Wie digital wird der Euro?

Ob EU-Parlament, Europäische Kommission oder Rat der EU: Europapolitik beeinflusst maßgeblich die deutsche Gesetzgebung – und damit auch den Handlungsrahmen für die Wirtschaft. Was wird aktuell in Brüssel und Straßburg diskutiert? Derzeit geht es mit dem digitalen Euro und strengeren Regeln für Internetplattformen um die digitale Zukunft Europas.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat Großes vor: Ab Oktober dieses Jahres soll die Planungsphase für den digitalen Euro abgeschlossen sein; 2028 könnte die neue Zentralbankwährung „D€“ als Ergänzung zum Bargeld Realität werden. Der digitale Euro soll ein gesetzliches Zahlungsmittel sein, das direkt bei der EZB abgesichert ist. Ziel ist ein stabiles, digitales Bezahlsystem, das nicht von US-Konzernen oder Blockchain-Experimenten kontrolliert wird und Zahlungen im Binnenmarkt vereinfacht. Doch was als Innovationsschub gedacht ist, sorgt im deutschen Mittelstand für Stirnrunzeln. So sind für digitale Euro-Konten derzeit keine Überziehungsmöglichkeiten vorgesehen. Außerdem befürchten viele kleine und mittlere Unternehmen, dass mit dem digitalen Euro neue Meldepflichten, technische Umstellungen und datenschutzrechtliche Unsicherheiten einhergehen. Kritiker wie die Datenschutzexperten der internationalen Berlin Group warnen beispielsweise vor gläsernen Transaktionen, die zu mehr Profiling und Überwachung führen und die Datensicherheit gefährden könnten. Sie fordern klare Regeln, etwa pseudonyme Transaktionen und eine Anonymitätsgrenze bei Kleinstbeträgen. Die EU-Kommission verspricht: Die Nutzung bleibt freiwillig, mit Offline-Option und Schutz persönlicher Daten. Doch verbindliche Gesetze stehen noch aus. Erst mit dem nötigen Mandat kann die EZB handeln.

Sicher aber ist: Wenn Europa den Zahlungsverkehr der Zukunft nicht selbst gestaltet, übernehmen andere das Geschäft − und die Kontrolle über die Daten, warnt beispielsweise die vbw - Vereinigung der bayerischen Wirtschaft. Für Unternehmen heißt das: Jetzt prüfen, wie und ob der digitale Euro ins eigene Geschäftsmodell passt.

Das Ende der digitalen Selbstbedienung

Brüssel versus Big Tech:

Mit dem Digital Services Act (DSA) und dem Digital Markets Act (DMA) hat die EU erstmals ein verbindliches Regelwerk auf den Weg gebracht, das gezielt die Marktmacht von Internetgiganten wie Alphabet, Amazon, Apple, Bytedance, Google, Meta und Microsoft ins Visier nimmt.

Seit Februar 2024 (DSA) beziehungsweise März 2024 (DMA) gelten für sogenannte „Gatekeeper“ – also Plattformen mit gewaltiger Reichweite und demzufolge enormem Einfluss – umfassende neue Pflichten: Sie müssen interne Schnittstellen öffnen, Nutzerdaten mit Wettbewerbern teilen und Werbung transparenter kennzeichnen. Auch die Bevorzugung des eigenen Unternehmens bei der digitalen Suche, in App Stores oder bei Preisvergleichen ist verboten. Unternehmen, die dagegen verstoßen, riskieren Strafen von bis zu 10 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes – im Wiederholungsfall sogar 20 Prozent.

Wie ernst es Brüssel meint, zeigt jetzt der Fall TikTok. Laut vorläufiger Einschätzung der Europäischen Kommission verstößt die Onlineplattform (dessen Eigentümer Bytedance in China ansässig ist) wegen intransparenter Werbung gegen den DSA − und riskiert damit eine Geldstrafe von bis zu 6 Prozent des weltweiten Jahresumsatzes.

Für Verbraucher bedeuten DSA und DMA mehr Schutz, mehr Wahlfreiheit, mehr Transparenz. Doch auch kleinere Anbieter digitaler Dienstleistungen geraten unter Druck: Sie müssen strengere Regeln zur Inhalte-Moderation, zum Risikomanagement und zur Verhinderung illegaler Inhalte einhalten. Gerade für mittelständische E-Commerce-Plattformen oder spezialisierte Forenanbieter könnten die Compliance-Kosten künftig spürbar steigen. Gleichzeitig entstehen aber auch neue Chancen für den Mittelstand in Europa: Wer jetzt schnell Compliance schafft, kann demzufolge seine Wettbewerbsvorteile ausbauen. Zudem öffnen sich Märkte, die bislang durch technische Barrieren blockiert waren.

Thierry Breton, ehemaliger EU-Kommissar für den Binnenmarkt, sieht das Regelwerk daher auch als ein Instrument, „das Startups hilft, in Europa zu wachsen und sich zu etablieren“. Kein Zweifel: Mit DSA und DMA definiert Brüssel neue Spielregeln für die digitale Wirtschaft.


Quelle: Magazin "Creditreform"
Text: Gerhard Walter
Bildnachweis: Adobe Stock



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