Sicherer Außenhandel: Vom Vertrag bis zum Inkasso

Im Exportgeschäft treten nicht unbedingt mehr aber andere Risiken im Vergleich zum Inlandsgeschäft auf. Darauf müssen Sie achten, damit Sie auch international erfolgreich sind.

Gut aufgestellt im Außenhandel

Andere Sprachen, verschiedene Rechtsformen, kulturelle Unterschiede – Der internationale Handel ist mit Herausforderungen verbunden, bedeutet aber auch neue Chancen. Umso wichtiger ist es, dass expandierende Unternehmen mögliche Risiken erkennen. Je besser sie Geschäftsrisiken einschätzen können, desto eher wird es ihnen gelingen, diese zu minimieren. Wer europa- oder weltweit erfolgreich sein möchte, muss also von der Vertragsgestaltung über die Risikoprüfung bis zum Forderungsmanagement gut aufgestellt sein.
Denn auch wenn die eigenen Produkte oder Dienstleistungen konstant gefragt sind und Sie bereits seit längerer Zeit internationale Geschäftsbeziehungen pflegen, kann Ihr Auslandsgeschäft aufgrund besonderer äußerer Umstände in Schieflage geraten. Dies hat spätestens die Corona-Pandemie gezeigt.

Sicherer Außenhandel beginnt mit der Vertragsgestaltung

Im Außenhandel bewegen sich Unternehmen in verschiedenen Rechtsordnungen, das heißt, nicht nur die geographischen Grenzen werden verlassen, sondern auch der Geltungsbereich des deutschen Rechts. Deshalb findet bei einem Auslandssachverhalt auch nicht automatisch das deutsche Recht Anwendung. Trotz eines hohen Harmonisierungsgrads innerhalb der Europäischen Union (EU) unterscheidet sich das nationale Recht der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten. Außerhalb der EU sind die Unterschiede noch gravierender. 

Durch eine sorgfältige und vorausschauende Vertragsgestaltung gibt es Möglichkeiten, Ihr Unternehmen gegen bestimmte Risiken besser abzusichern. Machen Sie sich frühzeitig Gedanken darüber, wie das Worst-Case-Szenario im Auslandsgeschäft in Ihrem Wirtschaftszweig aussehen würde und welche Bedingungen dann gelten sollen.

  • Besonderheiten bei der Vertragssprache

    Vertragssprache ist nicht gleich Alltagssprache – das ist wohl bei den meisten Sprachen der Fall. So kann ein Begriff in der Alltagssprache eine völlig andere Bedeutung haben als in der Vertragssprache. Sprachliche Missverständnisse sind dann vorprogrammiert. Beispielsweise bedeutet das Wort „consideration“ im umgangssprachlichen Englisch „Erwägung/ Überlegung“, im vertragssprachlichen Englisch steht es für „Gegenleistung“. Besonderes Augenmerk sollte auch auf den Verben „undertake, should, shall, will“ liegen, die einen steigenden Verpflichtungsgrad haben. Wenn Sie mit anderen Landessprachen also nicht so vertraut sind, überlassen Sie die Vertragsgestaltung am besten einem Anwalt für Außenwirtschaftsrecht.

  • Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vertragswirksam einbinden

    Bei den AGB handelt es sich um Verkaufs- und Lieferbedingungen, die einmal festgehalten sind und damit nicht für jeden Vertrag individuell geschrieben werden müssen. Damit diese auch wirksam in den jeweiligen Vertrag eingebunden sind, benötigt es – spätestens zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses – einen unmissverständlichen Einbeziehungshinweis außerhalb der AGB. So ist es zu empfehlen, diesen Hinweis im Angebot und in der Auftragsbestätigung zu platzieren. Dieser Hinweis muss in der Sprache des Vertragspartners oder in der Verhandlungssprache formuliert sein.
    Auch reicht es nicht, die AGB nur auf der Website zu hinterlegen. Sie haben die Pflicht, dem Vertragspartner die AGB in der richtigen Landessprache zu übersenden.

  • Welches Recht findet Anwendung?

    Wenn nichts vertraglich vereinbart wurde, gilt bei B2B-Geschäften in der Regel das Recht des Verkäufers. Deutsches Recht bedeutet im grenzüberschreitenden Handel grundsätzlich UN-Kaufrecht. Auch sollten Sie den Gerichtsstand klar vereinbaren: In der Regel ist der Klagegegner an seinem Sitz zu verklagen. Bei B2B-Geschäften kann jedoch ein abweichender Gerichtsstand vereinbart werden. Dabei sollte allerdings immer die Frage gestellt werden, ob ein deutsches Urteil im Land des Geschäftspartners überhaupt anerkannt wird.

  • Vertragliche Möglichkeiten der Haftungsbeschränkungen

    Hinweis: Prüfen Sie unbedingt vorab, welche Haftungsbeschränkungen laut anwendbarem Recht erlaubt sind.

    • Lieferzeit vertraglich festlegen
      Wenn keine Lieferzeit vereinbart ist, kann Ihr Käufer die Ware sofort verlangen.
       
    • Verzugseintritt nach hinten schieben
      Wenn die Ware nicht zum vereinbartem Zeitpunkt geliefert wird, kann Ihr Käufer Verzugsschaden verlangen.
       
    • Pauschalierten Schadenersatz vereinbaren
      Sofern kein pauschalierter Schadenersatz vereinbart wurde, ist die Höhe des Schadenersatzes, wenn Ihr Käufer den Schaden nachweisen kann, nach oben offen. Beim pauschalierten Schadenersatz einigen sich beide Parteien auf eine maximale Summe, die im Schadenfall anfällt. Mit einer solchen Vereinbarung sind Sie auf der sicheren Seite und können genauer kalkulieren.
       
    • Beschaffungsrisiko von sich weisen
      Grundsätzlich trägt der Verkäufer das Beschaffungsrisiko. Das heißt, wenn Sie als Verkäufer aufgrund von Unterbrechungen in der Lieferkette Material nicht bekommen haben und damit Ihren Kunden nicht rechtzeitig beliefern können, tragen Sie das Risiko. Sie müssen für Ersatzbeschaffung sorgen, auch wenn es teurer ist oder länger dauert. Andernfalls kann Ihr Kunde vom Vertrag zurücktreten und Schadenersatz verlangen. Vertraglich können Sie das Beschaffungsrisiko von sich weisen.
       
    • Höhere Gewalt Klausel einbinden
      Höhere Gewalt bezeichnet ein von außen kommendes Ereignis, das außerhalb des Einflussbereichs beider Parteien liegt und trotz hoher Sorgfalt nicht abzuwenden war. Im Vertrag muss geregelt sein, wann ein solcher Fall vorliegt. Der Vertrag wird dadurch nicht beendet, sondern ruht während dieses Ereignisses lediglich.

Sicherer Außenhandel durch Auslandsauskünfte

Neben einer vorausschauenden Vertragsgestaltung haben Sie noch weitere Möglichkeiten, Ihre Auslandsgeschäfte abzusichern. Wie im Inlandsgeschäft empfiehlt es sich, die wirtschaftliche Situation Ihrer Kunden zu kennen, indem Sie über aktuelle Bonitätsbewertungen und Zahlungserfahrungen verfügen. Diese erhalten Sie durch Abruf einer internationalen Bonitätsauskunft noch vor Geschäftsabschluss. Je nach Bonitätsindex Ihrer Partner entscheiden Sie sich für oder gegen das jeweilige Auslandsgeschäft und können Zahlungsbedingungen individuell festlegen. 
Tipp: Die Bonität kann sich jederzeit ändern. Deshalb ist es auch in dauerhaften Geschäftsbeziehungen sinnvoll, Ihre Kunden langfristig im Blick zu haben. Die Kombination aus Bonitätsauskunft, dauerhaftem Monitoring und Kundenverhalten zeigt, ob sich ein Geschäftspartner in finanziellen Schwierigkeiten befindet und Vereinbarungen halten kann.

Sicherer Außenhandel: Wirtschaftliche Lage des jeweiligen Landes im Blick

Nicht nur datengestützte Informationen zu Geschäftspartnern sorgen für mehr Sicherheit. Ihr Auslandsgeschäft kann auch durch politische, wirtschaftliche oder pandemiebedingte Umstände negativ beeinflusst werden. Informieren Sie sich deshalb zusätzlich über die wirtschaftliche Lage und die Besonderheiten des Landes, in dem Ihr Partner seinen Firmensitz hat.

  • Wie steht es um die Konjunkturentwicklung des Landes?
  • Worauf muss ich aktuell achten, wenn ich Auslandsgeschäfte mit Lieferanten oder Kunden aus diesem Land mache?
     

Creditreform hat für die wichtigsten internationalen Märkte, darunter die Länder Frankreich, Polen, USA und Großbritannien, umfassende Länderberichte erstellt, die über die wirtschaftliche Lage des jeweiligen Landes genauen Aufschluss geben. Dort erfahren Sie neben wichtigen Basisdaten auch, wie die Verjährungsfristen in dem Land aussehen, ob ein Eigentumsvorbehalt möglich ist oder inwiefern Verzugszinsen durchsetzbar sind.

Darüber hinaus wird von Creditreform Länderexperten aus einer Vielzahl von Daten der sogenannte Creditreform Inkasso-Indikator International (CRIII) ermittelt, der die Wahrscheinlichkeit angibt, mit der überfällige Forderungen in einem Land eingezogen werden können. Der CRIII wird auf einer Skala von 1 bis 10 abgebildet, wobei 10 der beste Wert ist und damit die höchste Chance zeigt.

Sie interessieren sich für die Creditreform Länderberichte und möchten sich zum Thema Auslandsgeschäft beraten lassen? Nehmen Sie direkt Kontakt zu Ihrer lokalen Geschäftsstelle auf.

Exkurs: Geschäfte mit in Großbritannien ansässigen Unternehmen

  • Anzahl der Tage von Rechnungsstellung bis Zahlungseingang: 35
  • Forderungsausfallquote: 1,5 %
  • Verjährungsfrist: 6 Jahre
     

Besonderheiten:

  • Großbritannien ist am 31.01.2020 aus der EU ausgetreten. Dementsprechend greift beispielsweise das Europäische Mahnverfahren nicht mehr.
  • Eigentumsvorbehalt ist nach britischem Recht möglich, jedoch nicht gesetzlich geregelt. Eine schriftliche Vereinbarung darüber muss im Vertrag festgehalten sein. 
  • Es gibt in Großbritannien keine rechtlich geregelte Grundlage zur Einforderung vorgerichtlicher Inkassokosten.
  • Verzugszinsen sind nur durchsetzbar, sofern diese durch Urteil, notarielles Schuldanerkenntnis oder vertraglich abgesichert worden sind.

Sie machen Geschäfte mit Unternehmen aus Großbritannien und möchten wissen, was sich durch den Brexit geändert hat und worauf Sie achten sollten?
 

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Auslandsinkasso: Effektives Forderungsmanagement bei Geschäften im Ausland

Wenn Sie offene Forderungen aus internationalen Geschäften haben, dann gilt auch wie im Inlandsgeschäft: Aktiv werden. Je eher Sie schriftlich oder telefonisch Kontakt zum Kunden aufnehmen, desto größer sind Ihre Erfolgschancen.
Dabei sollten Sie im besten Fall die Landessprache bedienen. Gegebenenfalls ist auch ein Außendiensteinsatz sinnvoll, um ein persönliches Gespräch zu führen. Als erste Sofortmaßnahme gilt es, weitere Lieferungen und Leistungen zu stoppen. Damit laufen Sie nicht Gefahr, dass weitere überfällige Forderungen entstehen.

Die Grafik stellt dar, dass Auslandsforderungen durchschnittlich 187 Tage alt sind, bevor diese zum Inkasso abgegeben werden.

Auslandsinkasso mit Creditreform

Wenn auch Sie überfällige Forderungen aus Auslandsgeschäften haben, suchen Sie sich rechtzeitig einen Experten auf diesem Gebiet, um sich effektiv vor Zahlungsausfällen zu schützen. Das Creditreform Netzwerk ist weltweit nah am Schuldner. Sprachliche, rechtliche oder mentalitätsbezogene Barrieren können dank Creditreform überbrückt werden. Dabei versteht sich Creditreform als Vermittler zwischen Ihnen und Ihrem Geschäftspartner – stets fair und effektiv.

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