögensverwalter oder Fonds, die sich auf alternative Anlagen spezialisiert haben, diese Kredite. Sie verzichten dabei in der Regel auf persönliche Bürgschaften, anders als das häufig bei klassischen Bank-Krediten der Fall ist. Die genauen Bedingungen des Private Lending können sehr unterschiedlich sein, je nach Laufzeit und Sicherheiten.
Crowdfunding
Eine weitere Form der privaten Finanzierung ist das Crowdfunding. Dabei erhalten Unternehmen über eine Crowdfunding-Plattform Kapital von Einzelpersonen. Die Geldgeber erhalten dafür kleinere oder größere Belohnungen als Dankeschön, Eigenkapitalanteile oder Produkte. Voraussetzung für eine erfolgreiche Crowdfunding-Kampagne ist ein gutes Online-Marketing, das eine kritische Masse von Menschen erreicht sowie eine überzeugende Geschichte erzählt. Für die Refinanzierung eines ablaufenden Kredits wird sich die „Crowd“ schwer gewinnen lassen, für zusätzliche Investitionen ist das aber durchaus möglich. Nach Angaben des Bundesverbandes Crowdfunding ist das Finanzierungsinstrument nicht unüblich im Mittelstand. Den Informationen zufolge sind mehr als 95 Prozent aller crowdfunding-finanzierten Unternehmen dem KMU-Bereich zuzuordnen.
Öffentliche Fördermittel
Es gibt eine Reihe staatlicher Fördermittel und öffentliche Finanzierungsprogramme, die mittelständische Unternehmen abrufen können. Es gibt verschiedene Zuschüsse, Darlehen oder Beteiligungen, die beispielsweise auf einzelne Wirtschaftssegmente zugeschnitten sein können oder regional durch Kommunen oder Landesregierungen ausgegeben werden. Eine Übersicht über Förderprogramme, Organisationen, Neuerungen sowie häufigen Fragen und Antworten bietet das Förderportal der Bundesregierung. Wie Sie Fördermittel für Investitionen in Nachhaltigkeit erhalten, lesen Sie hier.
Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Franziska Mozart
Bildnachweis: Wutwhanfoto / iStock
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