Firmeninsolvenz: Was Sie wissen müssen

Ist die Zahlungsfähigkeit eines Unternehmens in Gefahr, bleibt oft nur der Gang zum Insolvenzgericht. Doch wie läuft ein Insolvenzverfahren ab?

Unternehmensinsolvenz: Wozu dient das Insolvenzverfahren?

Ist ein Unternehmen nicht mehr zahlungsfähig, wird im Insolvenzverfahren darüber entschieden, ob es noch eine Zukunft hat oder nicht. Grundsätzlich gilt: Eine Insolvenz soll in erster Linie die Möglichkeit bieten, eine Firma zu sanieren und neu aufzustellen.

Dabei müssen aber die Ansprüche etwaiger Insolvenzgläubiger, die noch offene Forderungen gegenüber dem Unternehmen haben, berücksichtigt werden. Gelingt es nicht, das Unternehmen aus der Krise zu führen, muss es aufgelöst werden.

Firmeninsolvenz beantragen: Wer ist dazu berechtigt?

Unternehmen, die nicht mehr zahlungsfähig sind, müssen Insolvenz anmelden. Das Insolvenzverfahren wird in Deutschland durch die sogenannte Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Diese Firmeninsolvenz – auch Regelinsolvenz genannt – können etwa Einzelunternehmen, Freiberufler und Gesellschaften beantragen. Einen Insolvenzantrag können die Unternehmensinhaber oder die Geschäftsführer stellen, nachdem die Gesellschafter zugestimmt haben. Aber auch Gläubiger können einen Insolvenzantrag stellen. Dann handelt es sich um einen sogenannten Fremdantrag.

Coronabedingte Aussetzung der Insolvenzantragspflicht aufgehoben

Im Zuge der Corona-Krise wurde die Insolvenzantragspflicht zunächst ausgesetzt. Damit sollte kriselnden Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, sich mithilfe staatlicher Hilfsangebote oder auf andere Weise zu sanieren. Diese Frist wurde bis Jahresende 2020 für coronabedingt überschuldete Unternehmen verlängert. Firmen, die zahlungsunfähig sind, mussten aber seit dem 1. Oktober 2020 Insolvenz anmelden. Eine Ausnahme galt bis Ende März 2021 für Unternehmen, die Anspruch auf Hilfszahlungen hatten und rechtzeitig einen aussichtsreichen Antrag gestellt hatten. Seit dem 01. Mai 2021 ist diese Regelung jedoch aufgehoben, sodass zahlungsunfähige Firmen nun wieder Insolvenz anmelden müssen.

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Zeitpunkt: Wann muss ein Unternehmen Insolvenz anmelden?

Grundsätzlich gilt ein Unternehmen als insolvent, wenn einer dieser drei Insolvenz-Eröffnungsgründe vorliegt:

  • Zahlungsunfähigkeit: Der Schuldner kann seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen (§ 18, Abs. 2 InsO).
  • Zahlungsunfähigkeit droht: Der Schuldner kann seinen Zahlungsverpflichtungen voraussichtlich nicht nachkommen (§ 17 Abs. 2 InsO). In diesem Fall muss keine Insolvenz angemeldet werden. Sie kann aber beantragt werden, um das Unternehmen zu retten oder zu sanieren.
  • Überschuldung: Das Vermögen des Schuldners reicht nicht mehr, um seine Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 19 Abs. 2 InsO)

 

Lesetipp: Was Sie tun können, um eine Firmeninsolvenz zu vermeiden.

 

Risiko Insolvenzverschleppung

Gut zu wissen: Wird ein Insolvenzantrag zu spät gestellt, nennt man das Insolvenzverschleppung. Daher Achtung: Wer nicht spätestens 3 Wochen ab Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung Firmeninsolvenz anmeldet, kann sich wegen Insolvenzverschleppung strafbar machen (§§ 15 a Abs. 1 InsO, 283 Strafgesetzbuch).

Das Insolvenzverfahren Schritt für Schritt

  • 1. Der Gang zum Insolvenzgericht: Antrag auf Insolvenz stellen

    Im ersten Schritt muss das Insolvenzverfahren schriftlich beim örtlich zuständigen Amtsgericht angemeldet werden. Welches Amtsgericht hier zuständig ist, hängt vom Sitz des Unternehmens ab.

    Im Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens muss der Antragsteller nicht nur Angaben zu seiner Person und seiner Eigenschaft machen, sondern auch genaue Angaben zu den Umständen der Insolvenz und zum Unternehmen.

     

    Diese Angaben müssen im Antragsformular beispielsweise gemacht werden:  

    • Sitz des Unternehmens
    • Angaben zum Vorstand oder persönlich haftenden Gesellschafter oder Geschäftsführer
    • Ggf. Eintrag ins Handelsregister
    • Erklärung zum Insolvenzgrund
    • Angaben zur wirtschaftlichen Tätigkeit
    • Unternehmenskennzahlen (Bilanzsumme, Umsatzerlöse)
    • Angaben zu gesetzlichen Vertretern und Steuerberatern
    • Mitarbeiter (Anzahl, Gehalts-, Lohnrückstände, Sozialversicherungsbeiträge etc.)
    • Geschäftsbetrieb (Anschrift der Geschäftsräume, Mietrückstände etc.)
    • Vermögensübersicht, Auftragsverzeichnis, Verzeichnis von Außenständen
    • Anzahl und Verzeichnis der Gläubiger

     

    Der Antragsteller verpflichtet sich, das Insolvenzgericht über alle Verhältnisse, die das Verfahren betreffen, vollständig und wahrheitsgemäß zu informieren.

    Quelle: Justizportal NRW

  • 2. Prüfung: Sind die Voraussetzungen erfüllt?

    Zunächst prüft das Gericht während des sogenannten Insolvenzeröffnungsverfahrens mithilfe eines Gutachters, inwieweit die Voraussetzungen für eine Insolvenzeröffnung erfüllt sind: Ist der Schuldner insolvenzfähig? Liegt ein Eröffnungsgrund vor? Sind die Kosten für das Insolvenzverfahren durch ausreichend verwertbares Vermögen gedeckt? Sollte das nicht der Fall sein, wird der Antrag mangels Masse abgelehnt und die Auflösung des Unternehmens beschlossen. Außerdem muss hier geklärt werden, ob zunächst besondere Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Insolvenzmasse veranlasst werden müssen.

     

    Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Insolvenzmasse

    Bis zur gerichtlichen Entscheidung können auch Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz der Insolvenzmasse veranlasst werden. So wird häufig ein vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Er übernimmt die Führung des Unternehmens, sorgt dafür, dass der Betrieb zunächst weiterläuft und verfügt über das pfändbare Unternehmensvermögen. Der Schuldner selbst kann dann nicht mehr alleine darüber bestimmen. Dies dient dazu, die Insolvenzmasse zu sichern und die Gläubiger vor Nachteilen zu schützen.

  • 3. Eröffnung des Insolvenzverfahrens

    Ist die gerichtliche Prüfung zugunsten des Insolvenzverfahrens ausgefallen, wird der eigentliche Insolvenzverwalter bestellt. Er kann identisch mit dem vorläufigen Verwalter sein oder neu bestimmt werden. Er fertigt eine Übersicht darüber, wie der wirtschaftliche Zustand des Unternehmens aussieht und prüft dazu sämtliche Geschäftsunterlagen. Die Gläubiger melden ihre offenen Forderungen an und der Insolvenzverwalter erstellt daraus eine Auflistung aller Forderungen, die er nach der gesetzlichen Reihenfolge bedient.

  • 4. Verfahrenseröffnung und Berichtstermin

    Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens wird in die Register und Handelsbücher eingetragen sowie öffentlich im Internet bekannt gegeben. Im Beschluss zur Eröffnung der Insolvenz wird der Termin für die Gläubigerversammlung festgesetzt. In dieser Versammlung berichtet der Insolvenzverwalter, wie sich die wirtschaftliche Lage des Unternehmens konkret darstellt und wie seine Aussichten einzuschätzen sind. Anschließend wird darüber entschieden, wie es mit dem Unternehmen weitergehen soll.

  • 5. Sanierung oder Auflösung?

    In diesem wichtigen Schritt geht es um die Zukunft des Unternehmens: Hier muss abgestimmt werden, ob das Unternehmen noch Rettungschancen hat. Kann es saniert werden oder muss es aufgelöst werden?

    Sanierung

    Ist eine Sanierung geplant, kann es eine gute Lösung sein, das Unternehmen zu verkaufen, damit ein neuer Besitzer die Weichen stellen kann. Die Alternative dazu ist ein Sanierungsplan. Dabei wird ein individueller Maßnahmenkatalog zur Rettung des Unternehmens aufgestellt.

    Insolvenz in Eigenverwaltung

    Möglich ist es auch, dass Unternehmen Insolvenz in Eigenverwaltung beantragen – etwa im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens. Kann der Schuldner das Gericht davon überzeugen, dass dies sinnvoll ist und gute Sanierungschancen bestehen, setzt das Gericht einen Sachverwalter ein. Dieser übernimmt dann aber nicht die Führung, sondern lediglich die Kontrolle und Aufsicht der weiteren Prozesse. Er unterstützt bei Planungen zur Liquidität und zur Sanierung. Demgegenüber hat die Geschäftsführung weiter die Verfügungsgewalt und vertritt das Unternehmen nach außen. Das hat den Vorteil, dass sie selbständig handeln, ihr Insiderwissen einbringen und den Sanierungsprozess steuern kann. Gegenüber den Mitarbeitern und Geschäftspartnern bleibt zudem der vertraute Ansprechpartner bestehen. Auch für das Geschäftsimage kann das vorteilhaft sein.

    Auflösung

    Wird beschlossen, dass die Firma aufgelöst werden muss, werden alle noch offenen Außenstände eingezogen und das Vermögen des Unternehmens anschließend veräußert. Der Erlös fließt an die Gläubiger.

  • 6. Der Verfahrensabschluss: Schlussrechnung und Aufhebung

    Nachdem das gesamte Vermögen des insolventen Unternehmens liquidiert worden ist, muss der Insolvenzverwalter dem Gericht eine Abschlussrechnung vorlegen. Danach bewilligt das Gericht die Verwendung des verbliebenen Vermögens.

    An erster Stelle müssen die Verfahrenskosten beglichen werden. Sie setzen sich aus den Gerichtskosten und der Vergütung des Insolvenzverwalters zusammen. Danach werden die Forderungen beglichen, die nach der Eröffnung des Verfahrens entstanden sind – etwa laufende Mietkosten. Sogenannte Insolvenzverbindlichkeiten, sprich bereits bestehende Ansprüche wie etwa Gehalts- oder Zahlungsrückstände gegenüber den Gläubigern werden danach berücksichtigt. Zum Schluss stehen nachrangige Insolvenzverbindlichkeiten auf der Liste, das sind etwa durch die Insolvenz entstandene Gebühren. Zum Beispiel für Mahnungen.

     

    Befreiung von der Restschuld

    Einzelunternehmer beziehungsweise natürliche Personen haften mit ihrem Privatvermögen. Müssen sie Insolvenz anmelden, kann bei Verfahrensabschluss geprüft werden, ob eine Restschuldbefreiung und somit ein wirtschaftlicher Neustart möglich ist. Dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sie im Rahmen einer mehrjährigen Wohlverhaltensphase besonderen Verpflichtungen nachkommen, kein Geld beiseitegeschafft oder falsche Angaben gemacht haben und keine Insolvenzstraftat vorliegt.

    Seit Anfang 2021 kann das Restschuldverfahren zudem von 6 auf 3 Jahre verkürzt werden. Und das unabhängig davon, ob die Verfahrenskosten gedeckt sind oder Mindestbefriedigungsanforderungen (35 Prozent der Gesamtverschuldung zuzüglich Verfahrenskosten) erfüllt werden können. Wer das verkürzte Verfahren durchlaufen möchte, muss den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nach dem 1. Oktober 2020 gestellt haben.

Firmeninsolvenz: Dauer und Kosten

Welche Kosten fallen an?

Beim Insolvenzverfahren fallen zunächst Gerichtskosten an, die sich aus Gebühren (etwa für die Veröffentlichung oder Zustellgebühren) und Auslagen zusammensetzen. Sie werden nach dem Wert der Insolvenzmasse bemessen. Auch die Vergütung des Insolvenzverwalters richtet sich danach sowie nach der Anzahl der Gläubiger. Diese Kosten sind nicht mit einer eventuellen Restschuldbefreiung abgegolten.

Dauer des Insolvenzverfahrens bei Firmeninsolvenz

Wie lange ein Insolvenzverfahren bei einer Firmeninsolvenz dauert, ist unterschiedlich und hängt nicht zuletzt von der Größe des Unternehmens, der Zahl seiner Gläubiger und der Höhe der Schulden ab. In der Regel dauert es etwa vier Jahre. Hinzu kommt noch die Zeit, die zwischen Antragstellung und Verfahrenseröffnung vergeht. Handelt es sich um eine Genossenschaft, eine GmbH & Co. KG oder eine Stiftung, können bis zum Verfahrensabschluss auch schon einmal gut und gerne zehn Jahre vergehen.

Insolvenzanfechtung

Das Insolvenzverfahren soll möglichst gerecht abgewickelt werden. In diesem Zuge kann es auch zu einer Insolvenzanfechtung kommen. In unserem Artikel „Unterschätztes Risiko: Insolvenzanfechtung“ lesen Sie, welche Ziele die Insolvenzanfechtung verfolgt und welche Risiken sie birgt. Hier finden Sie auch einen kostenfreien Online-Workshop, der zeigt wie Sie Insolvenzanfechtungsrisiken minimieren.

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